An Bord spielt die Musik

Saarbrücken/Saargemünd · Neu bei der Fête de la Musique war eine Schiffsfahrt mit Musik nach Saargemünd. Sie sollte die Schauplätze des Musikfestes verbinden und zeigte gleichzeitig die Unterschiede der Feierkultur in den Nachbarstädten.

Nein, nach Sommeranfang sieht es am Freitag nicht aus, dem internationalen Tag der selbst gemachten Musik, besser bekannt als Fête de la Musique. Die Regentropfen feiern ihr Fest und sind die ersten Musiker, die einen munteren Rhythmus trommeln. Dabei erwartet mich heute eine musikalische Schiffsreise: einmal Frankreich und zurück. Doch bevor es Leinen los heißt, möchte ich mich noch ein bisschen in Saarbrücken umhören, schließlich verspricht der Tag Musik an jeder Ecke.

Das Wetter spielt leider immer noch nicht mit. Schauer und Wolken sind nun mal nicht ideal für Straßenmusik.

Mit 100 weiteren Musikbegeisterten betrete ich am Nachmittag das Fahrgastschiff "Frohsina". Die dunkle Wolkendecke beginnt sich beim Ankerlichten langsam aufzulösen und die meisten der Besucher strömen an Deck. Auf Grund der schlechten Wetterprognose findet der Auftritt von Joel Becks und Band im geschlossen Bordrestaurant statt. Während auf dem Sonnendeck die erste Flasche Crémant geköpft wird, bekommen wir unter Deck einen entspannten Mix aus Beat-Musik, Funk der Motown-Ära, Jazz, Blues und Soul zu hören. Zu Beginn verirren sich nur einige der Gäste nach unten, bis Kapitän Günter Emmer das Ruder in die Hand nimmt: "Die Musik spielt unter Deck, ich navigiere sie jetzt sicher durch die nächste Schleuse und dann legt der Kapellmeister noch einen drauf". Bis nach Saargemünd durchfahren wir vier Schleusen und sind fast drei Stunden unterwegs. Im sanften Rhythmus der Musik von Joel Becks gleiten wir in den Port de Plaisance in Saargemünd. "Ihr spielt so lange bis wir angekommen sind", scherzt das Publikum und so erlischt der letzte Ton erst mit dem Ankerwurf.

Bienvenue en France. Die Fête de la Musique ist eine französische Erfindung, und das merkt man bei einem Bummel durch Saargemünd. Musik ist dort fast überall, auf der Straße, auf Bühnen, in Bars und Cafés. Jeder kann, soll und darf mitmachen. Was in Frankreich fast schon ein Selbstläufer ist, muss sich in Deutschland und besonders in Saarbrücken erst noch etablieren, bedauert die Kulturamtsleitern Sylvia Kammer-Emden. "Ich würde mir wünschen, dass gerade die Gastronomen im Saarbrücken offener wären. Leider haben wir auf unsere Anfragen kaum Resonanz erhalten. Wie gut es funktionieren kann, sieht man ja in Saargemünd", erklärt Sylvia Kammer-Emden.

Magie des Chansons

Das Schiff dreht eine gekonnte Pirouette, und dann geht es zurück nach Saarbrücken. Wir verlassen Frankreich auf dem Oberdeck. Das Wetter ist besser geworden, und die Band La Tournée de Bocal verwöhnt uns mit Chansons, die die Seele zum Schaukeln bringen. Der frische Wind kann die Stimmung nicht trüben. Die Decke wärmt von außen, der Wein und die Musik von innen.

La Tournée de Bocal zeigen Ausdauer und gönnen sich nur eine kurze Verschnaufpause. Vielleicht ist es die magische Kraft des Chansons, die zwischen Melancholie, Heiterkeit, Fernweh und Liebe schwankt oder doch die Strömung mit der wir fahren, aber die Rückfahrt vergeht wie im Fluge. Wir sind unersättlich und fordern von den Musikern Zugabe auf Zugabe, die sie uns bereitwillig liefern. Heute ist ja Fête de la Musique. "Sehr schön. Könnte man öfter machen, so 'ne Schiffsfahrt", sagt die Dame neben mir lächelnd. Stimmt, denke ich und gehe von Bord.

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