Am falschen Platz – aber richtig!

Der Mensch ist ein Gewohnheitstier: Er hält manchmal an Dingen fest, deren Nutzen klein, vielleicht gar nichtig ist. Optiker Martin Bickert beispielsweise hat zwei solcher Dinge: ein Faxgerät – das ist dieser Apparat für den eigens das Wort „Papier stau“ erfunden wurde – und ein Werbeschild.

Die sogenannten Kundenstopper dürfen nicht prominent mitten auf der Straße aufgestellt werden, sondern nur einen Meter vom Laden entfernt, gibt das Ordnungsamt vor. Wer ein wenig an der Ein-Meter-Grenze ruckelt, kriegt Ärger und Beweisfotos vom Ordnungsamt serviert, erzählen mir immer wieder genervte Geschäftsleute. Bickert hält trotz Ärger und Zweifel, ob seine Werbebotschaft so überhaupt ankommt, an seinem Schild fest. "18 Jahre lang", ärgerte er sich kürzlich, "bekam ich immer im November vom Ordnungsamt den Verlängerungsauftrag für den Werbereiter aufs Fax gelegt. Ich quittierte das Schreiben mit meinem Stempel und zahlte die 30 Euro Gebühren pro Jahr." Dass er dieses Jahr kein Fax bekam, bemerkte er erst, als er eine Strafe von 140 Euro aufgebrummt bekam, "weil ich das Schild nicht rechtmäßig angemeldet habe". Am Ende einigte er sich mit dem Ordnungsamt auf 35 Euro, doch blieb es bei der Erkenntnis, dass "man uns Geschäftsinhaber immer wieder versucht, eins reinzudrücken". Dass Bickerts Werbeschild am vergangen Samstag mitten auf der Straße stand, wird ihm womöglich wieder Ärger einbrocken. "Kann schon sein, dass es einer fotografiert hat", mutmaßte er. Vielleicht sieht man aber auf den Bildern auch das Loch, das so abgeschirmt wurde, weil irgendjemand den Deckel eines Rohrs abgerissen hatte und im Trottoir eine ballgroße Stolperfalle klaffte. "Wir wollten nicht", so Loup-Chef Munir Gassim, "dass sich jemand das Bein bricht, auch wenn wir dafür das Schild verbotenerweise verschoben haben." Zweimal hatte Gassim das Loch bei der Polizei am Samstag gemeldet.

"Erst am Montag um 12 Uhr wurde es geflickt." Der Mensch ist nicht nur ein Gewohnheitstier, nein, auch ein Rudeltier. Dass einem der Gegenüber nicht egal ist, ist eine gute und soziale Angewohnheit. Und manchmal hat sogar ein Werbeschild einen unerwarteten Nutzen. Zumindest dann, wenn's am falschen Platz genau richtig steht.

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