Bund und Länder ringen um Finanzen – Reichen Hilfen dem Land zum Überleben?

Saarbrücken · Lange sah es so aus, als könne eine Einigung von Bund und Ländern über die Finanzverteilung und den „Soli“ scheitern. Inzwischen aber rechnet die Saar-Regierung mit einer Lösung. Sie wird wohl Zinshilfen erhalten.

Es bleibt nicht mehr viel Zeit. Am 18. Juni wollen die 16 Ministerpräsidenten und die Bundeskanzlerin die Diskussion über die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzen mit einem Kompromiss zum Abschluss bringen. Was es für das Saarland bedeutet, wenn es dabei die dringend erforderlichen Hilfen nicht erhält, weiß niemand ganz genau. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU ) warnte vor Monaten, dass dann eine Länderneugliederung die Folge sein könnte.

Die Konfliktlage zwischen Bund und Ländern, aber auch zwischen den Ländern (arm/reich, alt/neu, hochverschuldet/kaum verschuldet) ist so kompliziert, dass es bislang nicht so aussah, als stehe ein Kompromiss bevor. Doch seit Wochen wird wieder intensiv verhandelt. "Nach heutigem Stand ist eine Einigung bis zum 18. Juni möglich", sagt Saar-Finanzminister Stephan Toscani (CDU ). "Die Verhandlungen sind dort, wo sie jetzt sein sollten." Bund und Länder hätten die Probleme, die zu lösen seien, klar herausgearbeitet: die mangelnde Ausstattung finanzschwacher West-Länder, der weitere Förderbedarf der neuen Länder, die besondere finanzielle Situation des Saarlandes und Bremens, die Verschuldung der Städte und Gemeinden sowie die aus Sicht der Klageländer Bayern und Hessen zu hohe Belastung der Geberländer.

Die zentrale Frage ist, was mit dem Solidaritätszuschlag (derzeit rund 15 Milliarden Euro) künftig passieren wird. Im Wesentlichen wird noch über zwei Modelle diskutiert: Mehrere rot oder rot-grün regierte Länder wie Baden-Württemberg, Niedersachsen oder Hamburg wollen den Soli in den Einkommen- und Körperschaftsteuer integrieren. Dann stünde das Aufkommen nicht mehr allein dem Bund zu, der knapp die Hälfte (mit abnehmender Tendenz) bislang in den Aufbau Ost steckt; auch die Länder hätten dann etwas davon. Die Folge wäre jedoch, dass jene Bundesländer, die ohnehin schon finanzstark sind, besonders profitieren.

Seit einigen Wochen kursieren nun neue Überlegungen von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ). Medienberichten zufolge will er den Soli zwischen 2020 und 2030, möglicherweise auch über einen längeren Zeitraum hinweg, auslaufen lassen. CDU- und CSU-Spitze befürchten, dass eine Integration in die Einkommensteuer als Steuererhöhung wahrgenommen werden könnte. Das soll vermieden werden.

Dafür will Schäuble am Ausgleichssystem basteln: Die erste Stufe, der Umsatzsteuer-Ausgleich (siehe Grafik), würde abgeschafft. Das hätte zur Folge, dass vor allem Nordrhein-Westfalen zufrieden gestellt wäre, das im Jahr viel Geld über den Umsatzsteuer-Ausgleich verliert, aber nur wenig über den eigentlichen Länderfinanzausgleich bekommt. Im Gegenzug würde der Bund einspringen und mit Zuweisungen an die finanzschwachen Länder in Ost wie West die Unterschiede bei der Finanzkraft abmildern. Dies würde dazu führen, dass sich der ewige Verteilungskampf zwischen reichen und armen Ländern abmildert. Was dem Saarland sehr gelegen käme; Finanzminister Toscani hatte vor mehreren Monaten ein Modell vorgelegt, das in eine ähnliche Richtung geht. Zudem will Schäuble die Finanzkraft der Kommunen beim Länderfinanzausgleich künftig zu 100 Prozent und nicht mehr nur, wie bisher, mit 64 Prozent berücksichtigen. Auch das wäre zweifellos im Interesse des Saarlandes.

Bereits heute steht jedoch fest: Keines der beiden Modelle würde die Probleme des Saarlandes ansatzweise lösen. Es könnte in beiden Fällen zwar wohl mit jährlichen Mehreinnahmen in zweistelliger Millionenhöhe rechnen. Doch wirklich nötig wären Hilfen in der Größenordnung von mehreren hundert Millionen im Jahr.

Die Hoffnungen richten sich daher auf ein Milliarden-Paket, das Schäuble Berichten zufolge schnüren will. Aus dem Paket könnten die bereits erwähnten Bundeszuweisungen für finanzschwache Länder finanziert werden, aber auch jene dringend benötigten Sonderhilfen für das Saarland und Bremen, deren Notwendigkeit Bund und Länder im Grundsatz nicht mehr bestreiten. Es deutet sich an, dass der Bund dem Saarland zur Entlastung von den erdrückenden Zinskosten (derzeit rund 500 Millionen Euro) jährliche Zinshilfen gewähren wird. Die bekommt es schon jetzt in Höhe von 260 Millionen Euro pro Jahr, allerdings nur noch bis 2020. Diese Hilfen könnten künftig verlängert werden - ob befristet oder unbefristet, ist offen. Ebenso ist fraglich, ob die Hilfen an das Zinsniveau gekoppelt wären. Denn steigt das Zinsniveau , steigen auch die Zinskosten - und machen die Erfolge des Sparkurses auf einen Schlag zunichte. Dauerhafte Zinshilfen, die bei steigendem Zinsniveau ebenfalls steigen, hätten hingegen den gleichen Effekt wie eine Teilentschuldung mittels Altschuldenfonds. Dieser ist jedoch gescheitert - das Saarland und Bremen haben für diese aus ihrer Sicht erstbeste Lösung keine starken Unterstützer gefunden.

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