Aus für Unabhängige Patientenberatung?

Saarbrücken/Berlin · Die Entscheidung der Krankenkassen und der Bundesregierung, die Unabhängige Patientenberatung an eine Privat-Firma zu vergeben, ist wohl das Aus des UPD-Büros in Saarbrücken. Die Empörung ist groß.

 Saar-UPD-Experten vor ungewisser Zukunft: Ärztin Dr. Andrea Gholami und Jurist Martin Nicolay an ihrem Arbeitsplatz. Hinten Jürgen Zimper (l.), Verbraucherzentrale Saarland, und Peter Springborn, VdK Saar. Foto: Becker&Bredel

Saar-UPD-Experten vor ungewisser Zukunft: Ärztin Dr. Andrea Gholami und Jurist Martin Nicolay an ihrem Arbeitsplatz. Hinten Jürgen Zimper (l.), Verbraucherzentrale Saarland, und Peter Springborn, VdK Saar. Foto: Becker&Bredel

Foto: Becker&Bredel

Die Unabhängige Patientenberatung (UPD) im Saarland mit ihrem Büro in der Dudweiler Straße in Saarbrücken steht auf der Kippe. Wie die UPD-Träger, der Sozialverband VdK und die Saar-Verbraucherzentrale gestern mitteilten, haben sie auf ihre Bewerbung, die UPD auch ab 2016 zu organisieren, eine Absage des Spitzenverbands der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) und des Bundespatientenbeauftragten Karl-Josef Laumann (CDU ) erhalten. VdK-Saar-Geschäftsführer Peter Springborn sagte der SZ, was das für die vier Saarbrücker UPD-Beschäftigten bedeutet: "Deren Zeitverträge laufen aus. Wenn der neue Anbieter sie nicht übernimmt, werden sie arbeitslos." Laut SZ-Informationen haben der GKV-Spitzenverband und die Bundesregierung die UPD in Deutschland ab 2016 an die Sanvartis GmbH in Duisburg vergeben, die zur Düsseldorfer Vendus-Gruppe gehört. Vendus ist nach eigenen Angaben "der größte Unternehmensverbund im Bereich Gesundheitskommunikation in Deutschland". Hintergrund der Vergabe ist nach Experten-Angaben die Tatsache, dass die an die UPD gerichteten Patientenbeschwerden zur Hälfte gegen die Kassen selbst gerichtet sind, wenn es etwa um ausbleibende Krankengeldzahlungen geht. In der Ausschreibung hatten GKV und Laumann die persönliche Beratung im Büro zugunsten einer Telefonauskunft stark eingeschränkt. Sanvartis arbeitet auch für die AOK : Für Kritiker ein Beleg dafür, dass die Unabhängigkeit ab 2016 zu Ende geht. Saar-Ärztekammer-Präsident Josef Mischo sagte, die Vergabe sei "nicht im Sinne der Patienten im Saarland". Eine wohnortnahe und neutrale Beratung sei erforderlich. Der Manager der Verbraucherzentrale, Jürgen Zimper, kritisierte, dass eine bewährte Struktur mit sehr hohen Qualitätsstandards zerschlagen werde. Grünen-Landtagsfraktionsvize Klaus Kessler sagte, es sei entscheidend, dass Patienten Ansprechpartner hätten, die mit der regionalen Ärzteschaft vertraut seien. Nur Saar-Gesundheitsministerin Monika Bachmann (CDU ) lobte die Vergabe. Die Landesregierung bezweifele nicht, dass der neue Träger die für die Patienten notwendige Beratung leisten werde, sagte Bachmann auf SZ-Anfrage.

Meinung:Patienten ohne Lobby

Von SZ-Redakteur Dietmar Klostermann

Im Haifischbecken der Gesundheitswirtschaft ist die Unabhängige Patientenberatung (UPD), die im Saarland seit 2000 jährlich tausenden Menschen half, ein kleiner Fisch. Doch auch dieses Fischchen hat zu sehr am UPD-Geldgeber, den Krankenkassen, geknabbert. Also kamen Kassen und Bundesregierung auf die Idee, zwar die Mittel für die UPD zu erhöhen, die Beratung aber an ein kassennahes Callcenter abzugeben. Bei vielen Patienten lösen aber Anrufe in Callcentern Allergien aus. Ob die Hilfe ab 2016 noch die bewährte Qualität hat, ist zu bezweifeln. Der Bund müsste die UPD finanzieren, um die Unabhängigkeit zu sichern. Nur: Dafür gibt es keine Lobby, die in Berlin Klinken putzt.

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