Das Land stärkt die Flüchtlingshilfe

Die große Koalition bewegt sich und kommt den Gewerkschaften entgegen. Bei der Polizei wird die Zahl der Kommissaranwärter aufgestockt. Gleichzeitig schreitet der Stellenabbau voran. Ein neues Landesamt soll alle IT-Aufgaben der Landesverwaltung bündeln.

 Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU, l.) und ihre Stellvertreterin Anke Rehlinger (SPD) beim Spitzengespräch mit Vertetern der Gewerkschaften. Im Hintergrund (v.l.) Michael Leidinger und Ewald Linn (beide DBB) sowie Eugen Roth (DGB) und Peter Balnis (GEW).Foto: Dietze

Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU, l.) und ihre Stellvertreterin Anke Rehlinger (SPD) beim Spitzengespräch mit Vertetern der Gewerkschaften. Im Hintergrund (v.l.) Michael Leidinger und Ewald Linn (beide DBB) sowie Eugen Roth (DGB) und Peter Balnis (GEW).Foto: Dietze

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Mit 12 000 Flüchtlingen rechnet die Landesregierung in diesem Jahr, mit 10 000 im kommenden. Dass vor diesem Hintergrund mehr Personal im öffentlichen Dienst des Landes notwendig ist, hat sich in den vergangenen Wochen immer stärker abgezeichnet. Nun hat die Landesregierung reagiert: Der Doppelhaushalt für 2016 und 2017 wurde nachgebessert. Im kommenden Jahr legt das Land nochmal rund 23 Millionen Euro drauf, 2017 rund 30 Millionen. Zusammen mit den Geldern, die der Bund beim Flüchtlingsgipfel im September zugesagt hatte - 34 Millionen für 2016 und 40 Millionen Euro für 2017 - werden damit unter anderem zusätzliche Stellen geschaffen.

Im Innenministerium, insbesondere in der Landesaufnahmestelle in Lebach, sollen 54 Stellen entstehen. Den Beschäftigten dort und in den Nebenstellen sagte Finanzminister Stephan Toscani (CDU ) außerdem eine monatliche Zulage von 120 Euro zu, befristet bis Ende 2017. Ihre Arbeit sei besonders belastend, das wolle man honorieren.

Im Sozialministerium sollen 18 Beschäftigte hinzukommen: zur Betreuung von Ehrenamtlichen, zur Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse, als Integrationshelfer und Schoolworker. Zehn Stellen werden in der Justiz geschaffen, um die rund 1300 Fälle unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge zu bearbeiten, die einen Vormund benötigen. Künftig soll sich zudem das Landesamt für Soziales um die vorläufige Inobhutnahme der Kinder und Jugendlichen kümmern, bevor diese in andere Bundesländer weitergeschickt werden. Bisher war dies Aufgabe der Landkreise.

An den Schulen sollen, wie bereits vereinbart, bis Februar 2016 130 Lehrerstellen geschaffen werden. "Diese Zahl ist aber nicht in Stein gemeißelt", betonte Toscani. "Falls sich 2016 abzeichnet, dass weitere Stellen notwendig sind, können wir flexibel reagieren." Auch die Mittel für das Programm "Früh Deutsch lernen" sollen aufgestockt werden, die Hochschulen erhalten zudem jährlich 200 000 Euro zusätzlich für Deutschkurse.

Insgesamt fünf Millionen Euro fließen in den kommenden beiden Jahren in ein Sicherheitspaket. Damit sollen statt wie bisher 80 künftig 90 Neueinstellungen pro Jahr bei der Polizei finanziert werden. Am Abbau von insgesamt 300 Stellen wird jedoch festgehalten. Die restlichen Mittel fließen, auch vor dem Hintergrund der Anschläge in Paris, in die innere Sicherheit und den Verfassungsschutz. Ein detailliertes Konzept werde das Innenministerium in den nächsten Tagen vorstellen, sagte Toscani. Bei einem Spitzengespräch mit Gewerkschaftsvertretern hatte die Landesregierung zudem zugesagt, das Beförderungsbudget von 1,6 Millionen Euro im öffentlichen Dienst aufzustocken - in welcher Höhe, ist noch offen.

Trotz der Mehrausgaben will die Regierung an ihrem Konsolidierungskurs festhalten. Die Neuverschuldung soll nicht steigen. "Wir sehen genug Spielraum, um den Mehrbedarf abzudecken", sagte Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ). Finanziert werden die Mehrkosten durch die Bundesmittel, gestiegene Steuereinnahmen und sinkende Zinsausgaben. Die Regierungschefin und ihr Finanzminister behielten sich jedoch ausdrücklich vor, in einer Notlage von den Ausnahmeregelungen der Schuldenbremse Gebrauch zu machen - falls die Zinsen stark steigen, die Steuereinnahmen einbrechen oder der Bund sich nicht angemessen an den Flüchtlingskosten beteiligen sollte. Auch Vize-Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD ) betonte, Ziel sei es zwar, die Schuldenbremse einzuhalten, doch: "Die Luft nach oben wird dünner, falls uns der Bund nicht unter die Arme greift."

Die Gewerkschaftsspitzen begrüßten die Neuerungen. "Das ist mehr, als wir erwartet haben", sagte Ewald Linn, Landeschef des Deutschen Beamtenbundes. Zudem habe man nun Klarheit, dass der Mehrbedarf in der Flüchtlingskrise nicht zulasten anderer Teile der Landesverwaltung gehe. Auch Eugen Roth , höchster Landesvertreter des Deutschen Gewerkschaftsbundes, zeigte sich zufrieden: "Damit haben wir eine Perspektive, wie die Lage gemeistert werden kann." Die Linke im Landtag begrüßte zwar die zusätzlichen Neueinstellungen bei der Polizei . Dies allein reiche jedoch nicht aus, betonte die Abgeordnete Birgit Huonker . Nötig sei auch ein Verzicht auf weiteren Stellenabbau.

Meinung:
Dickes Finanzpolster - noch

Von SZ-Redakteur Daniel Kirch

Die Finanzpolster des Landes sind offenbar dicker als vermutet. Wie sonst ist es zu erklären, dass der Finanzminister mal eben zig Millionen für zusätzliches (und dringend notwendiges) Personal locker machen kann, ohne mehr Schulden aufzunehmen? Man sollte aber eines nicht übersehen: Der Grund dieses Finanzpolsters sind günstige ökonomische Rahmenbedingungen, die das Land nicht beeinflussen kann. Wenn diese sich in den nächsten Jahren ändern, die Flüchtlingszahlen hoch bleiben und sich der Bund weiter so bockig anstellt, dann war es das irgendwann mit der Schuldenbremse . Dieser Tatsache muss man ins Auge sehen - auch wenn man die Begrenzung der Staatsverschuldung im Prinzip für eine gute Sache hält.

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