Das Herz des Orchesters

Saarbrücken · Musiker und ihr Instrument: eine lebenslange Beziehung. Wie finden Mensch und Instrument zusammen? Was fasziniert an einem Instrument? Eine Serie geht in loser Folge diesen Fragen auf den Grund.

 Der Musiker Martin Hanna und sein Horn. Foto: Auinger

Der Musiker Martin Hanna und sein Horn. Foto: Auinger

Saarbrücken. "Du bekommst ein Horn", sagte der Lehrer. Eines schönen Tages im Jahre 1967 betrat der Musiklehrer das Klassenzimmer des Gymnasiums in Toronto/Kanada, in dem Martin Hanna zur Schule ging und sagte: "Ja, ich weiß, alle Mädchen wollen Flöte und alle Jungs Trompete lernen. Aber das geht nicht."Und dann bekam jeder Schüler ein Musikinstrument zugeteilt, der 13-Jährige sollte fortan Hornspielen lernen.

Der Jugendliche widersprach nicht und konnte auch nicht ermessen, welche bedeutsame Entscheidung der Musiklehrer in für ihn getroffen hatte.

Schon nach einem Jahr bekam der Junge zusätzlich privaten Horn-Unterricht und zwei Jahre später das erste eigene Instrument, das die Lehrerin für den Schüler besorgte. Es war ein in Amerika gebautes, ein gebrauchtes der Marke "Holton". Als der junge Musiker mit dem Jugendblasorchester auf Europatournee in England unterwegs war, probierte er in London bei dem Instrumentenbauer Paxman mehrere Hörner dieser Marke aus. Kaufen und mitnehmen durfte er keines der Instrumente, nur bestellen. Er war noch kein Profi, sondern Student, und musste deshalb fünf Monate warten, bis das Instrument geliefert wurde.

Mit seinem Paxman-Horn reiste er von Kanada nach Köln, um an der dortigen Musikhochschule weiter zu studieren. Sein Professor habe die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen und verlangt: "Das Horn muss weg!" Der Ton habe ihm nicht gefallen, zu schwer, zu muffig, erinnert sich Martin Hanna. In Mainz ist der deutsche Hornbauer Alexander zu Hause. Seine erste "Alexander" kaufte der Hornist 1975 für 2200 Mark, und fortan war es die Marke seiner Wahl. "Bis", Hanna blinzelt, "auf eine Trotzphase, da hab' ich wieder Holton gespielt." Da war der Musiker schon längst Orchestermitglied in Saarbrücken. Für die "Alexander", auf der Hanna heute spielt, müsste man ungefähr 7000 Euro hinlegen.

Das Paxman-Horn, mit dem Hanna heute spielt, ist erst vor zwei Jahren vom Staatsorchester angeschafft worden. Würde man es zerlegen, hätte man zehn Teile. Auch eine "Wagnertube" spielt Hanna, ein Instrument, das Wagner um 1870 für seinen "Nibelungenring" bauen ließ. Beim Horn denkt man zuallererst an Signal und Natur - die Urformen sind Schnecken- und Muschelgehäuse sowie Tierhörner - und selbstverständlich an die Musik von Wagner. Es scheint klar zu sein, dass das Horn zu den Blechblasinstrumenten gehört, aber Martin Hanna sagt, das Horn sei beides, Holz- und Blechblasinstrument. Und von wegen Wagner: "Kein Mozart ohne Horn", sagt Hanna und fügt mit leuchtenden Augen hinzu: "Das Horn ist das Herz des Orchesters, emotional, weil es überall hin strahlt."

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