Das verkannte Instrument

Saarbrücken · Gute Musiker brauchen Talent. Doch was wäre ihre Begabung ohne das richtige Instrument? In einer kleinen Serie stellen wir Musiker und ihr Instrument vor. Heute geht es um Barbara Neumeier und die ungeahnten Möglichkeiten der Blockflöte.

 Mit dieser Spezialanfertigung, einer elektrisch verstärkten Bassblockflöte, kann Barbara Meier auch jazzen. Foto: Astrid Karger

Mit dieser Spezialanfertigung, einer elektrisch verstärkten Bassblockflöte, kann Barbara Meier auch jazzen. Foto: Astrid Karger

Foto: Astrid Karger

Die Blockflöte gilt als Einstiegsinstrument. Sie ist erschwinglich, klein und vermeintlich einfach. Anders als bei der Violine ist ein wohlklingender Ton schnell gefunden. Einfach reinpusten, und der Ton ist da. Die meisten Kinder legen das Instrument nach einiger Zeit wieder aus der Hand.

Nicht so Barbara Neumeier, Jahrgang 1980. Ein Aushang in der Saarlouiser Musikschule machte sie als Zwölfjährige auf den "Schnupperkurs Alte Musik, alte Instrumente" aufmerksam. Unter der Leitung von Bernhard Stilz fanden - "ein Glücksfall" - Gleichgesinnte zusammen, die Lust hatten, ein Blockflötenensemble zu bilden. Neumeier gefiel der "weiche, sanfte Ton", die Herausforderung, dem etwas starren, hölzernen Instrument etwas Besonderes zu entlocken. Den Ton, mit dem man angeblich nichts machen kann.

Warum dann doch jeder Blockflötist seinen persönlichen Klang findet, dasselbe Instrument immer anders klingt, je nach dem wer es spielt, wirkt angesichts der einfachen Bauweise rätselhaft. Der Ansatz spielt eine Rolle. Aber für Neumeier transportiert die Blockflöte vor allem den Atem, der menschlichen Stimme hierin ähnlich und somit unverkennbar persönlich. Neumeier hat Musik und Musikwissenschaft studiert, über Bläsermusik der Renaissance promoviert.

Ihre Arbeit an der Städtischen Musikschule Saarbrücken führt sie oft in Schulen. Dort auch bei überreizten und übermüdeten Kindern Liebe zur Musik entfachen - wie macht die unprätentiöse und zurückhaltende Frau das? Jugendliche, die mit ihrem Smartphone steten Zugriff auf ein unbegrenztes Unterhaltungsprogramm haben, fürs Selbermachen begeistern?

Man müsse sie abholen, wo sie sind, schleiche sich so rein. Spielfreude, auch gemeinsame, und das Dranbleiben zu vermitteln seien wichtige Aufgaben der Musikerziehung. "Dinge machen, die sich vielleicht erst mal komisch anfühlen, spontan, aus dem Moment heraus ein Statement abgeben": Das ist die Richtung, in die ein angedachter Jazz-Improvisationstag für die Jugend zielt.

Im Jazz ist sie ohne Vorbilder

Neumeier betrat mit einem Jazz-Aufbaustudium Neuland. In der Jazz-Formation Artett steht sie mit ihrer Bassblockflöte da, wo ein Saxofon erwartbar wäre. Beschränkungen gelten für Neumeier einfach nicht. Sie kennt weder Genregrenzen noch solche des Instruments.

Georg Ruby von der Musikhochschule habe sie darin bestärkt, mit der Blockflöte zu jazzen. Vorbilder gab es nicht, aber erlernbare Techniken. Eine Trompete ist laut. Die Blockflöte hat es schwerer, gehört zu werden.

Neumeier bohrte mit Wollie Kaiser, einem ebenso experimentierfreudigen und erfahrenen Musiker , ein Loch in den Holzkorpus der Bassblockflöte, ohnehin eine Spezialanfertigung mit Klappen statt bloßer Grifflöcher, und so entstand mit Kabel und Verstärker eine vernehmliche E-Blockflöte. Aber da sind auch noch 24 andere Blockflöten mit unterschiedlichen Stimmungen.

Historische Aufführungspraxis verlangt vom Profimusiker, gut gerüstet zu sein. Auf eine Weltreise würde die Holzbläserin aber wohl ihre alte, ganz "normale" Altblockflöte aus Buchsbaumholz mitnehmen.

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