„Container sind keine Antwort“

Saarbrücken · Die saarländischen Architekten erhöhen den Druck auf die CDU/SPD-Landesregierung, Sozialwohnungen zu bauen. Das sei jahrelang nicht geschehen. Container für Flüchtlinge seien nicht alternativlos, hieß es.

 Auf der Saarbrücker Folsterhöhe hat die städtische Siedlungsgesellschaft viele Sozialwohnungen bereits renoviert.

Auf der Saarbrücker Folsterhöhe hat die städtische Siedlungsgesellschaft viele Sozialwohnungen bereits renoviert.

Foto: becker&bredel

Die Saar-Architektenkammer hat sich jetzt engagiert in die Debatte um die Unterbringung von Flüchtlingen eingeschaltet. Kammer-Präsident Heiko Lukas sagte gestern der SZ: "Es gab jahrelang keine neuen Sozialwohnungsbauten im Saarland mehr." Lukas plädierte an die CDU /SPD-Landesregierung, den sozialen Wohnungsbau wiederzubeleben und sprach von einer "Renaissance". "Das Bundesprogramm zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Da sind andere Summen und Konzepte notwendig, um den Anforderungen gerecht zu werden", betonte Lukas. Der Bund will den Ländern jährlich eine halbe Milliarde Euro zur Verfügung stellen, im Saarland würden davon etwa sechs Millionen Euro ankommen.

Nach Studien des Hannoveraner Pestel-Instituts fehlen in Deutschland vier Millionen Sozialwohnungen. Wenn im Saarland 2015 etwa 12 400 Flüchtlinge ankämen, bei bundesweit angenommenen eine Million Flüchtlingen, entstehe ein Bedarf von knapp 5000 Wohnungen. Zwischen 2012 und 2014 seien 2400 neue Wohnungen entstanden. Im Saarland müsse der Bedarf daher durch die Aktivierung von Leerständen gedeckt werden, sagte Institutsvorstand Matthias Günther.

Lukas forderte die Landesregierung auf, intelligente Strategien zur Bewältigung der Unterbringung von Flüchtlingen zu entwickeln. "Eine angemessene architektonische Gestaltung ist beim Bau von Wohnraum, auch wenn es eine vorübergehende Lösung ist, ein wesentlicher Parameter für eine humanitäre Lebensgestaltung", so Lukas.

Beim Bau neuer Sozialwohnungen stünden jedoch nicht nur Flüchtlinge und sozial schwächer gestellte Menschen im Fokus. "Auch für normal verdienende Familien ist es in den Städten nicht mehr möglich, bezahlbaren Wohnraum zu finden", sagte der Architekt, der auch Dekan des Architekturfachbereichs an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (HTW) ist. Es gehe daher darum, mit den zukünftigen Sozialwohnungsbauten Lösungen zu finden, die ein Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen ermöglichten. In diesen Wohneinheiten gelte es Gemeinschaftsräume und Gemeinschaftsküchen einzurichten, die den Menschen die Chance böten, einander zu begegnen. "Flüchtlinge sollte man auch nicht am Rande von Gewerbegebieten unterbringen", erklärte Lukas. In Zweibrücken sind Flüchtlinge auf dem Ex-Flughafen, fernab von Wohngebieten, untergebracht.

Zu den kurzfristigen Lösungen für die Unterbringung von Flüchtlingen sagte Lukas: "Holzcontainer für Flüchtlinge könnten ein mögliches Mittel sein, um kurz vor Wintereinbruch die drängendsten Unterbringungsprobleme zu lösen. Aber sie sind nicht alternativlos und schon gar keine Antwort auf das seit Längerem erkennbare Problem des Mangels an bezahlbarem Wohnraum." Lukas und seine Kollegin Professorin Eve Hartnack haben mit Studenten der HTW inzwischen Wohnmodelle für eine kurzfristige Flüchtlingsunterbringung entwickelt, die auch das Stadtbild bereichern würden (die SZ berichtete). "Sicher ist unsere Botschaft nicht, in Schönheit zu sterben", betonte Lukas. Der Kammerpräsident bot Innenminister Klaus Bouillon (CDU ) an, sowohl bei der "Akut-Unterbringung der Flüchtlinge als auch bei der mittel- und langfristigen Reaktivierung sozialen Wohnungsbaus für alle Bürgerinnen und Bürger" das Knowhow der Kammer in beratender Funktion einzubringen.

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