Bundes-AfD stoppt Dörr und Hecker

Saarbrücken · Der Landesverband der AfD steckt in einer schweren Krise. Die beiden wichtigsten Spitzenleute sind über Kontakte zu Rechtsradikalen gestolpert. Der Bundesvorstand prüft nun konkrete Maßnahmen gegen sie.

 Josef Dörr (l.) traf sich einem Bericht zufolge mit pfälzischen Rechtsradikalen, Lutz Hecker freute sich in einer WhatsApp-Nachricht über Unterstützung von rechtsaußen. Fotos: Becker&Bredel/Hecker

Josef Dörr (l.) traf sich einem Bericht zufolge mit pfälzischen Rechtsradikalen, Lutz Hecker freute sich in einer WhatsApp-Nachricht über Unterstützung von rechtsaußen. Fotos: Becker&Bredel/Hecker

In der AfD wird in Kürze wieder ein Gremium zusammentreten, das seine Arbeit schon längst eingestellt hatte: der vom Bundesvorstand eingesetzte "Untersuchungsausschuss Saarland", der im November 2015 die Kontakte der AfD Saar zur ausländerfeindlichen Freien Bürger-Union (FBU) überprüft hatte. Das Thema schien abgeräumt, nachdem der Landesvorstand eine Zusammenarbeit mit der Gruppe ausgeschlossen hatte.

Nun stehen allerdings Vorwürfe im Raum, die alles bislang Bekannte in den Schatten stellen: AfD-Landeschef Josef Dörr und sein Stellvertreter Lutz Hecker haben nach einem Bericht des "Stern" Kontakte zu führenden Rechtsradikalen aus Rheinland-Pfalz geknüpft. Das Magazin zitiert aus E-Mails und WhatsApp-Nachrichten. Beide lassen nun ihre Ämter bis auf Weiteres ruhen, wie Bundesvorstandsmitglied Dirk Driesang der SZ bestätigte. "Für die Entscheidungen, die jetzt anstehen, sollte man sich einen Moment Zeit nehmen."

Zu möglichen Konsequenzen wollte Driesang sich nicht äußern. Nur so viel: "Wir werden konkrete Schritte unternehmen müssen, sonst werden wir komplett unglaubwürdig - unter der Voraussetzung, dass die Dokumente echt sind", sagte Driesang der SZ. Laut Satzung könnte der Bundesvorstand einzelne Mitglieder ihrer Ämter entheben. Stellt er einen schwerwiegenden Verstoß gegen Ordnung und Grundsätze der Partei fest, könnte er auch den gesamten Landesvorstand des Amtes entheben oder sogar den 280 Mitglieder starken Landesverband komplett auflösen - ein radikaler Schritt, den es 1985 bei den Grünen in Berlin wegen Unterwanderung durch Neonazis einmal gab. Dörr und Hecker, der auch den Kreisverband Saarpfalz leitet, ließen eine Bitte um Stellungnahme gestern unbeantwortet.

Laut "Stern" hatte sich Dörr im vorigen Jahr mit Ulrike Reinhardt und Sascha Wagner getroffen. Reinhardt ist führende Aktivistin bei den "Pfälzer Spaziergängen", dem Pendant zur NPD-nahen Gruppe "Saarländer gegen Salafisten", NPD-Mann Wagner ein "amtsbekannter Rechtsextremist", wie es im rheinland-pfälzischen Innenministerium heißt.

Dem Bericht zufolge schrieb Dörr in einer E-Mail an Reinhardt, er sei sehr an einer Zusammenarbeit mit ihr interessiert. Nach einem Besuch bei Reinhardt in Kaiserslautern soll sie ihm in einer E-Mail geschrieben haben, das Gespräch habe sie "sehr inspiriert und auch motiviert, meine patriotische Arbeit fortzusetzen". Die Gruppe "Pfälzer Spaziergänge" ist den Sicherheitsbehörden bestens bekannt; es gebe dort Aussagen, "die den braven Schein des bloßen Mutbürger-Zusammenschlusses trüben, mitunter aber auch den Anschein erweckende rechtsextremistische Aussagen", so das Mainzer Innenministerium.

Reinhardt, die Initiatorin der "Spaziergänge", hatte Hecker per WhatsApp angekündigt, Teilnehmer für eine Demonstration der AfD am 4. November in Saarbrücken zu mobilisieren. "Sehr gut", antwortete Hecker. Sie: Alle sieben Plätze in ihrem Auto seien belegt. Er: "Das ist super!", Smiley. Bei der Demo stand Reinhardt dann neben NPD-Landeschef Peter Marx.

Als am Mittwochnachmittag erste Details aus der noch nicht erschienen Ausgabe des Magazins die Runde machten, schritt der Bundesvorstand ein. Per E-Mail legte er Dörr und Hecker nahe, ihre Ämter ruhen zu lassen - auch "um Schaden von der Partei abzuwenden", wie Driesang sagt.

Die Kontakte zu Reinhardt und Wagner waren dem Bundesvorstand laut Driesang nicht bekannt. Bekannt waren die Verbindungen zur FBU, über die auch die Saarbrücker Zeitung berichtet hatte. Dörr und Hecker hätten die Vorwürfe in Sachen FBU "entweder geleugnet, abgestritten oder in einer Art und Weise dargestellt, dass das nicht justiziabel war", so Driesang. Sie hätten das Treffen mit der FBU am 22. Juli 2015 zwar nicht bestritten, wohl aber das Angebot geheimer Doppelmitgliedschaften zu vergünstigten Mitgliedsbeiträgen. Auch hätten sie angegeben, dass man bei diesem Treffen den Charakter der FBU verstanden habe und dann von einer Zusammenarbeit abgerückt sei. Der Kontakt in die Pfalz aber wurde wohl erst danach angebahnt.

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