Blutsauger mit Risikopotenzial

Saarbrücken · Im Frühjahr warnten Experten vor einem „Jahr der Zecken“. Zwar war die Zahl der Krabbeltiere zu Beginn des warmen Wetters extrem hoch – dieser Trend setzte sich jedoch im Saarland nicht fort. Doch bisher wurden 2016 168 Borreliose-Infektionen gemeldet – so viel wie im ganzen Jahr 2015.

 Die Zecke klettert von Gräsern und Sträuchern auf den Menschen und beißt sich fest. Foto: Pleul/dpa

Die Zecke klettert von Gräsern und Sträuchern auf den Menschen und beißt sich fest. Foto: Pleul/dpa

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Sie lauern in Gräsern oder Büschen, meist nicht mehr als einen Meter über dem Boden. Dort warten die Zecken auf Nahrung: Blut, egal ob von Tieren oder Menschen. Dabei können die maximal vier Millimeter großen Parasiten Krankheitserreger übertragen, unter anderem das Bakterium Borrelia burgdorferi, das Borreliose auslösen kann, sowie das Virus für Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME). Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) sind die Zecken im Frühjahr und Sommer am aktivsten - Zeit für eine vorläufige Bilanz der Zeckensaison 2016.

Bislang wurden nach Angaben des saarländischen Gesundheitsministeriums, bei dem die Ärzte die Infektionen melden müssen, im laufenden Jahr 168 Borreliose-Fälle gemeldet - genauso viele wie im ganzen Jahr 2015. 2011 verzeichnete das RKI für das Saarland noch 379 Infektionen. Bei der FSME wurden bislang in diesem Jahr zwei Infektionen gemeldet - wobei sich eine Person in Frankreich infizierte, die zweite im Saarpfalz-Kreis. Zuletzt wurden 2013 zwei FSME-Fälle gemeldet, zuvor war es 2011 ein Meldefall. Insgesamt infizierten sich seit 2005 elf Saarländer.

Gegen Borreliose gibt es keine vorbeugende Impfung. Jedoch sei die Infektion gut mit Antibiotika in den Griff zu kriegen, sagt der Vorsitzende des Saarländischen Hausärzteverbands, Michael Kulas. Gegen die FSME gebe es eine Schutzimpfung, aber kein Gegenmittel. FSME-Viren können beim Menschen grippeähnliche Symptome und in besonders schweren Fällen eine Hirnhautentzündung auslösen. Bleibende Schäden können Lähmungen und Konzentrationsschwächen sein. Im Extremfall verlaufe die Krankheit tödlich. Als Risikogebiet für FSME gilt im Saarland laut RKI nur der Saarpfalz-Kreis. Im Mai 2017 erscheint die nächste Risikogebietskarte des RKI. Ob der Saarpfalz-Kreis den Risikostatus behält oder andere saarländische Kreise künftig als Risikogebiet gelten, lasse sich gegenwärtig noch nicht sagen, sagt RKI-Sprecherin Susanne Glasmacher. Da aber nicht ausgeschlossen ist, dass es auch in umliegenden Landkreisen zu einer Infektion kommen kann, hat das Saar-Gesundheitsministerium 2013 die öffentliche Empfehlung zur FSME-Schutzimpfung auf das gesamte Saarland ausgeweitet.

Ob es aufgrund des milden Winters und des verregneten Frühjahrs in diesem Jahr mehr Zecken gab als sonst, ist dem Gesundheitsministerium nicht bekannt. Auch dem RKI liegen keine Daten zur Zahl der Zecken vor. "Die Bedingungen können von Wiese zu Wiese schwanken", sagt Glasmacher. Zecken seien zudem mehrjährige Tiere, die vorwiegend an Mäusen saugten. Entscheidend sei also auch, wie sich die Klein-Säuger ausbreiteten. "Zu Beginn des Sommers, etwa von Mai bis Anfang Juli, gab es bei uns relativ viele Zecken, danach war es ruhig", hat Michael Kulas in seiner Hausarztpraxis in Wallerfangen beobachtet. Sonst gehe die Zecken-Saison durchgehend bis Ende des Sommers.

Doch nicht von jeder Zecke droht Gefahr. Nur etwa 0,1 bis 3,4 Prozent aller Zecken seien mit dem FSME-Virus infiziert, schätzt das Robert-Koch-Institut . Bis zu 30 Prozent der infizierten Personen entwickelten FSME-Symptome. Wie viele Zecken mit Borrelien infiziert sind, schwanke regional stark - es könnten bis zu 30 Prozent sein. Etwa bei fünf Prozent der Menschen, die von einer solchen Zecke gestochen werden, trete eine Infektion auf.

Auch wenn die heiße Phase der Zecken in diesem Jahr vorbei ist, besteht weiter Grund zur Vorsicht: Zecken werden bei Temperaturen ab etwa fünf bis sieben Grad Celsius aktiv, erklärt das Gesundheitsministerium. "Die Zecke hält in der Regel von November bis Ende Februar Winterruhe. Allerdings beobachten Experten in den letzten Jahren, dass die Zecken wegen des Klimawandels und der milden Winter ihre Aktivitäten zeitlich ausweiten", sagt Glasmacher. Also weiterhin am besten in heller, langer Kleidung ins Grüne gehen, um die braunen Tiere besser zu entdecken. Wichtig nach dem Spaziergang bleibt das Absuchen: Kniekehle, Schritt, Achselhöhlen und auch die Kopfhaut.

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