Alles auf Null im Gemeinderat

Losheim · Es gibt noch einen zweiten strittigen Punkt, bei dem die Meinungen im Losheimer Rat auseinandergehen: die Besetzung der Ausschüsse. Hier war es bisher so, dass die Sitze im Ausschuss entsprechend der Sitzverteilung und des Kräfteverhältnisses im Rat vergeben werden.

Schon der Blick auf die Tagesordnung der konstituierenden Sitzung des Gemeinderates von Losheim am See machte deutlich, dass Ungewöhnliches in der Seegemeinde im Gange ist. Die Wahl der ehrenamtlichen Beigeordneten sowie die Besetzung der Ausschüsse gehören üblicherweise zu den festen Bestandteilen jeder ersten Sitzung eines Rates nach einer Kommunalwahl.

In Losheim fehlten diese Punkte auf der Tagesordnung. Die Verwaltung hatte sie bereits vorher abgesetzt, erklärte Bürgermeister Lothar Christ (SPD ) auf SZ-Nachfrage. Grund: Es habe im Vorfeld der Sitzung Signale gegeben, dass zwischen den Ratsfraktionen keine Einigkeit in diesen Punkten bestehe. Angesichts der unklaren Mehrheitsverhältnisse im Rat sowie des Umstandes, dass ein Ratsmitglied der Fraktion von Bürger Direkt in der Sitzung nicht anwesend sein konnte, wollte die Verwaltung sich nicht dem Vorwurf aussetzen lassen, sie habe diese Punkte auf Biegen und Brechen entschieden haben wollen, sagte Christ.

Die Kommunalwahl am 25. Mai hat die Kräfteverhältnisse im Losheimer Rat mit seinen 33 Sitzen verändert - nicht grundlegend, aber doch bedeutsam: CDU und SPD haben je einen Sitz hinzugewonnen, womit die Christdemokraten mit 14 Sitzen stärkste Kraft im Rat bleiben, die SPD lag bis zur konstituierenden Sitzung zwei Sitze dahinter. Die Zugewinne der großen Parteien gingen zu Lasten der kleinen: Die FDP verlor ihren Sitz, die Linkspartei schrumpfte von zwei auf einen und büßte ihren Fraktionsstatus ein. Auch die Bürger Direkt (BD) verloren einen Sitz und haben nun noch vier Vertreter im Rat. Allerdings entspricht das dem Ergebnis der Wahl von 2009, den fünften Sitz hatten die Bürger Direkt durch den Wechsel eines früheren CDU-Fraktionsmitgliedes während der Amtszeit erlangt. Zwei Sitze hat die Grün-Alternative-Liste Losheim (GALL) behalten.

In der konstituierenden Sitzung gab der SPD-Fraktionsvorsitzende Alfons Traut nun bekannt, dass sich der Linken-Vertreter Bernhard Müller der SPD-Fraktion angeschlossen habe. Traut betonte, dies geschehe auch deshalb, um dem "Einzelkämpfer" der Linken zu ermöglichen, in den Ausschüssen mit Stimmrecht mitarbeiten zu können - was ihm ohne Fraktionsstatus nicht möglich gewesen wäre.

Zugleich leitete Traut damit auch einen politischen Anspruch ab: "Damit ist die SPD- Fraktion fast genauso stark wie die CDU ." Sie habe ein Mitglied weniger als die der CDU , was der Situation in der vergangenen Amtszeit entspreche. Traut: "Warum sollen wir dann auch nicht die Regelung bezüglich der Beigeordneten wie in der vergangenen Amtszeit beibehalten?"

Zuletzt hatte die CDU mit ihrem Fraktionschef Norbert Müller den ersten Beigeordneten und die SPD mit ihrem stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Stefan Scheid den zweiten Beigeordneten gestellt. Nun aber, so Traut, erhebe die CDU Anspruch auch auf die zweite Beigeordneten-Stelle. Diese solle vom Losheimer Ortsvorsteher und CDU-Landtagsabgeordneten Stefan Palm besetzt werden. Traut: "Ich weiß nicht, was die CDU bewogen hat, die Keule auszupacken und auf beiden Beigeordneten zu beharren."

CDU-Fraktionschef Norbert Müller wollte auf die Diskussion indes nicht eingehen, sprach von einer "Weihnachtsansprache" seines SPD-Kontrahenten und meinte: "Wir können ja dann die nächste Sitzung ausfallen lassen." Palm selbst wollte gegenüber der SZ die Polemik aus der Debatte herausnehmen. Er könne sich vorstellen, wenn dies von der Mehrheit im Rat so gewünscht sei, die Position des zweiten Beigeordneten zu übernehmen - "aber nicht um jeden Preis". Es sei eine Frage der Person, die für das Amt des Bürgermeister-Stellvertreters kandidiere. Er könne sich vorstellen, dass die CDU auch einen Bewerber der SPD unterstütze, so Palm - wenn es der richtige sei. Er sieht in dieser Frage die Bürger Direkt vor einer "Zerreißprobe".

Diese Fraktion spielt eine entscheidende Rolle in dem Poker um den Beigeordneten. Drei von deren vier Stimmen würden von der CDU gebraucht, um eine Mehrheit in dem Rat mit den 33 Sitzen zu bekommen. Der alte und neue Fraktionsvorsitzende der Bürger Direkt, Stefan Buchmann, ließ gegenüber der SZ offen, wie seine Liste sich im Falle einer Abstimmung verhalten würde: "Bei uns gibt es keinen Fraktionszwang." Er erwarte, dass in den kommenden Wochen intensive Gespräche zwischen allen Kräften im Rat geführt würden.

Wie es nun in dem Geschacher um Posten und Positionen weitergeht, entscheidet sich am 4. August: Darauf hat sich der Gemeinderat geeinigt. Nach bisheriger Übereinkunft wäre die Grün-Alternative Liste Losheim künftig nicht mehr in den Ausschüssen des Rates vertreten, wiewohl sie in Fraktionsstärke in den Rat gewählt wurde. Nach der Wahl 2009 hatte man sich im Losheimer Rat noch verständigt, angesichts der Vielzahl von Fraktionen (SPD , CDU , BD, GALL, Linke) in dem Gremium in einigen Ausschüssen die Zahl der Mitglieder um zwei aufzustocken. Somit konnten auch die kleinen Fraktionen mit Stimmrecht in den Ausschüssen vertreten sein. Diese Regelung soll aber nach den Vorstellungen der Bürger Direkt (BD) nun zurückgenommen werden, während die GALL fordert, auch weiterhin mit Stimmrecht in den Ausschüssen vertreten zu sein.

BD-Fraktionsvorsitzender Stefan Buchmann betonte, unabhängig von der Zahl der Ausschussmitglieder dürfe eine Präsenz der GALL in den Ausschüssen nicht zulasten der Bürger Direkt gehen. Buchmann sagte, die Bürger Direkt seien nicht bereit, zugunsten der GALL auf Sitze im Ausschuss zu verzichten.

Die Kräfteverhältnisse im Rat müssten beachtet werden, wo Bürger Direkt doppelt so viele Sitze habe wie die GALL. Hintergrund der Kontroverse sind nach SZ-Informationen offenbar atmosphärische Störungen zwischen den beiden kleinen Fraktionen, die ihren Ursprung im Kommunalwahlkampf haben, wo es in einem Flugblatt kritische bis polemische Äußerungen der GALL gegenüber den Bürgern Direkt gegeben haben soll.

Dies würde bedeuten, dass die großen Fraktionen von SPD und CDU Sitze in den Ausschüssen an die GALL abtreten müssten. Ob diese dazu bereit sind, scheint offen. SPD-Fraktionschef Traut hob in der konstituierenden Sitzung jedenfalls schon einmal hervor, dass seine Fraktion auch den Schutz von politischen Minderheiten achte - weshalb die SPD auch den Linken-Vertreter in ihre Fraktion integriert habe.

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Auf einen BlickEinen kleinen Vorgeschmack darauf, wie es angesichts der engen Mehrheitsverhältnisse im Losheimer Gemeinderat bei Abstimmungen zugehen könnte, gab es in der konstituierenden Sitzung, als es um die Entsendung des Vertreters der Gemeinde in den Bildungsbeirat beim Landkreis Merzig-Wadern ging. Dieser Bildungsbeirat, der einmal jährlich tagt, entscheidet unter anderem über das Budget für Volkshochschule und Kreismusikschule. Zuletzt war die Gemeinde dort durch ein Ratsmitglied der Bürger Direkt vertreten, das dem neuen Rat aber nicht mehr angehört. Dessen Stellvertreter war der SPD-Fraktionsvorsitzende Alfons Traut. Traut erklärte nun in der konstituierenden Sitzung des Rates, er beanspruche für sich die Position des Losheimer Repräsentanten im Bildungsbeirat. Dies sehe er auch dadurch begründet, dass er neben dem Gemeinderat auch dem Kreistag angehöre und somit sehr nahe an dem Themengebieten VHS und Kreismusikschule dran sei, sagte Traut. Die CDU-Fraktion indes schickte mit Gabriele Thiery eine eigene Kandidatin ins Rennen. Bei der geheimen Abstimmung gab es für Traut dann 16 Stimmen, Thiery bekam nur 15, eine Stimme war ungültig. Als Bürgermeister Lothar Christ daraufhin vorschlug, dass Thiery zur Stellvertreterin Trauts im Bildungsbeirat gewählt werden solle, lehnte diese ab. Der Gemeinderat stimmte danach für Vinzenz Schommer von den Bürgern Direkt als Stellvertreter von Alfons Traut im Kreis-Bildungsbeirat. cbe

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