Bestens vernetzte Hilfe

Saarbrücken · Myanmar hat lange unter einer Militärdiktatur gelitten. Viele Kinder können sich bis heute keine ausreichende Schulbildung leisten. Ein saarländischer Verein hat in einem Kloster eine Schule gegründet.

 Mit neuen Unterrichtsmethoden versucht der Verein den Kindern eine Zukunftschance zu geben. Fotos: Förderverein Myanmar

Mit neuen Unterrichtsmethoden versucht der Verein den Kindern eine Zukunftschance zu geben. Fotos: Förderverein Myanmar

 Die Klosterschule Phaung Daw Oo-Schule in Mandalay, mit mehr als 6000 Schülern die größte Schule des Landes

Die Klosterschule Phaung Daw Oo-Schule in Mandalay, mit mehr als 6000 Schülern die größte Schule des Landes

Das erste, was Marianne Granz über Myanmar lernen musste, war Geduld. Zweimal wollte sie in den 1990er Jahren in das abgeschottete Land, zweimal musste sie ihre Reise verschieben. "Es war schon alles gebucht, aber die Flüge wurden kurzfristig gecancelled", erinnert sich die ehemalige saarländische Bildungs- und Sozialministerin. Doch sie gab nicht auf. 1999 war es dann endlich so weit. "Und seitdem hat es mich nicht mehr losgelassen", sagt sie heute. Zurück in der Heimat stand schnell für sie fest, dass man den Menschen in dem bitterarmen Land helfen müsse. Gemeinsam mit Christian Runge und einer kleinen Gruppe Hilfsbereiter gründete sie den Förderverein Myanmar.

Doch wie helfen in einem Land, das von einer Militärregierung beherrscht wird, die sich erst vor wenigen Jahren demokratischeren Strukturen öffnete? Wie dafür sorgen, dass die Gelder nicht im Staatsapparat versickern, statt vor Ort den Menschen zu helfen? Die Klöster sollten die Eintrittskarte des Fördervereins in das einst hermetisch abgeriegelte Land werden. "Dazu muss man wissen, dass die buddhistischen Klöster relativ frei sind", erklärt Konrad Krajewski, der derzeitige Präsident des Fördervereins. Während die Militär-Junta das gesamte gesellschaftliche Leben kontrollierte, wagte sie es nicht, auch die Klöster zu unterjochen. Genau hier setzte der Förderverein an.

Denn die Schulen der Klöster sind gleichzeitig für viele Kinder die einzige Chance auf Bildung. Staatliche Schulen kosten Geld. Geld, das bei einem durchschnittlichen Monatseinkommen von 54 Euro nur die wenigsten haben. "Deshalb haben wir uns entschlossen, dort anzusetzen", sagt Granz. Dort, das ist die Phaung Daw Oo-Schule in Mandalay , mit mehr als 6000 Schülern die größte Schule des Landes.

Und wie man Gelder aufbringt, dazu hatte Granz als ehemalige Ministerin gemeinsam mit Runge, dem bestens vernetzten Mitarbeiter der Staatskanzlei, die richtigen Kontakte. Auch um den oft langsamen Staatsapparat in Myanmar in Bewegung zu setzen. "Die guten Kontakte zu Abt U Nayaka waren schnell hergestellt", sagt Granz. 1,5 Millionen Euro hat der Förderverein bis heute zusammengebracht, meistens durch Unterstützung des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. Im Laufe der Jahre entstanden Wohnheime, ein Krankenhaus und ein Berufsschulgebäude. Die Schüler können Schreiner- und Nähkurse machen und erhalten Computer-Unterricht. Die 50 Computer spendete der Förderverein.

Im Laufe der Jahre wuchs aber auch der Förderverein selbst. 400 Mitglieder hat er mittlerweile. 2010 trat Runge allerdings als Präsident nicht mehr zur Wahl an. Krajewski beerbte ihn und Runge gründete seinen eigenen Förderverein Myanmar Partner. Ganz reibungslos schien die Trennung zwar nicht und eine schlüssige Erklärung, warum sich gleich zwei saarländische Vereine um ein und dieselbe Schule in Myanmar kümmern, kann keine Seite liefern. Aber man hat sich arrangiert. "Wir machen ja ganz unterschiedliche Sachen", sagt Krajewski.

Zumal die Arbeit in der Phaung Daw Oo-Schule noch lange nicht zu Ende ist. "Zurzeit wollen wir die Art, wie unterrichtet wird, verbessern", sagt Krajewski. Denn in Myanmar unterrichten die Lehrer größtenteils nach der sogenannten Rote-Learning-Methode. Der Lehrer spricht Sätze vor, die die Schüler im eintönigen Singsang wiederholen. Besser als gar keine Schulbildung , aber eine Methode mit überschaubarem Lern-Effekt. Deshalb gibt es seit 2011 ein Pilotprojekt, bei dem die Klassen von einst 100 Schülern auf 30 reduziert werden. "Irgendwann soll dann in allen Klassen so unterrichtet werden", sagt Granz. Dazu hat der Förderverein deutsche Lehrer nach Myanmar vermittelt.

Doch auch die Berufsausbildung im Krankenhaus soll verbessert werden. In Zusammenarbeit mit Professorin Martha Meyer von der Hochschule für Technik und Wirtschaft haben sechs Studentinnen aus dem Saarland von September bis November vergangenen Jahres ein zwölfwöchiges Training für Hilfsschwestern angeboten. "Für sie war es die erste systematische Ausbildung in diesem Bereich", sagt Meyer. In Zukunft soll die Zusammenarbeit mit Myanmar noch weiter verstärkt werden.

Auch die Arbeit des Fördervereins ist noch lange nicht zu Ende. Alleine den Unterricht an der ganzen Klosterschule zu modernisieren, wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Und dann? Ganz konkrete Pläne gibt es noch nicht, aber eines haben Granz und Krajewski in all den Jahren gelernt: "Es gibt immer noch etwas zu tun."

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