Breite Front gegen Länderfusion

Saarbrücken · Gegen eine Länderfusion gibt es im Landtag eine breite Ablehnungsfront aller Fraktionen. Über die Äußerungen der Ministerpräsidentin zu diesem Thema kam es im Parlament aber zum Schlagabtausch.

 Die rechte Hand zum Schwur erhoben, die linke auf der Verfassung: Vor Landtagspräsident Hans Ley versprachen der neue Innenminister Klaus Bouillon und die neue Sozialministerin Monika Bachmann (alle CDU) mit der religiösen Beteuerung „so wahr mir Gott helfe“, sich für das Wohl des Volkes einzusetzen. Das Parlament stimmte zuvor der Entlassung des bisherigen Sozialministers Andreas Storm (CDU) zu. Fotos: Becker&Bredel

Die rechte Hand zum Schwur erhoben, die linke auf der Verfassung: Vor Landtagspräsident Hans Ley versprachen der neue Innenminister Klaus Bouillon und die neue Sozialministerin Monika Bachmann (alle CDU) mit der religiösen Beteuerung „so wahr mir Gott helfe“, sich für das Wohl des Volkes einzusetzen. Das Parlament stimmte zuvor der Entlassung des bisherigen Sozialministers Andreas Storm (CDU) zu. Fotos: Becker&Bredel

Selten hat ein Politiker mit einem einzigen Interview einen solchen Wirbel verursacht. In einer Grundsatzdebatte über die erste Halbzeit der großen Koalition hat sich der Landtag gestern erstmals mit den Äußerungen von Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) zu einer möglichen Länderneugliederung befasst. In einem Interview hatte Kramp-Karrenbauer sinngemäß gewarnt, ein Scheitern der Bund-Länder-Gespräche könne zu einer flächendeckenden Neuordnung der Bundesländer führen. Sie verteidigte dies gestern mit den Worten, der Ernst der Lage für das Saarland sei "bei weitem nicht jedem" der übrigen 15 Ministerpräsidenten bewusst gewesen. Es bestehe die Gefahr, dass die anderen Länder dem Saarland zwar finanziell helfen wollten und so sagen könnten, sie seien solidarisch, die Summe aber nicht ausreiche, um die Probleme zu lösen. Kramp-Karrenbauer sagte nach Gesprächen mit Amtskollegen, auch ihr Interview habe dazu geführt, dass mittlerweile "jedem die Ernsthaftigkeit der Situation bewusst geworden ist".

Linke und Grüne warfen ihr vor, die Verhandlungsposition des Saarlandes geschwächt zu haben. "Ihr Drohmittel ist überhaupt kein Drohmittel", sagte Oskar Lafontaine. "Dieser Schuss ist nach hinten losgegangen." Auch Grünen-Fraktionschef Hubert Ulrich monierte, Kramp-Karrenbauer habe "völlig ohne Not" über eine Länderneugliederung spekuliert: "Was hat Sie dabei eigentlich geritten?" Sie habe Vertrauen und Glaubwürdigkeit verspielt.

Am Ziel der Eigenständigkeit rüttelte im Landtag niemand. CDU-Fraktionschef Klaus Meiser gestand ein, dass man Kramp-Karrenbauers Interview-Äußerungen unter taktischen Aspekten unterschiedlich bewerten könne. Der Vorwurf, die Regierungschefin wolle die Eigenständigkeit preisgeben, sei aber böswillig und diffamierend. Piraten-Fraktionschef Michael Hilberer billigte allen Parteien im Saarland zu, für den Erhalt der Eigenständigkeit zu kämpfen. Allerdings kritisierte er, der Regierung fehle eine Zukunftsvision für ein eigenständiges Land. Grüne und Linke hielten der Koalition vor, an den falschen Stellen zu sparen. SPD-Fraktionschef Stefan Pauluhn sagte, es gebe keine Alternative zum "schmerzlichen Sparkurs", auf Dauer werde Sparen allein aber nicht ausreichen.

Einigkeit herrschte hingegen bei der Frage, was die Eigenständigkeit dem Saarland eigentlich bringe. Lafontaine hob hervor, wäre das Land nicht eigenständig gewesen, gäbe es die Stahlindustrie in dieser Form heute nicht mehr. Mehrere Redner argumentierten, durch eine Fusion lasse sich ohnehin kein Geld einsparen, und die Schulden verschwänden dadurch auch nicht. Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) nannte kurze Wege und einen leichten Zugang zur Politik als Vorteile. Sie sagte: "Ich bin nicht der Meinung, dass es uns besser ginge, wenn wir der westlichste Teil Hessens wären."

Polizei darf im Rotlichtmilieu ohne Anlass kontrollieren

Unter heftigem Protest der drei Oppositionsfraktionen hat die große Koalition aus CDU und SPD die Befugnisse von Polizei und Verfassungsschutz verschärft. Die Polizei darf nun ohne begründeten Anlass Bordelle und zur Prostitution genutzte Wohnungen betreten und dort wie auch auf dem Straßenstrich Ausweise kontrollieren. Linke, Piraten und Grüne äußerten ihre Bedenken, ob diese Regelung verfassungskonform ist. Denn Prostitution sei in Deutschland ein legaler Beruf, das Gesetz verletze den Gleichheitsgrundsatz und diskriminiere so Sexarbeiterinnen. Kriminalität im Milieu könne mit geltendem Recht bekämpft werden. Innenministerin Monika Bachmann (CDU ) verwies darauf, dass ein gleichlautendes Gesetz in Bayern seit 1990 in Kraft sei und sich dort bewährt habe.

Der Verfassungsschutz darf künftig - wie bereits heute schon die Polizei - zur Terrorbekämpfung sogenannte IMSI-Catcher einsetzen. Diese Überwachungssysteme können Handys orten, identifizieren und Gespräche mithören. Neben Verdächtigen würden dabei "unzählige unbescholtene Bürger" mitabgehört, zudem gebe es Sicherheitslücken, kritisierte Piratenfraktionschef Michael Hilberer . Die Linksfraktion sprach sich für eine Abschaffung des Verfassungsschutzes aus. ukl
Landtag macht Weg für neuen Nationalpark frei

Der geplante Nationalpark Hunsrück-Hochwald hat seine vorletzte Hürde genommen. Der Saar-Landtag ratifizierte gestern einstimmig den im Oktober geschlossenen Staatsvertrag der Länder Rheinland-Pfalz und Saarland über die Errichtung und Unterhaltung des bundesweit 16. Nationalparks. Nun muss noch der Mainzer Landtag zustimmen. Magnus Jung (SPD) sprach von einem "historischen Ereignis" für das Saarland und einem "Meilenstein der Umweltpolitik". Günter Heinrich (CDU) sagte, der Nationalpark könne zum "neuen Kronjuwel des saarländischen Tourismus" werden. Auch Linke, Grüne und Piraten lobten das Projekt. kir

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