Der Kampf um neue Retter läuft

Saarbrücken · Die sinkende Zahl junger Leute zwingt zum Umbau der Feuerwehr. Damit sie morgen noch löschen, bergen und retten kann, denkt sie über die Gemeindegrenzen hinweg. Beim Kauf von Ausrüstung ebenso wie beim Verteilen von Aufgaben.

 Tony Bender, Brandinspekteur im Regionalverband Saarbrücken. Foto: Becker&Bredel

Tony Bender, Brandinspekteur im Regionalverband Saarbrücken. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Tony Bender, Brandinspekteur im Regionalverband Saarbrücken, ist sehr oft dabei, wenn die Freiwilligen Feuerwehren in den Städten und Gemeinden ihre schweißtreibenden Übungen absolvieren. Und er weiß, warum Männer und Frauen samstags statt im Garten zu Schwenken in ihre Rettermonturen schlüpfen: wegen des guten Gefühls, für andere eine Herausforderung gemeistert zu haben. Dafür brauchen Bender und die anderen Feuerwehr-Verantwortlichen aber auch immer genug Leute. Jahr für Jahr, Tag für Tag.

Elf Balken einer Grafik zeigen, wie groß diese Herausforderung ist. Die Balken stehen für die Zahl der aktiven Löschbezirksmitglieder im Regionalverband einschließlich der Berufsfeuerwehrleute . Seit 2004 beschreiben diese Balken, miteinander verbunden, einen sanften Bogen. Sie steigen von 2333 bis auf 2495 aktive Wehrmitglieder im Jahr 2009. Doch seither sinken die Zahlen - abgesehen von einem winzigen Aufwärtsschlenker 2011 - langsam, aber stetig. 2352 Feuerwehr-Angehörige gab es 2014 im Regionalverband .

Für Bender ist das ein Grund mehr, auf eine weitere, "bessere" Grafik zu schauen: die mit der Zahl der Jugendfeuerwehrleute im Regionalverband . Sie geht seit Jahren nur in eine Richtung: nach oben. 2012 gab es 675 Nachwuchskräfte, ein Jahr später 692 und 2014 bereiteten sich 701 Kinder und Jugendliche auf das Ehrenamt vor.

Das ist gut, muss doch, wer morgen löschen, bergen und retten will, Jahre vorher für dieses Ehrenamt begeistert werden, sich im Löschbezirk und an der Landesfeuerwehrschule ausbilden lassen und dann nie mit dem Dazulernen aufhören.

Inzwischen gibt es spannende Versuche, die noch Jüngeren zu gewinnen, bevor die Konkurrenz, seien es Vereine oder andere Hilfsorganisationen, zum Zuge kommt.

In Friedrichsthal und Riegelsberg gehen der Jugendfeuerwehr Vorbereitungsgruppen voraus, die schon Sechsjährige begeistern sollen. 29 Kinder machen mit, davon fünf Mädchen. Sollten sie dabeibleiben, haben sie mit 16 so viel gelernt, dass sie in die echte Wehr einsteigen dürfen. Voll einsatzfähig, weil für Einsätze unter Atemschutz zugelassen, sind sie dann mit 18 Jahren.

Dann bleiben sie im Training bis zum Ende ihrer Ehrenamtskarriere. Eines der besten Argumente für die Feuerwehr, wie Bender findet. "Unsere Leute sind topfit, treffen gern Entscheidungen und tun das mit einem technischen Wissen, das sie immer auf dem neusten Stand halten."

Längst ist die freiwillige Feuerwehr eine Truppe aus Experten und Alleskönnern, deren Hauptaufgabe nicht das Löschen von Bränden ist. Sie bergen Unfallopfer mit superstarken hydraulischen Spreizern und Scheren aus Blechklumpen, die mal Autos waren. Sie öffnen Türen, holen Schwerkranke auf Drehleitern aus hohen Häusern, beseitigen Giftstoffe, fangen ausgebüxte Tiere. Bender ist auch überzeugt: Wer geistig und körperlich so viel bietet wie Feuerwehrleute , ist für jeden Betrieb ein Gewinn. "Außerdem erübrigt sich die Ausbildung eines Ersthelfers oder eines Brandschutzbeauftragten. Das alles können unsere Leute ja schon." Das sei ein weiteres Argument für Feuerwehrleute im Betrieb. Doch die Freistellung der Ehrenamtlichen während der Einsätze ist nicht leichter geworden. Weil das die Zuwachschancen schmälere, müssen die Aufgaben in Zukunft anders verteilt werden. Nur dann sei alles noch zu schultern. Das "Projekt 2020" soll Wege in diese Feuerwehrzukunft weisen.

Bender leitet darin den Arbeitskreis 1. Dieser lotet die Bereitschaft der Wehren aus, über Stadt- und Gemeindegrenzen hinweg zusammenzuarbeiten und Ausrüstung gemeinsam anzuschaffen. Und diese Bereitschaft sei groß. Est kkürzlich hatten zum Beispiel Heusweiler, Lebach und Eppelborn eine Kreis-überschreitende Vereinbarung für den Einsatz von Drehleitern getroffen (wir berichteten).

Gibt es zum Beispiel künftig zentrale Wartungswerkstätten für Atemschutzgeräte, hilft es den Ehrenamtlichen, die das heute in ihren Kommunen machen müssen. Zu tun haben sie viel, selbst nach Übungen. "Sobald ein Lungenautomat eingeschaltet war, muss ihn der Gerätewart desinfizieren", sagt Bender. Schließlich dürfen im Gerät keine Keime auf den nächsten Träger lauern.

Also geht es darum, Ehrenamtliche von Verantwortung zu entlasten. Sind solche Arbeiten künftig Sache großer Werkstätten, dann erledigen Hauptamtliche sie. Das würde der Basis mehr Zeit fürs Helfen verschaffen. Gerade wenn es deutlich weniger Retter gibt als heute.

Zum Thema:

StichwortDie Berufsfeuerwehr Saarbrücken hat 189 Einsatzbeamte, davon drei Frauen. Es gibt zwei Wachen, eine am Hessenweg in St. Johann, die andere in der Weißenburger Straße (Burbach). Die Leitstelle alarmiert alle Feuerwehr- und Katastrophenschutzeinheiten im Regionalverband . Die Höhenretter sind fürs halbe Land zuständig. Die Taucher helfen auf Anfrage im ganzen Land. Die Freiwillige Feuerwehr hat im Köllertal in Heusweiler zehn Löschbezirke, in Püttlingen drei und in Riegelsberg zwei Löschbezirke. koe/mr

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