„Das Brot in der DDR war richtig gut“

Homburg · Der Wittenberger Pastor und Ex-DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer (69) hat gestern in Homburg angemahnt, die Demokratie wie einen Garten zu pflegen. Und die sozialen Aufgaben nicht zu vergessen.

 Friedrich Schorlemmer brachte nach Homburg die Botschaft mit, dass Demokratie einer sozialen Basis bedarf. Foto: Thorsten Wolf

Friedrich Schorlemmer brachte nach Homburg die Botschaft mit, dass Demokratie einer sozialen Basis bedarf. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

. Quer durch Deutschland ist der Ex-DDR-Bürgerrechtler, Autor und Pfarrer Friedrich Schorlemmer (SPD) gereist, um beim Festbankett der Siebenpfeiffer-Stiftung im Homburger Forum gestern etwa 250 Honoratioren aus dem Saarpfalz-Kreis seine Sicht von Demokratie und Freiheit zu vermitteln. "Ich bin von Oberwiesenthal neuneinhalb Stunden mit dem Zug hierher gefahren. Und kaum einer der Fahrgäste las dabei ein Buch, fast alle spielten auf ihren Handys herum", sagte Schorlemmer, der auch im Schriftstellerbund P.E.N. aktiv ist, kopfschüttelnd.

Schorlemmer hatte während der Wendezeit in der DDR an entscheidender Stelle - erst in der evangelischen Friedensbewegung, dann im Demokratischen Forum und später bei den Ost-Sozialdemokraten (SDP) - mit seinen Schriften und Reden dazu beigetragen, dass es nicht zu einem gewaltsamen und blutigen Ende des Sozialismus auf deutschem Boden kam. In Homburg freute er sich über ein Plakat hinter dem Rednerpult. Dort stand über dem Konterfei des Homburger Freiheits- und Demokratiekämpfers Philipp Jacob Siebenpfeiffer aus der Zeit der 1830er Jahre: "Wir pflanzen die Freiheit". Dies hatte Siebenpfeiffer, der für die Presse- und Versammlungsfreiheit gegen den bayerischen König focht, beim Hambacher Fest 1832 gesagt. Das Fest gilt als Urknall der demokratischen Bewegung in Deutschland. Schorlemmer sagte, dass "die Demokratie wie ein Garten ist, der gepflegt werden muss". Zudem gehöre zur Freiheit auch, dass die Menschen nicht hungern müssten. Er sagte, dass "das Brot in der DDR richtig gut war - aus Sauerteig und immer mit leuchtender brauner Kruste". Es sei nicht alles schlecht gewesen im Arbeiter- und Bauernstaat. Die Freiheit des Brotes und die Freiheit des Wortes gehörten allerdings untrennbar zusammen. "Deshalb sollte jeder Demokrat auch ein Sozialdemokrat sein", erklärte Schorlemmer schmunzelnd, viele im Forum lachten mit.

Gelacht wurde auch, als Schorlemmer auf Erich Honecker zu sprechen kam. "Ich meine, sie können nichts dafür…", sagte Schorlemmer und jeder im Saal wusste, dass er die Herkunft Honeckers aus Wiebelskirchen meinte. "Wer es mit Margot aushält, verdient auch einen Orden", fügte Schorlemmer in Anspielung auf Margot Honecker hinzu, was erneut Heiterkeit auslöste. Dann berichtete er, wie hart ihn 1991 manche Bürger angegangen hätten, als er sagte, er würde Honecker die Tür öffnen, wenn dieser von einem rachlüstigen Mob verfolgt werde.

Schorlemmer rügte scharf die US-Politik, die Folterungen in den Kriegen als auch die Spionage in Deutschland durch die NSA. Zum Abschluss rief er den Zuhörern zu: "Ich bin für jeden Tag froh, den ich im Geltungsbereich unseres Grundgesetzes leben kann." Landrat Clemens Lindemann (SPD), Chef der Siebenpfeiffer-Stiftung, lud dann zum Bankett. Das hat Tradition: Siebenpfeiffer und andere Demokraten luden 1832 zu großen politischen Banketten, um die Versammlungsverbote zu umgehen.

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