Commerçons Klassenarbeiten-Erlass weiter umstritten

Saarbrücken · Referate statt Klassenarbeiten? Der Erlass des Bildungsministers zu Leistungsnachweisen an Schulen erhitzt die Gemüter. Die Regierungsfraktionen sind uneins, doch auch von Lehrerverbänden und anderen Parteien kommt Kritik.

 SymbolbildLocation:Gelsenkirchen

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Foto: Caroline Seidel (dpa)

Der Erlass von Saar-Bildungsminister Ulrich Commerçon (SPD ), der unter anderem Referate den Klassenarbeiten gleichstellt, schlägt weiter hohe Wellen. Nachdem die CDU-Landtagsfraktion das Vorhaben kritisiert und ein eigenes Thesenpapier veröffentlicht hatte (die SZ berichtete), wird weiter um den richtigen Weg in der Bildung gestritten. Unterstützung erhielt der Bildungsminister gestern von der SPD- und der Linken-Landtagsfraktion. Die Neuerungen ermöglichten eine differenziertere Beurteilung der Leistung der Schüler, sagte die SPD-Abgeordnete Gisela Kolb . Die "Gleichmacherei" über Notenspiegel und Vergleichsarbeiten (wie sie die CDU fordert) sei nicht zeitgemäß. Kolb forderte den Koalitionspartner auf, offen für Veränderungen zu sein. Auch Barbara Spaniol (Linke) sagte: "Das Festhalten am starren Notensystem rein nach Klassenarbeiten muss ein Ende haben." Bildungsforscher seien längst der Ansicht, dass Noten nach einem einheitlichen Schema in einer inklusiven Schule keinen Sinn mehr hätten.

Die Grünen kritisierten, dass sich die Koalitionsfraktionen in Fragen der Bildungspolitik uneins sind. CDU und SPD müssten bei diesem "wichtigen Zukunftsthema" an einem Strang zu ziehen, so Klaus Kessler (Grüne), stattdessen schienen beide "vielmehr um reines Wahlkampfgetöse bemüht".

Der Saarländische Lehrerinnen- und Lehrerverband betonte, dass er den Erlass keineswegs nur positiv sieht. Die Vorsitzende Lisa Brausch sagte, er ermögliche zwar eine individuellere Beurteilung der Leistungen. Allerdings seien an den weiterführenden Schulen zu viele Leistungsnachweise vorgesehen. Auch die Dokumentations- und Informationspflicht habe bei den Lehrern für große Verunsicherung gesorgt. Denn der Erlass schreibe dafür keine konkrete Form vor. Der Verband der Lehrer und Lehrerinnen an Wirtschaftsschulen im Saarland hält den Erlass für nicht rechtssicher, da es keine "einheitliche Handhabung der alternativen Leistungsmessungen" gebe.

Die FDP Saar kritisierte, dass Leistungen damit weniger vergleichbar seien, was zu weniger Chancengleichheit führe. FDP- Landeschef Oliver Luksic forderte zudem, den Schulen weniger bürokratische Vorgaben zu machen und ihnen mehr Eigenständigkeit zuzugestehen. Die AfD Saar sprach sich für den Erhalt der Klassenarbeiten als wesentlichen Teil der Benotung von Schülern aus. "Referate, zu Hause aus dem Internet zusammengeschrieben, können kein Ersatz sein", sagte Sprecher Rudolf Müller . Am 12. Dezember findet im Bildungsministerium eine Anhörung mehrerer Verbände zu dem Erlass statt.

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