Den Weg zum Elternglück verstellen noch immer viele Hürden

Saarbrücken. Immer weniger Erwachsene wollen Eltern werden. Bei 1,25 Kindern pro gebärfähiger Frau liegt die Geburtenrate im Saarland. Fakt ist: Wer sich für Kinder entscheidet, erhöht sein Armutsrisiko. Das gilt besonders für Alleinerziehende. "Kinder machen reich" hielt die Kirchenstiftung "Zukunft Evangelisch St. Johann" am Sonntag dagegen

Saarbrücken. Immer weniger Erwachsene wollen Eltern werden. Bei 1,25 Kindern pro gebärfähiger Frau liegt die Geburtenrate im Saarland. Fakt ist: Wer sich für Kinder entscheidet, erhöht sein Armutsrisiko. Das gilt besonders für Alleinerziehende. "Kinder machen reich" hielt die Kirchenstiftung "Zukunft Evangelisch St. Johann" am Sonntag dagegen. Mit SR2 Kulturradio hatte sie zur Diskussion ins evangelische Gemeindezentrum Eschberg eingeladen. Alle auf dem Podium hatten, wie Moderatorin Ursula Thilmany-Johannsen feststellte, selbst ein bis drei Kinder. Dennoch hielt sich die Runde nicht damit auf, vom menschlich bereichernden Elternglück zu schwärmen. Sondern sie beleuchtete die Probleme, die dies erschweren oder behindern. Zum Verzweifeln findet Ursula Ott, stellvertretende Chefredakteurin der evangelischen Monatszeitschrift Chrismon, etwa das Betreuungsangebot. Wenn Eltern heute immer noch 150 Briefe an Krippen in Frankfurt schreiben müssen, um einen Platz für ihr Kind zu finden, ärgert sich Ott: "Das geht doch gar nicht!". Die Kirche im Saarland werde dazu beitragen, einem Drittel der Kinder einen Krippenplatz zu gewährleisten, versicherte Pfarrer Udo Blank, Geschäftsführer des Diakonischen Werks an der Saar. Das gesetzlich gesteckte Ein-Drittel-Ziel aber zu wenig, denn die Nachfrage werde steigen, mahnte er. Auch immer mehr nichtberufstätige Eltern seien nicht in der Lage, ihren Kindern die nötige Aufmerksamkeit und Förderung zu geben, wie der Soziologe Armin Kuphal betonte. Beim Ausbau der frühkindlichen Bildung sieht er auch den Staat in der Pflicht, denn die Kommunen seien "pleite". Statt den Großteil der Jugendhilfe in die Heimerziehung fließen zu lassen, sollte die ambulante, vorbeugende Förderung stärker als Pflichtaufgabe festgeschrieben werden, forderte Kuphal. "Seit Ende der 90er Jahre gab es da ein Rollback", schloss sich ihm die Vorstandsvorsitzende der Kirchenstiftung, Christiane Krajewski, an. Was noch alles zu tun wäre, um unsere Gesellschaft kinderfreundlicher zu machen? Der Industrie begreiflich machen, "dass Menschen familiäre Verpflichtungen haben und nicht rund um die Uhr zur Verfügung stehen", nannte die saarländische Familien-, Arbeits- und Sozialministerin Annegret Kramp-Karrenbauer als Beispiel. Das Steuersystem ändern, das etwa für Windeln 19 Prozent Umsatzsteuer vorsieht, für Hundefutter dagegen nur sieben Prozent, meinte Armin Kuphal. "Von Frankreich lernen", empfahl ein Zuschauer. Als dort die Geburtenrate unter die Zweier-Marke rutschte, sei das Nachwuchs-Problem zur Staatsangelegenheit Nummer eins geworden. Mit Erfolg: Heute liegen unsere Nachbarn wieder bei 2,1 Kindern, das Land ist "Fruchtbarkeitseuropameister".

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