Auf der Suche nach Knödeln und Knollen

Freisen · Mit Spitzhacke, Spaten und Schaufen haben 30 Mineraliensammler bis zu einer Tiefe von zwei Metern die Erde auf dem Freisener Mühlenberg ausgehoben. Bei der vierten Schürfaktion war das sogenannte Steinvolk auf der Suche nach den in der Szene so beliebten Mühlenberg-Achaten.

Die Ackerfläche auf dem Freisener Mühlenberg genießt unter den Hobbysammlern einen legendären Ruf. Achate sowie Drusen mit Goethit, Hämatit und Calcit in einer hervorragenden Qualität sind dort bereits gefunden worden. Nach einjähriger Pause gab die Gemeinde und der Mineralienverein Freisen (MVF) mit der vierten Schürfaktion dem Steinvolk nun wieder die Gelegenheit, den Acker nach Knollen und Knödeln zu durchsuchen. "Eine Garantie, dass man was findet, gibt es nicht. Als Verein kannst du nur die Infrastruktur organisieren", erklärte der MVF-Vorsitzende Reiner-Maria Schäfer. Der Wormser-Stammbuddler Peter Jaeckel entgegnete ihm flachsend: "Du bist doch von Beruf Ingenieur. Warum hast Du noch keinen Detektor erfunden, der auf Kieselsäure sofort reagiert und anschlägt". Die mit 75 Jahren älteste Schürferin, Erika Nohe aus Hockenheim, ließ es ruhig angehen. "Ich mache das erste Mal mit. Wenn ich ein paar Kleinigkeiten als Belegexemplar finden sollte, wäre ich schon zufrieden", sagte die Seniorin. Dann wurde Jaekel fündig. Im Erdhaufen erspähte er einen Knödel. "Auf den ersten Blick denke ich, es ist ein Achat-Ei, so wie es sich für Freisen gehört", meinte er.

Gegenüber von ihm ist die Oppenheimer Familie Rot im Einsatz, ihren wurde Claim eins zugelost. "Was ist das denn?", hob Peter Rot ein Fundstück in die Höhe. Was hatte das vierköpfige Grabungsteam bei ihrer Debüt-Schürfaktion da entdeckt?. Experte Schäfer eilte herbei und begutachtete die Knolle. "Es ist ein sogenannter Festungsachat. Ein achatummanteltes Quarz-Ei", stellte Schäfer nach seiner Prüfung fest. Weitere MVF-Mitglieder boten dem strahlenden Finder Rot an, sein Fundstück im Mineralienmuseum fachgerecht in zwei Teile zu zerschneiden und optisch aufzubereiten. "Das ist ganz toll", bedankte sich Silke Rot. Über die Internetseite habe man von der Schürfaktion und der Mineralienbörse erfahren und sich angemeldet. "Wir wollten einen Termin im Fitness-Studio sparen", scherzte Silke Rot. Doch die Knochenarbeit sei für die Familie ein schönes Gemeinschaftserlebnis.

Der Münchener Klaus-Peter Hoffmann hat die Schürfaktion mit einem Kurzurlaub in Freisen verbunden. "Ich habe schon in Vorträgen über Freisener Achate referiert, jetzt wollte ich mich auch selbst auf die Suche machen", erzählte Hoffmann. Im Wechsel hatten Thomas Brezinova und Max Theis bereits ein zwei Meter tiefes Erdloch ausgeschaufelt. "Umso erschreckender, dass bislang noch nix drin war", so Brezinova, der unzählige, mit Erde gefüllte Eimer kontrolliert und zu einem Hügel aufgeschüttet hat.

Ganz wichtig ist für alle Schürfer, dass die Gleichgesinnten gemeinsam einen interessanten Tag erleben. "Zwischendrin wird gefachsimpelt, Erfahrungen ausgetauscht, und dadurch bekommt man Tipps und neue Anregungen", freute sich Hoffmann. Am Sonntag sahen sich die 30 Schürfer auf der Mineralienbörse in Freisen wieder, entweder als Aussteller oder als Besucher. In die Welt der Achate sind die rund 1000 Besucher der Mineralienbörse am Sonntag in der Bruchwaldhalle eingetaucht. 60 Aussteller aus Deutschland, Österreich, Holland und erstmals sogar England zeigten und verkauften ihre Angebot rund um die Steine, wobei nicht nur der Achat, sondern alle Arten von Mineralien auf den liebevoll gestalteten Tischen der Aussteller zu finden waren. Dabei überzeugte die Börse vor allem durch ihr breites Angebot. Denn neben zahlreichen Ständen mit naturbelassenen Steinen, konnten Amethyst, Granat und Co. in allen erdenklichen Formen erworben werden. Egal ob als Schmuck, Tierfigürchen oder sogar als Korken für Weinflaschen, die unterschiedlichen Aussteller hielten für jeden Geschmack etwas bereit.

Star der Börse war der Achat, dem die Mitglieder des Mineralienvereins Freisen ihre Veranstaltung gewidmet hatten. Grund dafür waren neueste Funde, die in einer integrierten Sonderschau gezeigt wurden. An den Fundamenten der neu gebauten Windkraftanlage auf der Freisener Höhe hatte man besondere Achate gefunden. Vornehmlich tiefrot gefärbt, beeindruckten die Steine durch ihre flammenartigen Strukturen, die, so der Vorsitzende des Mineralienvereins Rainer Maria Schäfer, auf einen gewissen Eisengehalt zurückzuführen seien. Prunkstück der Sammlung: Ein roter Achat mit einem violetten, herzförmigen Zentrum und drei schwarzen Sphärolithen in der Randzone. Dass solche Funde nicht selbstverständlich sind, erklärt Holger Schröck, Mitglied des Mineralienvereins und selbst Achatsammler. "Achate zu finden, ist oft Glückssache", erzählt der Aussteller. "Man geht über so eine Börse und sieht jede Menge, aber so einfach sind Achate gar nicht zu finden." Und auch wenn Freisen eine der achatreichsten Regionen weltweit ist, so kommt es doch immer wieder vor, dass Schröck und seine Kollegen losziehen und am Ende eines langen Tages mit leeren Händen zurückkommen.

Neben der Achatschau trugen noch zwei weitere Sonderausstellungen zur Unterhaltung der Börsenbesucher bei. Zum einen weihte Glasbläser Torsten Krüger in die Kunst des Glasblasens ein und fertigte an Ort und Stelle mehrere Kunstwerke an. Wer sich traute, durfte sich auch selbst einmal an der 1400 Grad heißen Flamme versuchen. Zum anderen forderte Werner Link die Vorstellungskraft der Besucher mit seiner Sonderschau "Bilder in Bergkristallen" auf. Wer sich die Zeit nahm, konnte unter Anleitung Links in den Steinen alle möglichen Dinge entdecken, angefangen bei Pferden und Hunden bis hin zu Dschingis Khan und Queen Elizabeth.

Neben dem Erfolg der Börse selbst war für den Mineralienverein eines aber besonders erfreulich: Während der Ausstellung konnten sich Landrat Udo Recktenwald, (CDU) Freisens Bürgermeister Karl-Josef Scheer (SPD) und Martin Schupp, Präsident des Fördervereins deutsche Edelsteinstraße auf eine engere Zusammenarbeit bei der Bewerbung der Edelsteinregion Saar-Nahe einigen. "Wir möchten unser Alleinstellungsmerkmal als Achatregion stärker ausnutzen und die Region so touristisch weiter voranbringen", erzählt Rainer Maria Schäfer. Dadurch würde sich Freisen mit Idar-Oberstein oder auch Langweiler stärker verbinden und für Touristen noch attraktiver werden. "Jetzt laufen zunächst mal erste Sondierungsgespräche, die dann später mit konkreten Maßnahmen zur Bewerbung unserer Region abgeschlossen werden sollen", so Schäfer.

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