Bücher schmökern im Telefonhäuschen

Saarbrücken · Für 200 Euro hat Eva Jungen aus Scheidt eine ausrangierte Telefonzelle gekauft und mit Büchern gefüllt. Wer mag, kann sich Bücher daraus mitnehmen und alte hineinstellen. Die ungewöhnliche Bibliothek werde gut genutzt, sagt Jungen. Jetzt fehlt eigentlich nur noch eines: eine Bank zum Lesen.

 Eva Jungens ungewöhnlicher „Bücherschrank“ in Scheidt steht jedem offen. Foto: Dietze

Eva Jungens ungewöhnlicher „Bücherschrank“ in Scheidt steht jedem offen. Foto: Dietze

Foto: Dietze

Die Zeiten der klassischen Telefonzellen scheinen vorbei. Immer seltener zum Telefonieren benutzt, finden sie heutzutage eher anderweitig Verwendung. Während sich vor dem Saarbrücker Hauptbahnhof in zum Teil beschädigten "Telefonhäuschen", wie die klassische Zelle mit vier Wänden und Dach in der Amtssprache genannt wird, Abfälle stapeln, kommt in Saarbrücken-Scheidt einer alten Telefonzelle eine gänzlich neue Funktion zu. Hier steht eine Telefonzelle, in der sich Bücher stapeln. Die Idee dazu stammt von Eva Jungen. Die 52-jährige Krankenschwester hat vor rund eineinhalb Jahren eine ausrangierte Telefonzelle erworben und diese anschließend vor ihrem Haus in Scheidt zu einem frei zugänglichen Bücherschrank umfunktioniert. In diesen kann man einerseits alte oder bereits gelesene Bücher hineinstellen sowie andererseits vorhandene Bücher mitnehmen.
Rund um die Uhr offen

Der Gedanke dahinter sei es gewesen, "jedermann einen freien Zugang zum Lesen zu ermöglichen", sagt Eva Jungen, weshalb die kleine Bibliothek vor dem alten Forsthaus in Scheidt (Im Flürchen 62 a) auch 24 Stunden am Tag zugänglich ist. Genutzt werde die Telefonzelle täglich, wie Jungen an den vorbeikommenden Besuchern und dem wechselnden Buchbestand erkennen könne. Dabei sei die Telefonzelle mit einem Preis von 200 Euro "als kostengünstige Alternative zu einem schweren Bücherschrank eher Mittel zum Zweck" gewesen. Um ihr Projekt gänzlich abzurunden, wünscht sich Jungen noch eine neue Bank neben der Telefonzelle, damit man die Bücher auch bequem vor Ort lesen kann. Hierbei hofft sie "auf die Unterstützung eines Sponsors oder eines edlen Spenders".

Zurückzuführen ist der Kauf des Telefonhäuschen auf den stark voranschreitenden Abbau alter Telefonzellen in ganz Deutschland. "Mit dem Siegeszug des Handys hat die Bedeutung der Telefonzelle abgenommen", erklärt André Hofmann von der Telekom. "Es gibt bundesweit nur noch rund 30 000 Telefonzellen, die die Deutsche Telekom betreibt." Insbesondere an kaum genutzten und somit wirtschaftlich unattraktiven Standorten werden Telefonzellen abgebaut. Allerdings gibt es durchaus noch Orte mit hoher Nutzung. Hierzu zählen vor allem Flughäfen und Bahnhöfe. Mag die Telefonzelle auch vielerorts ausgedient haben, so zeigt Eva Jungens Bücherschrank, dass es doch noch so manch sinnvolle Verwendungsmöglichkeit für sie gibt.

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