"Arkaden heller und aufgeräumt"Pavillons und Zelte sind tabu

Saarbrücken. "Mehr Platz zum Flanieren", "harmonischere Farben" und die "Aufwertung des öffentlichen Raumes": Das waren einige der Ziele der Gestaltungssatzung für den St. Johanner Markt und die Bahnhofstraße. Von Anfang an gab es Proteste von Einzelhändlern

Saarbrücken. "Mehr Platz zum Flanieren", "harmonischere Farben" und die "Aufwertung des öffentlichen Raumes": Das waren einige der Ziele der Gestaltungssatzung für den St. Johanner Markt und die Bahnhofstraße. Von Anfang an gab es Proteste von Einzelhändlern. Sie befürchteten weniger Umsatz, sobald die Waren nur noch drinnen stehen durften, weil Kleiderständer vor den Geschäften untersagt waren. Auch die Gastronomen waren skeptisch, mussten doch viele von ihnen neue Stühle, Tische und Schirme für draußen kaufen.

"Händler profitieren"

Doch drei Jahre später sagt Max Schoenberg, Vorsitzender des Vereins für Handel und Gewerbe: "Die Gestaltungssatzung hat den Handel und die Stadt einen großen Schritt weitergebracht. Die Schaufenster sind frei und schöner dekoriert, es ist unter den Arkaden heller geworden und aufgeräumter." Auch die Zusammenarbeit zwischen Händlern, Wirten und der Stadtverwaltung bewertet er sehr positiv. Und die Umsatzeinbußen? "Die haben sich nicht bestätigt", meint Max Schoenberg. Im Gegenteil: "Die Händler profitieren, weil Kunden nun eher in den Laden kommen."

Auf dem St. Johanner Markt genießen die Menschen nun einen Kaffee auf Stühlen aus hellbraunem Rattan oder silbernem Metall. Die Tische sind aus Metall oder dunklem Holz. Weiße, beige oder weinrote Schirme spenden Sonnen- oder Regenschutz. Vor drei Jahren hat der Stadtrat die neue Gestaltungssatzung beschlossen. Einige Händler sind mit ihr bis heute nicht glücklich. Zum Beispiel Alexander Karla, Inhaber des Schreibwarenladens "Papier&Feder" in der Futterstraße. Dort sind Warenauslagen zwar noch erlaubt, er darf aber nur noch vier statt sechs Grußkartenständer aufstellen. "Ich habe an Umsatz eingebüßt", sagt er. "Die Kunden möchten draußen stöbern, so wie jetzt ist das zu steril." Johannes Bauer, Leiter der Buchhandlung Thalia, schließt sich Karla an. "Die Gestaltungssatzung ist ein Hindernis für den Handel", sagt er. "Waren vor den Geschäften gehören zum Erscheinungsbild einer Einkaufsstraße dazu."

Auch die Meinung der Gastwirte ist eher verhalten. "Man hat sich mit der Gestaltungssatzung arrangiert", sagt Frank Hohrath, Geschäftsführer des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (Dehoga) im Saarland. "Begeistert waren die Wirte bei der Einführung aber nicht." Denn vor allem neue Schirme seien nicht billig. Hohraths Fazit: "Vorher war zwar alles etwas bunter, insgesamt ist das Stadtbild jedoch aufgewertet worden." Catalina Ionela hingegen wünscht sich die bunten Stühle und Schirme zurück. Die Inhaberin der Kneipe "Tante Maja" am St. Johanner Markt findet, dass dieser zu "schicki-micki" geworden sei. "Es kommt nur noch ein bestimmtes Publikum hier hin", meint sie. "Vor allem alternative Leute gehen nun eher ins Nauwieser Viertel."

Dezernentin für Harmonie

Die Gestaltungssatzung schreibe keinem Wirt vor, sich teuer aussehende Möbel anzuschaffen, hält Baudezernentin Rena Wandel-Hoefer dagegen: "Es soll nur insgesamt harmonisch sein." Denn der St. Johanner Markt sei ein "denkmalgeschütztes Gesamtensemble". Wandel-Hoefer: "Wenn aber vor den denkmalgeschützten Gebäuden alles ganz beliebig ist, brauchen wir auch keinen Denkmalschutz." Von einer "Vereinheitlichung" könne nicht die Rede sein. "Für Möbel und Schirme stehe eine Farbpalette zur Verfügung. Dort finden sich auch grüne, rote und blaue Töne." Auch mit der aufgeräumten Bahnhofstraße ist die Baudezernentin zufrieden. In Einzelfällen, wie mit Alexander Karlas Postkartenständern, habe die Verwaltung Sonderlösungen gefunden, ansonsten sei die Rückmeldung der Händler positiv. Wandel-Hoefers Fazit: "Es hat sich gelohnt."

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Saarbrücken. 2010 verabschiedete der Stadtrat die "Leitlinien zur Gestaltung der gewerblichen Aktivitäten" für den Kernbereich der Innenstadt. Diese Satzung verbietet es, in der Reichs- und Bahnhofstraße bis zur Gerberstraße Artikel vor den Geschäften zu präsentieren. Werbetafeln müssen - außer bei der Gastronomie - nahe an der Hauswand stehen. Stühle und Tische vor Restaurants und Kneipen müssen einer von der Stadt vorgegebenen Farbpalette folgen. Schutz vor Sonne und Regen bieten Markisen und Schirme, Pavillons und Zelte sind nicht mehr erlaubt. Werbungen oder Logos auf den Schirmen müssen deutlich kleiner sein als zuvor. Podeste oder Kunstrasen als Untergrund sind nun verboten, Abgrenzungen wie Palisaden oder Windschutz zum größten Teil auch. Auch in anderen saarländischen Städten gibt es Gestaltungsvorschriften für bestimmte Gebiete. In der Altstadt von Saarlouis sind beispielsweise "elektronische Werbeanlagen" wie Leuchtreklamen an den Gebäuden nicht erlaubt, ebenso im historischen Stadtkern von Homburg. In den "Örtlichen Bauvorschriften" wird für die Homburger Altstadt zum Beispiel festgelegt, dass Markisen farblich zu den Fassaden passen müssen. pal

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