Der Alltag der „Geduldeten“

Saarbrücken · Fotografin Stefanie Zofia Schulz besuchte für ihre Abschlussarbeit ein Jahr lang die Flüchtlinge in Lebach. Ihre Lebensbedingungen hielt sie in Bildern fest. Die stellt derzeit die Saarbrücker Galerie Sali e Tabacchi aus.

 Die Fotos der Ausstellung zeigen, wie sich die Flüchtlinge in Lebach ihre Zeit vertreiben. Foto: Oliver Dietze

Die Fotos der Ausstellung zeigen, wie sich die Flüchtlinge in Lebach ihre Zeit vertreiben. Foto: Oliver Dietze

Foto: Oliver Dietze

Drei Monate beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist für eine Wohnung. Doch wie lebt es sich, wenn man ständig damit rechnen muss, in drei Monaten nicht nur aus seiner Bleibe, sondern sogar aus dem Land geschmissen zu werden?

Einen Eindruck davon vermitteln die hervorragenden Bilder der Fotografin Stefanie Zofia Schulz, die derzeit die Saarbrücker Galerie Sali e Tabacchi ausstellt. Für ihre Abschlussarbeit an der Berliner "Ostkreuzschule für Fotografie" besuchte Schulz ab August 2012 ein Jahr lang regelmäßig die Landesaufnahmestelle für Flüchtlinge in Lebach, um die Lebensbedingungen der sogenannten "Geduldeten" kennenzulernen. Wir sehen: kleine Jungs, die, auf zusammengeschobenen Matratzen liegend, genervt an die Decke schauen oder ihr Haar vorm Ventilator wirbeln lassen, Jungs, die an schäbigen Hauswänden "Hände hoch" spielen, Mädchen, die rauchend ums Eck lugen. Es sind Bilder, die - besonders in der Gesamtschau - vom Zeittotschlagen erzählen, von fehlenden Möglichkeiten, anderes zu unternehmen in diesem Alltag auf Abruf.

Der alltägliche Kampf

Es ist ein Alltag in engen Räumen, in denen man sich nicht behaglich einrichten kann und sich behelfen muss: Da sind etwa die zwei Mädchen, die sich die Haarmähne mit dem Bügeleisen glätten. Man kann es auch als Kampf darum lesen, die Würde zu bewahren: Und wenn auch morgen die Abschiebung drohen sollte, heute machen sie sich schön.

Zur Qualität von Schulzens Arbeiten gehört es, dass sie keine eindeutigen Botschaften haben. So nah Schulz den Menschen auch kam, so sehr lässt sie ihnen ihr Geheimnis - besonders in ihren Porträts. Was mag die 12-jährige Afghanin erlebt haben, das sie wie 20 oder 40 aussehen lässt? Und doch zeigt sie ein Lächeln wie Mona Lisa. Was man ihr wünscht, wird sie in Deutschland wahrscheinlich nicht bekommen: eine sichere und glückliche Zukunft. Das tut weh.

"Duldung" - bis 15. Januar, Öffnungszeiten: Montag und Mittwoch jeweils von 16 bis 18 Uhr und nach Absprache.

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