Angst vor einer Radikal-Sanierung

Saarbrücken. Vor dem Bauzaun in der Reichsstraße stehen die Passanten und recken die Hälse. Einige klettern an den Laternen hoch, um Fotos zu schießen. "Warum reißen die denn jetzt die halbe Bergwerksdirektion ab? Ich denk', die bleibt stehen", fragt eine Frau ihren Nebenmann verwundert. "Das nenn' ich Radikalsanierung", meint ein anderer sarkastisch

 Vorher - Nachher: Ein gutes Stück aus der Fassade des Bergwerksdirektionsgebäudes ist herausgebrochen worden. Fotos: sbu

Vorher - Nachher: Ein gutes Stück aus der Fassade des Bergwerksdirektionsgebäudes ist herausgebrochen worden. Fotos: sbu

Saarbrücken. Vor dem Bauzaun in der Reichsstraße stehen die Passanten und recken die Hälse. Einige klettern an den Laternen hoch, um Fotos zu schießen. "Warum reißen die denn jetzt die halbe Bergwerksdirektion ab? Ich denk', die bleibt stehen", fragt eine Frau ihren Nebenmann verwundert. "Das nenn' ich Radikalsanierung", meint ein anderer sarkastisch. Ratloses Kopfschütteln allenthalben.

Kaum einen, der zwischen Bahnhof und Bahnhofstraße unterwegs ist, lässt das Treiben auf der Baustelle des neuen Einkaufszentrums kalt. Dort haben schwere Bagger vergangene Woche einen Seiten-Flügel der Bergwerksdirektion, der von der Trierer Straße in den Innenhof ragte, abgerissen. An der bisherigen Saar-Galerie wurde der südliche Trakt neben dem Haupteingang an der Reichsstraße bis weit in das Gelände hinein abgerissen.

Vor allem die Abbruchmaßnahme an der denkmalgeschützten Bergwerksdirektion hat viele SZ-Leser empört. Stadtpressesprecher Thomas Blug hatte am Freitag auf Anfrage der SZ erklärt, der Abbruch sei vom Landesdenkmalamt genehmigt. "Der Denkmalschutz war hier auf der Baustelle und hat alles mit uns abgestimmt", versichert auch Christian Marx, der als stellvertretender Projektleiter für die ECE die Bauarbeiten vor Ort koordiniert.

Der Seiten-Flügel des Gropius-Baus musste weichen, weil die beiden Einfahrten daneben Teil des künftigen Innenhofs werden. Die Bergwerksdirektion wird hier an der Trierer Straße mit der Saargalerie baulich verbunden. Der bisherige Hintereingang der Saar-Galerie wird weiter Richtung Trierer Straße verschoben und später gegenüber Elektro-Conrad liegen. Auch der Saar-Galerie-Trakt an der Reichsstraße musste fallen, um hier eine bessere Verbindung zwischen Galerie und Bergwerksdirektion zu ermöglichen.

Mehr werde vom Außenmauerwerk der beiden Gebäude aber nicht abgerissen, erklärt Marx. Jetzt gehe man daran, den Innenbereich der Bergwerksdirektion wie geplant zu entkernen. "Wir bauen in den nächsten Wochen die Stahlkonstruktion drumherum weiter auf, damit halten wir die Außenwände." Dann kommen die Decken und die Innenwände raus und werden in neuen Shopping-Mall-gerechten Dimensionen wieder aufgebaut.

Ausgenommen sind der denkmalgeschützte zentrale Eingangsbereich mit der gusseisernen Treppe, der Fliesenfußboden und der Festsaal. Ein Statiker aus Bremen hat laut Marx vergangene Woche geprüft, ob die Tragkraft der Treppe für den Warengeschäftsausbau ausreichend ist. Das Ergebnis fiel positiv aus. "Sie kann ohne großartige Veränderungen in Betrieb bleiben", sagt Marx, "sie erhält lediglich ein zusätzliches zweites Geländer, das vor das historische gesetzt wird, um die Sicherheit der Kunden zu gewährleisten."

Die Saar-Galerie, 1989 bis 1991 nach einem Entwurf des Architekten Volkwin Marg von Gerkan, Marg und Partner erbaut, wird sich durch jetzige Eingriffe weitaus stärker verändern als bisher bekannt. Im bisher veröffentlichten Bildmaterial von ECE war sie stets nur schemenhaft am Rande zu sehen.

Um eine Verbindung zwischen Saar-Galerie und Bergwerksdirektion zu schaffen, die "genau auf den Haupteingang der Bergwerksdirektion zielt", habe man an der Reichsstraße quasi eine Schneise in den Bau geschlagen, sagt Marx. Die jetzt abgerissene Ecke werde wieder aufgebaut und mit einer Glasfront an den Gropius-Bau angebunden. Unter anderem wegen des Gefälles zwischen den beiden Gebäuden würden die gesamten Deckenhöhen angepasst, innen Rampen für Rollstuhlfahrer gebaut, die Flächen für die Läden vergrößert. Der (Haupt-)Eingang an der Reichsstraße bleibt an derselben Stelle. Durch ihn kann man später wahlweise in Richtung Ausgang Bergwerksdirektion oder Trierer Straße schlendern. Er wird jedoch optisch nach unten gezogen. Die Glasfront, die sich in Fortsetzung der Eingangstüren bis unter den First erstreckte und den Einblick in die Passagenflucht und ihre Dachkonstruktion aus Stahl und Glas ermöglichte, wird verschwinden.

Stattdessen wird über der Eingangstür eines der originalen Wabenelemente aus Beton vor die Fassade gehängt. "Oben hat man dann ein relativ gleichförmiges Betonband", sagt Marx zu dieser Art der Gestaltung. Er meint das keineswegs abfällig. "Der Denkmalschutz

hat alles

mit uns abgestimmt."

ECE-Vertreter Christian Marx

 Vorher - Nachher: Ein gutes Stück aus der Fassade des Bergwerksdirektionsgebäudes ist herausgebrochen worden. Fotos: sbu

Vorher - Nachher: Ein gutes Stück aus der Fassade des Bergwerksdirektionsgebäudes ist herausgebrochen worden. Fotos: sbu

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