Bäderlandschaft in Bewegung

Saarbrücken · Noch wird nur vertraulich diskutiert, doch klar ist: In der saarländischen Bäderlandschaft stehen Änderungen bevor. Die Kommunen sollen sich künftig stärker abstimmen. Es wird wohl auch Schließungen geben.

 Das Quierschieder Hallenbad ist seit 2011 geschlossen. Die Gemeinde und ihr Nachbar Sulzbach haben sich abgestimmt. Foto: Maurer

Das Quierschieder Hallenbad ist seit 2011 geschlossen. Die Gemeinde und ihr Nachbar Sulzbach haben sich abgestimmt. Foto: Maurer

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Im Saarland gibt es 52 Städte und Gemeinden, die insgesamt 61 Schwimmbäder (33 Frei-, 24 Hallen- und vier Kombibäder) unterhalten oder zumindest bezuschussen. Weil viele Kommunen in finanziellen Schwierigkeiten stecken, sind allein seit 2009 sieben Bäder geschlossen worden. Nirgendwo wird die kommunale Selbstverwaltung so deutlich wie bei der Frage, ob sich eine Gemeinde zum Beispiel ein Bad oder eine große Mehrzweckhalle leistet. Das Land hat ihnen hier nicht hereinzureden; eine landesweite Planung gibt es nicht, ebenso wenig ein Schwimmbad-Kataster, das Landessportverband und Industrie- und Handelskammer (IHK) fordern und wohl auch kommen wird.

Weil die Schulden der Kommunen immer stärker steigen und die meisten Bäder beträchtliche Defizite einfahren, steht die Schwimmbad-Landschaft auf dem Prüfstand. Der Ökonom Prof. Martin Junkernheinrich, der für Land und Kommunen an einem Gutachten über die Finanzen der Städte und Gemeinden arbeitet, hat sich auch die Bäderlandschaft im Saarland angesehen. Das Gutachten wird Ende des Jahres präsentiert, bis dahin soll alles, was Junkernheinrich mit den Bürgermeistern erörtert, streng vertraulich bleiben.

Dem Vernehmen nach wird der Professor aus Kaiserslautern in seinem Gutachten jedoch dafür plädieren, den Bedarf an Bädern landesweit zu ermitteln und die Kommunen zu beauftragen, ihre Bäderplanung untereinander abzustimmen. Eine solche Bäderleitplanung würde wohl bedeuten, dass unattraktive und verlustreiche Bäder mittel- und langfristig geschlossen werden. Junkernheinrich hat schon in mehreren Bundesländern die kommunalen Finanzen begutachtet. Nach Vorlage eines Finanzberichts für das Ruhrgebiet im Jahr 2012 zitierte ihn die Deutsche Presse-Agentur mit den Worten: "Wer kein Schuldenwachstum und keine Steuererhöhungen will, der muss akzeptieren, mal auf ein Schwimmbad zu verzichten."

Auch das Innenministerium befürwortet eine landesweite, am Bedarf orientierte Bäderplanung, wie es auf SZ-Anfrage erklärte. Und selbst beim Städte- und Gemeindetag heißt es, die Kommunen könnten sich einer Diskussion über eine Bäderleitplanung nicht entziehen - sie wollten es auch nicht. Fraglich ist, welche Vorgaben das Land machen wird. Es könnte etwa bestimmen, auf wie viele Einwohner ein Bad kommen soll. Über die Frage, welches Bad bei einem Überangebot geschlossen wird, müssten sich dann die Gemeinden untereinander einigen. Es heißt jedoch, einige Bürgermeister wären froh, wenn die Landesregierung ihnen diese unpopuläre Entscheidung abnähme, weil dann der Unmut der Wähler auf das Land gelenkt würde.

Eine solche Reform wäre etwas gänzlich Neues, denn bisher macht bei den Bädern - von wenigen Ausnahmen abgesehen - jede Gemeinde das, was sie für richtig hält. Das Innenministerium hält es für möglich, dass Nachbargemeinden künftig ein Bad gemeinsam betreiben. Oder dass sich Kommunen untereinander abstimmen. So hat etwa Sulzbach das sanierungsbedürftige Freibad geschlossen und das Hallenbad in Stand gesetzt - umgekehrt hat der Nachbar Quierschied das alte Hallenbad geschlossen und das Freibad renoviert.

Die IHK regt eine landesweite Trägergesellschaft an (die SZ berichtete). Über diese ließe sich das Angebot so steuern, "dass es gleichermaßen attraktiv bleibt wie nachhaltig finanzierbar wird", sagte der stellvertretende Hauptgeschäftsführer Heino Klingen. Die IHK beruft sich auf die Sportstättenstatistik aus dem Jahr 2003, nach der die Wasserfläche pro 1000 Einwohner im Saarland fast 64 Prozent über dem Durchschnitt der alten Länder lag. Dieser Befund ist nach Ansicht der IHK trotz mehrerer geschlossener Bäder im Großen und Ganzen immer noch aktuell, unter anderem, weil einige große Bäder in Betrieb genommen worden seien und auch in anderen Ländern Bäder geschlossen worden seien. Eine landesweite Trägergesellschaft wird beim Land jedoch kritisch gesehen: Der Betrieb von Bädern gehöre nun mal zu den Selbstverwaltungsaufgaben der Kommunen.Es ist erstaunlich, dass es immer erst fünf nach zwölf sein muss, damit sich die Politik zu notwendigen Entscheidungen durchringt. Dass sich Kommunen viel besser abstimmen müssen und es in einer dicht besiedelten Region keinen Sinn ergibt, wenn 52 (mehrheitlich hochverschuldete) Kommunen ohne Blick über den Beckenrand ihre Bäder planen und betreiben, sagt einem eigentlich der gesunde Menschenverstand. Deshalb sollten jetzt alle Beteiligten - Land, Kommunen und Schwimmverbände - an einen Tisch und in aller Ruhe nach einer vernünftigen Lösung suchen.

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