Damit die braune Brühe draußen bleibt
Saarbrücken. Schreckgespenst Hochwasser durch "Rückstau" aus der hoffnungslos überfüllten oder womöglich eingestürzten Kanalisation - überflutete Tiefgaragen, Keller und Keller-Wohnungen. Tränen, Verzweiflung, Verbitterung
Saarbrücken. Schreckgespenst Hochwasser durch "Rückstau" aus der hoffnungslos überfüllten oder womöglich eingestürzten Kanalisation - überflutete Tiefgaragen, Keller und Keller-Wohnungen. Tränen, Verzweiflung, Verbitterung.
Seit den spektakulären Ereignissen vom Rodenhof und von der Rußhütte 2009 ist klar: Auch in Saarbrücken ist so etwas fast überall möglich - selbst in Wohngebieten, die weit höher liegen als die nächsten Bäche und Flüsse (genannt "Vorfluter"), die beim extremen Regen eigentlich alles aufnehmen sollen, was nicht mehr in die Kanäle passt. Und die dabei zunehmend überfordert sind.
Doch es gibt Möglichkeiten, Menschen, Hab und Haus bis zu einem bestimmten Grad zu schützen - zumindest gegen Wasser, das aus der Kanalisation ins Haus schwappt. Wie man das macht, erklärt eine neue Broschüre, die Saarbrückens Zentraler Kommunaler Entsorgungsbetrieb (ZKE) Ende der Woche in den Rathäusern auslegen will und die bereits jetzt auf der Internetseite des ZKE (Service, Downloads) abrufbar ist. Das praktische Heft heißt zwar "Bauherren-Broschüre zur Entwässerung" und soll zunächst Bauherren dabei helfen zu kontrollieren, ob ihre Architekten und Baufirmen Haus und Grundstück wirklich so an die Kanalisation anschließen, wie es Vorschrift ist.
Aber natürlich hilft die Broschüre nicht nur Bauherren - sondern auch Leuten, die sich fertige Häuser kaufen wollen. Denn mit Hilfe der Broschüre kann der Käufer prüfen, ob ein Haus tatsächlich das Geld wert ist, das der Verkäufer oder dessen Makler dafür haben wollen.
Für den Wert eines Hauses wird es immer wichtiger, ob und wie gut das Haus beispielsweise gegen "Rückstau aus der Kanalisation" gesichert ist.
Denn die Hauptursache für solche "Rückstaus" ist extremer Regen - und auf den müssen sich Saarbrückens Hauseigentümer in den kommenden Jahren sehr viel besser vorbereiten als bisher. Die offizielle Klimaprognose für Saarbrücken ist alarmierend: Rund 30 Prozent mehr "Niederschläge im Winter", zehn Prozent weniger "Niederschläge im Sommer" dafür aber "mehr und heftigere Starkregenereignisse" - prophezeit das städtische Amt für Klima- und Umweltschutz bis zum Ende des Jahrhunderts. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) sagt dem Saarland gar "70 Prozent" mehr winterliche Niederschläge voraus. "Vor diesem Hintergrund haben wir unsere Bauherren-Broschüre entwickelt", erläutert Simone Stöhr, Bereichsleiterin Abwasserwirtschaft beim ZKE: "Sie soll helfen, erstens den Wert von Immobilien zu steigern beziehungsweise zu erhalten und zweitens Konflikte zu vermeiden, die daraus entstehen, dass verzweifelte Hochwasseropfer den ZKE für Dinge verantwortlich machen wollen, die nicht geschehen wären, wenn die Bauherren oder Hauseigentümer all das getan hätten, wozu sie eigentlich verpflichtet sind." Wichtigstes Beispiel hierfür: Einbau (samt regelmäßiger Kontrolle) von Rückschlagklappen in die Abflussrohre zur Kanalisation. Warum? Der ZKE darf Regenwasser im Kanal bis zur Straßenoberfläche stauen. Dann ist der Kanal voll, und das Wasser fließt über die Straße ab. Gleichzeitig drückt dann aber auch Wasser aus dem vollen Kanal in die angeschlossenen Häuser - genauer gesagt in die Räume, beispielsweise Waschküchen, deren Abwassereinläufe tiefer liegen als die Straßenoberfläche. Das, so versichert Stöhr, kann man durch Rückschlagklappen vermeiden - und wie die richtig montiert werden, steht in der Bauherren-Broschüre. Man kann sich's aber auch von ZKE-Technikern vor Ort erklären lassen.
Infos: Tel. (0681) 905 2000.
Meinung
Vorsorgen statt
entsorgen
Von SZ-Redakteur
Jörg Laskowski
Das ist Service, wie ihn diese Stadt verdient. Der ZKE nimmt die Ereignisse von 2009 und die Klimaprognose - und zieht Konsequenzen. Er legt eine Broschüre auf, die helfen soll, Hochwasser aus der Kanalisation zu verhindern. Dann versucht der ZKE auch noch, seine Informationen möglichst weit zu streuen - und hilft so, den einen oder anderen Immobilien-Betrug zu verhindern. So wird der ZKE vom Entsorgungsbetrieb zum Vorsorgebetrieb. Weiter so, liebe Stadtverwaltung!
Auf einen Blick
Wer ein Haus kaufen oder bauen will, dem empfiehlt der Zentrale Kommunale Entsorgungsbetrieb (ZKE) erstens die neue "ZKE-Bauherren-Broschüre zur Entwässerung", zweitens das "Rückstau-Handbuch" der Kölner Aqua-Bautechnik GmbH und drittens einen Blick in die Bauakte - wenn's eine gibt.
Die "Bauherren-Broschüre" steht auf der Internetseite des ZKE (Service, Downloads). Ab Ende der Woche soll sie in den Rathäusern, Bürgerzentren, beim ZKE und bei der Unteren Bauaufsicht ausliegen. Und der ZKE kündigt an, dass er weitere Verteilungswege für die Broschüre erschließen will. Das "Rückstau-Handbuch" ist ebenfalls auf der Internetseite des ZKE zu finden.
Bauakten existieren meist nur für Gebäude aus dem engeren Saarbrücker Stadtgebiet und liegen bei der Unteren Bauaufsicht in der Gerberstraße. Wer eine Bauakte sehen will, muss ein berechtigtes Interesse nachweisen. In den Akten ist unter anderem archiviert, wenn beim Bau eines Hauses spezielle Schwierigkeiten auftraten, über die ein Käufer unbedingt Bescheid wissen sollte. fitz