Besser lernen durch eigenes Experimentieren

Saarbrücken · Selbst forschen und Phänomene begreifen, anstatt bloß Formeln zu pauken – das ist das Ziel eines „Grundschullabors für Offenes Experimentieren“. Ein solches Labor gibt es nun an der Saar-Uni – es soll viele Nachahmer im Land finden.

Als die beiden Reformpädagogen eine Tafel erblicken, reagieren sie fast wie zwei Vampire beim Anblick von Knoblauch: Nein, ein solches Relikt sollte auf keinen Fall aufs Foto. Den Professoren Markus Peschel und Hartmut Wedekind schwebt eine andere, natürlichere Art des Lernens vor: ein intuitives Begreifen anstelle des stupiden Auswendiglernens von Formeln. Mit dem Projekt Gofex - die Abkürzung steht für "Grundschullabor für Offenes Experimentieren " - will Peschel im Saarland Lernwerkstätten einrichten, in denen Kinder spielerisch den Zugang zu physikalischen Phänomenen finden. "Wer selbst eine Lösung erarbeitet, versteht Zusammenhänge besser", sagt er. In den Labors finden Kinder alle möglichen Gegenstände aus dem Haushalt wie Strohhalme, Scheren oder Korken, die sich experimentell einsetzen lassen. Nur beim Hantieren mit Feuer und Strom stehen sie unter Aufsicht.

Am Donnerstagabend fand an der Universität des Saarlandes die vorläufige Eröffnung eines solchen Labors statt - vorläufig deswegen, weil das Gofex im Erdgeschoss des Gebäudes 6.4 wohl noch nicht seinen endgültigen Platz gefunden hat.



Um den Anwesenden seine Wunschvorstellung von Lernprozessen zu verdeutlichen, erzählte Hartmut Wedekind von der Alice-Solomon-Hochschule in Berlin Beispiele aus der Praxis. Wie jenes vom gewitzten Jungen, der beim Anblick eines Vakuums in einer Glasglocke meinte, da sei nun "Weltraumluft" drin. Der einstige Fachlehrer für Mathematik und Physik erforscht seit Jahren die Lernprozesse in Lernwerkstätten und ist der Auffassung, dass wirkliches Verstehen beim Lernenden nur dann stattfindet, wenn ein Sachverhalt lange durchdacht wird, hinterfragt wird, Zweifel und Widersprüche abgearbeitet werden, bis am Ende das Gefühl entsteht, von etwas wirklich überzeugt zu sein.

Viele Lehrer schrieben sich zur Naturwissenschaft, insbesondere zur Chemie und zur Physik , nur wenig Kompetenz zu, hat Markus Peschel beobachtet. Zuweilen behaupteten sie, um ein Experiment durchführen zu können, fehle das Material. Oftmals zeige sich dann aber, dass das gar nicht stimme. Er beklagte, dass in den meisten Grundschulen kein physikalisch orientierter Sachunterricht stattfinde.

Judith Lacher, Schulleiterin der Homburger Grundschule Sonnenfeld, räumte ein, dass der Sachunterricht manchmal gerne vernachlässigt werde - an ihrer Schule soll den Schülern aber demnächst ein Gofex-Raum zur Verfügung stehen.

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