Der Apotheker als Manager

Saarbrücken · Politik, Kassen-Bürokratie, Internet und Ärzteschwund - das macht die Apotheken weniger zahlreich, aber größer und vernetzter. Gefragt ist immer mehr der pfiffige Unternehmer.

 Dr. Fritz Trennheuser, Inhaber der Viktoria-Apotheke, gestern im Beratungsgespräch mit Kundin Larissa Barth. Foto: Becker&Bredel

Dr. Fritz Trennheuser, Inhaber der Viktoria-Apotheke, gestern im Beratungsgespräch mit Kundin Larissa Barth. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Einen hohen sechsstelligen Betrag hat Dr. Fritz Trennhäuser in die Viktoria-Apotheke in der Saarbrücker Bahnhofstraße investiert. Das benachbarte Haushaltwarengeschäft hatte aufgegeben, und da ergriff der Inhaber die Gelegenheit und verdreifachte die Ladenfläche der von ihm in dritter Generation geführten Apotheke. Als er sie 1995 von der Mutter übernahm, hatte sie 15 Angestellte, heute sind es etwa 100. Die sind nicht nur im Verkauf und in der Beratung (sogar am Telefon) tätig, sondern auch in der Herstellung eigener Produkte, im Versand, in der Verwaltung oder im Marketing. Trennhäuser ist zwar immer noch "Apotheker mit Leib und Seele", im Vergleich zu früher aber eher "Manager " eines Betriebes, der auf zig Beinen steht, bis hin zur eigenen Kosmetikserie und zum Abholautomaten, der 24 Stunden lang Medikamente ausgibt.

Der 51-Jährige repräsentiert eine von mehreren neuen Arten des "Apotheker-Seins", hervorgebracht vor allem von politischen Regulierungen und veränderten Kundengewohnheiten der letzten 20 Jahre. Früher konnten Apotheken mit relativ geringem Aufwand hoch profitabel und (nach der Übergabe an Nachfolger) verlässliche Altersvorsorge sein. Heute sind sie in ländlichen Regionen und in städtischen Randlagen mit wenig Laufkundschaft schwer zu veräußern, das Geschäftsmodell der kleinen Apotheke wackelt, weil sie sich immer weniger rechnet. In der Kaiserstraße und der Viktoriastraße in Saarbrücken haben kürzlich Apotheken geschlossen. Insgesamt gibt es in der City nur noch sechs. "Wenn auf den Dörfern die Hausarztpraxen schließen, dann ist die Geschäftsgrundlage der Apotheke bedroht", schildert Manfred Saar, Präsident der Apothekerkammer des Saarlandes, ein Hauptproblem.

Kammer-Geschäftsführer Carsten Wohlfeil verweist darauf, dass die von der Politik bestimmten Honorare für Apothekerleistungen seit 2013 zwar betriebswirtschaftlich "vertretbar" seien, Anpassungen müssten aber stets hart erkämpft werden. Die fehlende Dynamisierung führe zu Unsicherheit und lasse potenzielle Übernehmer am Sinn der Selbstständigkeit zweifeln. Den größten Kummer machen den Apothekern aber Bürokratie und Vorschriften, die von einem Kleinbetrieb fast nicht mehr zu bewältigen seien. Die Abrechnungen von Rezepten mit den einzelnen Kassen sowie Plausibilitätsprüfungen und Herstellungsprotokolle für jede kleine selbst produzierte Salbe lassen bisweilen das Gefühl aufkommen, man arbeite "in einem System der Kontrolle statt mit gemeinsamer Verantwortung für Patienten", sagt der Saarbrücker Apotheker Bernd Jänicke.

Er gehört zu der wachsenden Zahl von Kollegen, die auf Mehrfachbesitz (erlaubt sind maximal drei Filialen) setzen. Er ist vielfach im Gemeinwesen engagiert, kämpft etwa mit für die Busanbindung des Eschbergs. Und er hat sich dem Verein "1 a gesund" angeschlossen, einer Gemeinschaft eigenständiger Betriebe, die sich gegenseitig Arbeiten abnehmen, ob bei Verwaltung, Einkauf, Auslieferung mit Autos oder Marketing. Solche Verbünde sind beliebt, aber auch nicht jedermanns Sache.

Wie Manfred Saar berichtet, setzen viele Kollegen auf exzellente Beratung und spezialisieren sich in Nischen, wie etwa der Bedienung besonderer Bedarfe - zum Beispiel Diabetiker oder Herzpatienten.

Weniger Sorge macht den Apothekern der Internethandel. Erstens werden nicht einmal ein Prozent aller verschreibungspflichtigen Medikamente online geordert. Der Anteil des Geschäfts mit apothekenpflichtigen Präparaten, die von den Präsenzapotheken ins Netz abwandert, stagniert nach Branchenangaben bei zehn Prozent, man taxiert das Potenzial auf maximal zwölf Prozent. Grund: Medikamente werden überwiegend bei akuten Beschwerden gekauft, nicht auf Vorrat als Schnäppchen. Was den Apotheken dagegen seit Jahren verloren geht, sind "Medizinprodukte" (Schnupfen, Sportverletzungen, Vitamine), die der Kunde heute auch bei den Discountern und im Drogeriemarkt kauft. Was die wenigsten Verbraucher wissen: Etwa 15 Prozent der Apotheken haben selbst eine Versanderlaubnis, die wenigsten nutzen aber die Möglichkeit im großen Stil.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort