Ausflug zu den Anfängen der Neuen Musik

Saarbrücken. Die zweite Aufführung fand vor geladenen Gästen statt. Auf den Eintrittskarten war zu lesen, dass ihr Besitz nur zum ruhigen Zuhören, nicht aber zu Meinungsäußerungen wie Applaus oder Zischen berechtige. Aus gutem Grund. Hatte die Premiere von Arnold Schönbergs 2. Streichquartett doch einen Tumult hervorgerufen: Gelächter, Pfiffe und Zischen

Saarbrücken. Die zweite Aufführung fand vor geladenen Gästen statt. Auf den Eintrittskarten war zu lesen, dass ihr Besitz nur zum ruhigen Zuhören, nicht aber zu Meinungsäußerungen wie Applaus oder Zischen berechtige. Aus gutem Grund. Hatte die Premiere von Arnold Schönbergs 2. Streichquartett doch einen Tumult hervorgerufen: Gelächter, Pfiffe und Zischen. Dieser denkwürdige Skandal aus dem Wien des Dezembers 1908 markiert den Beginn der Neuen Musik. "Ich fühle Luft von anderem Planeten" heißt es nun am Donnerstag, 20. August, ab 20 Uhr auf dem Theaterschiff Maria Helena bei der Saarbrücker Sommermusik. Der Satz stammt vom Dichter Stefan George, in dessen Traumwelten Schönberg mit seinem 2. Streichquartett eintauchte, indem er hier Georges Gedichte "Litanei" und "Entrückung" vertonte. Musikalisch war der andere Planet für Schönberg die Auflösung der Tonalität in Atonalität und der Übergang zur expressionistischen Periode. Durch die Beteiligung einer Singstimme durchbrach der Pionier zudem die Besetzungsnorm des Streichquartetts. Bei der Sommermusik wird die Sopranistin Vera Völker von Streichern der Deutschen Radio Philharmonie begleitet, von Götz Hartmann, Rosemarie Keller (Violine), Monika Bagdonaite (Viola) und Elisabeth Woll (Cello). Dem literarischen Schwerpunkt des Festivals entsprechend, dreht sich der zweite Programmteil auf dem Theaterschiff um Franz Kafka. Bei György Kurtágs 1987 fertig gestelltem Zyklus "Kafka-Fragmente" wird Vera Völker Textfragmente aus Briefen und Tagebüchern Kafkas singen; Götz Hartmann wird in die Violinsaiten greifen. Kurtág gilt neben Ligeti als bedeutendster ungarischer Komponist nach 1945. Seine knapp einstündigen Kafka-Fragmente verheißen knisternde Spannung: Ausdrucksintensiv lassen sie die Stimme zum unmittelbaren Sprachrohr der Seele werden; vom Geiger wird Klangfarbenreichtum mit modernen Spieltechniken gefordert. uhr Sommermusik am Donnerstag, 20. August, 20 Uhr auf dem Theaterschiff Maria Helena bei der Alten Brücke. Eintritt frei.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort