Bäder-Pläne werden konkreter
Saarbrücken · Bis Sommer 2016 sollte das Bäderkonzept der Landesregierung vorlegen. Es wird sich wohl bis Herbst verzögern, aber einige Inhalte sind bereits durchgesickert. So könnte sich das Land künftig stärker engagieren.
Im saarländischen Innenministerium zerbrechen sich die Landesplaner seit Monaten den Kopf über eine Frage, für die sie gar nicht zuständig sind. Bau und Betrieb von Schwimmbädern sind eine klassische Selbstverwaltungsaufgabe der Städte und Gemeinden. Weil die Kommunen aber extrem verschuldet sind und die Bäder mit zu den hohen Defiziten beitragen, hatte Professor Martin Junkernheinrich in seinem Gutachten zur Finanzsituation der Saar-Kommunen 2015 eine landesweite Angebots- und Bedarfsanalyse vorgeschlagen, die in einen Bäderentwicklungsplan münden soll. Seitdem sind die Fachleute des Innenministeriums dabei, Fakten zusammenzutragen und Folgerungen daraus abzuleiten. Unterstützt werden sie in einer Arbeitsgruppe vom Bildungs-, Wirtschafts- und Sozialministerium sowie von den kommunalen Spitzenverbänden.
Bis Sommer 2016 sollte dieses Bäderkonzept vorlegen. Nun wird es sich bis Herbst verzögern. "Es hat einige Monate gedauert, bis wir alle Zahlen hatten", sagt Innenminister Klaus Bouillon . Einige Inhalte zeichnen sich bereits ab:
Bestandsaufnahme: Im Saarland gibt es 39 Hallenbäder (davon neun Lehrschwimmbecken) und 38 Freibäder . Im Jahr 2003 gab es laut Sportstättenstatistik noch 62 Hallenbäder und 44 Freibäder . Die Bürgermeister wollen die verbliebenen Bäder erhalten, die Schwimmsport treibenden Verbände wie die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft (DLRG) und der Schwimmbund ohnehin. Junkernheinrichs Befund, dass das Saarland im Vergleich zu Bayern, Berlin, dem Ruhrgebiet und Brandenburg - bezogen auf die Einwohnerzahl - zu viele Bäder hat, wird inzwischen im Innenministerium methodisch angezweifelt: Der Gutachter habe vergessen, dass es etwa in NRW große Badeseen gebe, die Wasserfläche dort sei damit deutlich größer, so Bouillon .
Künftiger Bedarf: Die Bäder im Saarland werden von den Autoren des Bäderkonzepts als wichtiger Bestandteil des Sport-, Freizeit- und Gesundheitsangebots und als bedeutender Standortfaktor betrachtet. Auch die wichtige Gemeinwohl-Funktion der Bäder wird hervorgehoben. Die Autoren gehen nach SZ-Informationen nicht davon aus, dass der Bevölkerungsrückgang mittelfristig zu einem deutlichen Rückgang der Nachfrage nach Bädern führen wird - weder bei den Schulklassen noch bei den Vereinen oder denjenigen, die in der Freizeit oder aus Gesundheitsgründen schwimmen gehen.
Aktuelle Kosten: Die Einnahmen der Schwimmbäder decken nur zum Teil die Ausgaben für Technik, Betrieb und Personal. Innenminister Bouillon nennt die Kostendeckungsgrade der saarländischen Bäder "erschütternd", bei einigen liege er nur zwischen 10 und 15 Prozent. Finanzgutachter Junkernheinrich hatte die Bäderkosten der Saar-Kommunen bei einem geschätzten (optimistischen) Kostendeckungsgrad von 50 Prozent auf jährlich 25 Millionen Euro geschätzt. Damit würden die Bäder rund 16 Prozent des strukturellen Defizits der Kommunen (160 Millionen) ausmachen.
Schwimmunterricht: Laut Bildungsministerium findet an 84 Prozent der Grundschulen regelmäßiger Schwimmunterricht statt. An den restlichen Grundschulen gibt es unter anderem deshalb keinen Schwimm unterricht, weil die Entfernung zum nächsten Bad weit ist und für den eigentlichen Unterricht im Wasser dann kaum noch Zeit bliebe. Dies ist vor allem in ländlichen Gebieten der Fall. Ein Befund des Bäderkonzepts wird laut Bouillon daher sein, dass es zu wenige Lehrschwimmbecken gibt: "Es kann sein, dass wir vorschlagen, dass an der einen oder anderen Stelle ein Lehrschwimmbecken gebaut werden muss, damit die Kinder schwimmen lernen."
Schließungen: Das Bäderkonzept wird laut Bouillon eine Analyse enthalten, "wie viele Bäder wir aus unserer Sicht nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten brauchen". Für bestimmte Regionen des Landes, für die sich ein Überangebot ergibt, sollen Vorschläge zur Schließung gemacht werden. "Wer glaubt, dass wir sagen, wer wo ein Bad zumacht, der irrt sich aber kräftig", sagt Bouillon . "Das müssen die Bürgermeister untereinander selbst ausmachen." Der Innenminister sei dafür nicht zuständig.
Künftige Finanzierung: Die Finanzierung des laufenden Betriebs der Bäder könnte auf eine breitere Basis gestellt werden, indem sich auch Kommunen beteiligen, die kein eigenes Bad unterhalten. Deren Bürger nutzen schließlich die Bäder benachbarter Kommunen. Es geht also um eine Umverteilung der Kosten. Hier wird über regionale Zweckverbände nachgedacht. Ob die Bürgermeister der Kommunen ohne Bad mitmachen, ist fraglich. Die CDU-Bürgermeister im Land schlagen vor, dass sich die Landkreise künftig an den Kosten des laufenden Betriebs "angemessen" beteiligen. Konkret geplant ist dies im Kreis St. Wendel, wo ein Kreisbäderkonzept in der Mache ist.
Sanierung: Viele Bäder sind in den 60er und 70er Jahren gebaut worden, entsprechend groß ist der Sanierungsstau, gerade bei der energetischen Erneuerung. Die kommunale Schuldenbremse verhindert aber oft drängende Investitionen. Die CDU-Bürgermeister fordern deshalb, dass das Land seine restriktive Haltung bei der Bezuschussung von Bäder-Investitionen überdenken soll. Hier scheint Bouillon offen zu sein. Er hat einen Sonderfonds zur Sanierung ins Gespräch gebracht. "Da sind wir aber noch nicht so weit", sagt Bouillon .