Autoverkehr soll Mitte Mai wieder rollen

Saarbrücken · Das Eigengewicht der Fechinger Talbrücke wird reduziert, so soll sie wieder für Autos befahrbar sein. Bis vor kurzem hatten Gutachter diese Methode noch als zu unsicher ausgeschlossen. Doch inzwischen kommen sie zu einem anderen Schluss.

 Die Trassenfindung für den Neubau ist nicht einfach: Im Bild vor der Brücke liegt eine Tankstelle, dahinter ein Friedhof. Foto: B&B

Die Trassenfindung für den Neubau ist nicht einfach: Im Bild vor der Brücke liegt eine Tankstelle, dahinter ein Friedhof. Foto: B&B

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Die Fechinger Talbrücke soll Mitte Mai wieder für Autos geöffnet werden. Das gab Saar-Verkehrsministerin Anke Rehlinger (SPD ) gestern nach einer Sitzung der "Task Force Brücken " bekannt. Die endgültige Entscheidung darüber fällt erst in einer Woche, wenn die Statik der restlichen neun Pfeiler berechnet worden ist. Bislang wurde nur auf Basis der höchsten und am stärksten belasteten Stütze kalkuliert.

Geplant ist, den Asphalt der A 6-Brücke abzufräsen und die Mittelkappen zu entfernen. Gestern wurde mit den Arbeiten begonnen. Werner Nauerz, stellvertretender Direktor des Landesbetriebs für Straßenbau (LfS), schätzt, dass das Gewicht der Brücke damit um 1600 Tonnen reduziert wird. Autos sollen dann, bei einem Tempolimit von 60 Stundenkilometern, wieder darüber fahren können - ob auf zwei oder vier Spuren, entscheidet sich nach weiteren Berechnungen, die bis Mitte April abgeschlossen sein sollen. Schranken- und Wiegeeinrichtungen an den Ausfahrten St. Ingbert-West und Fechingen sollen verhindern, dass zu schwere Fahrzeuge auf die Brücke gelangen. Bis zu welchem Gewicht sie passieren dürfen, wird derzeit noch geprüft. Parallel werden bis Ende des Jahres die Pfeiler der Brücke verstärkt, damit dann auch Lkw (bei einer Geschwindigkeitsbegrenzung von 80 km/h) wieder darüber rollen können.

Die Planungen für den voraussichtlich acht Jahre dauernden Neubau befinden sich noch im Anfangsstadium. "Wir sind derzeit bei der Trassenfindung", sagte Nauerz. Diese sei nicht einfach, weil auf der einen Seite der Brücke eine Tankstelle liegt, auf der anderen ein Friedhof.

In einem Gutachten des Ingenieurbüros Verheyen von Dezember hatte es noch geheißen, dass die Reduzierung des Eigengewichts der Brücke nicht ausreichen würde, um das "erforderliche Sicherheitsniveau" zu erreichen. Inzwischen sind die Experten zu einem anderen Schluss gekommen. Die Berechnung der Statik sei ein kompliziertes, langwieriges Verfahren, sagte Gutachter Martin Hofmann gestern. Damals seien noch nicht alle Bauteile der Brücke berechnet worden. "Wir arbeiten alle Teile sukzessive ab. Unser Erkenntnisstand wird von Tag zu Tag besser." Weitergehende, detailliertere Rechnungen hätten nun ergeben, dass die Maßnahmen doch genügten. Rehlinger betonte: "Sicherheit hat Vorrang." Die Brücke werde nicht geöffnet, solange dies nicht verantwortbar sei.

Die Brücke war am Gründonnerstag gesperrt worden, nachdem zwei Gutachten - unter anderem vom Ingenieurbüro Verheyen - gezeigt hatten, dass sie akut einsturzgefährdet ist. Die Ingenieure hatten festgestellt, dass die Stahlpfeiler des Bauwerks, die innen hohl und an der dünnsten Stelle nur zehn Millimeter dick sind, der Belastung nicht standhalten. Einzelne Elemente könnten ausbeulen und knicken - "ähnlich wie bei einer Coladose, auf die man sich draufstellt", so Hofmann. Dieser "Versagensfall" sei in den 60er Jahren, als die Brücke gebaut wurde, noch nicht berücksichtigt worden, weil er nicht bekannt war.

Erst 1978 wurde in einer Richtlinie festgelegt, dass das "knickstabähnliche Verhalten" beim Bau von Brücken berücksichtigt werden muss. Handlungsbedarf für die Fechinger Talbrücke sah man damals aber trotzdem nicht, weil, wie Nauerz vom LfS sagt, das Problem, dass Material sich bei großer Belastung ausbeulen kann, immer nur bei Überbauten von Brücken aufgetreten war. An die Pfeiler hatte offenbar keiner gedacht. Erst 2010 erstellte der Bund, der für die Autobahnbrücken zuständig ist, eine Liste mit Bauten, die überprüft werden sollten. "Es bleibt in der Tat die Frage, warum zwischen 1978 und 2010 niemand die Notwendigkeit gesehen hat, eine Überprüfung anzugehen", sagte Ministerin Rehlinger. Auf mögliche Versäumnisse des LfS angesprochen, sagte Rehlinger, man werde sich die Abläufe in dem Landesbetrieb "noch einmal genau ansehen", betonte aber, es gebe keinen "Sonderfall Saarland". Der Bund habe bis 2010 schlichtweg keine Vorgaben gemacht, die Statik nachzurechnen.

Der Verkehr wird derweil weiter umgeleitet. Am Autobahndreieck Saarlouis stehen laut Nauerz bereits Umleitungsschilder, bis Mittwoch sollen sie auch am Dreieck Neunkirchen aufgestellt sein. Mit einer Internetplattform will das Ministerium die Saarländer über den aktuellen Stand der Bauarbeiten auf dem Laufenden halten. Rehlinger brachte zudem "unkonventionelle Kommunikationsmöglichkeiten" ins Gespräch, um Lkw-Fahrer über die Sperrung zu informieren: So könnten etwa auf grenznahen Rastplätzen Handzettel verteilt werden.

Um Pendlern den Umstieg auf den ÖPNV schmackhaft zu machen, führt der Saar-VV einen Sondertarif ("Schnupper-Abo") ein, der 17 bis 39 Prozent günstiger als ein Monatsticket ist und bis zur Aufhebung der Brückensperrung wieder gekündigt werden kann. Alle Teilnehmer erhalten zudem ein kostenloses "Baustellenticket", das bis Ende April saarlandweit gilt. Infos unter www.saarvv.de .

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Auf einen BlickAuf der Umleitungsstrecke entlang des Flughafens Ensheim ist gestern erneut ein Lastwagen verunglückt. Der Fahrer wollte bei Heckendalheim einem entgegenkommenden Gespann ausweichen und geriet in den Grünstreifen. Der Laster und sein Hänger kippten in den Acker, der Fahrer blieb unverletzt. Die Bergung wurde in die Abendstunden verlegt, um den Berufsverkehr nicht zu beeinträchtigen. Dazu wurde die Strecke voll gesperrt. Am Wochenende hatte der Landesbetrieb für Straßenbau an einigen Stellen den Randstreifen verstärkt und Schotter aufgeschüttet. Bei beiden Unfällen war der unbefestigte Randstreifen den schweren Fahrzeugen zum Verhängnis geworden. bub

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