AfD Saar vor Austrittswelle
Saarbrücken · Im Saarland planen etliche Mitglieder der Alternative für Deutschland den Parteiaustritt oder Rücktritt von Ämtern. Landeschef Dörr glaubt, die AfD werde sich vom Streit erholen und neue Mitglieder gewinnen.
Die AfD steht nach der Parteitagsniederlage des liberal-konservativen Flügels von Parteigründer Bernd Lucke auch im Saarland vor einer Austrittswelle. Bei der Vorsitzendenwahl hatte Luckes Gegenspielerin Frauke Petry am Samstag dank der Unterstützung der Nationalkonservativen klar gewonnen. Rund 70 der 340 Mitglieder im Saarland haben nach Aussage des ehemaligen Schatzmeisters Roland Wark die Absicht, die Alternative für Deutschland (AfD) zu verlassen. Sie gehören der Interessengemeinschaft "AfD-Freunde Saar" an oder stehen dieser nahe. Diese hatte sich aus Protest nach der Wahl des Quierschieders Josef Dörr zum neuen Landesvorsitzenden am 26. April gegründet. Führende Mitglieder hatten dabei ihre Parteiämter niedergelegt.
Der Grund für die geplanten oder bereits vollzogenen Austritte sei der Rechtsruck der AfD beim Bundesparteitag. "Ich bin mehr als enttäuscht über den Hass und die Häme, die Bernd Lucke und den Weckruf 2015-Anhängern beim Parteitag entgegengeschlagen sind", sagt Marc Oehlenschläger, der den Kurs von Bernd Lucke und dessen Weckruf-Initiative unterstützt. Entsetzt habe ihn auch die Rede des NRW-Parteivorsitzenden Marcus Pretzell, der die AfD als "Pegida-Partei" bezeichnet habe. "Das ist nicht mehr meine AfD. Von dem nationalkonservativen Ruck distanziere ich mich in aller Klarheit", sagt Oehlenschläger. Am Montag hat der bisherige Fraktionsvorsitzende im Püttlinger Stadtrat die Partei verlassen. Dem Rat möchte er als parteiloses Mitglied weiter angehören, da er sich weiter politisch engagieren möchte. Er schätzt, dass im Saarland zwischen 40 und 60 Mitglieder seinem Schritt folgen werden. Ob er sich einer anderen oder neuen Partei anschließen wird, will er sich offenhalten.
Auch Roland Wark, der Sprecher der AfD-Freunde Saar ist, will "auf jeden Fall" austreten und schätzt, dass bundesweit bis zu 6000 der 20 000 Mitglieder der Partei den Rücken kehren werden. "Als ich gestern meinen Rücktritt online einreichen wollte, war der Server überlastet", schildert Wark. Er will nach dem Austritt parteiloses Mitglied im Heusweiler Gemeinderat bleiben. Bereits am Montag hatten die AfD-Fraktionsmitglieder im Saarbrücker Stadtrat, Sven Wagner und Martina Brenner, als Reaktion auf den Bundesparteitag angekündigt, die Partei zu verlassen, aber im Rat zu bleiben. Brenner sagte, sie sei bestürzt darüber, wie der Parteitag verlaufen sei. Wagner spricht von "Pogromstimmung". Auch Christian Zimmer, der ehemalige Landesgeschäftsführer, hat am Montag die Partei verlassen. Einer Partei, die zur Pegida-Partei geworden sei, wolle er nichts zu tun haben, sagte er dem SR. Zimmer spricht von "weit über 60 Austrittswilligen".
Der saarländische Landesvorsitzende Josef Dörr reagiert gelassen auf die Ankündigungen und rechnet nicht mit zahlreichen Austritten. "Auch nach meiner Wahl hieß es, es gebe eine Austrittswelle, am Ende waren es nur fünf Mitglieder", sagt er. "Auszutreten, wenn eine Wahl nicht wie erwünscht ausgeht, ist für mich ein sonderbares Demokratieverständnis." Er hoffe, dass langjährige engagierte Mitglieder, die Luckes Kurs unterstützen, doch in der Partei bleiben. Hier wolle er in den nächsten Tagen Gespräche führen. "Ich werde versuchen, sie davon zu überzeugen, dass bei uns für die gesamte Breite der Partei Platz ist", sagte Dörr. Ob er für Lucke oder Petry beim Bundesparteitag gewählt hat, will Dörr für sich behalten. Die Stimmung auf dem Parteitag habe er als "sehr diszipliniert" erlebt. "Einzelne Pfiffe und Buhrufe kann man bei vielen Leuten nicht unterbinden", meint er. Zudem seien nicht Personen, sondern Positionen ausgepfiffen worden. Er traue Frauke Petry zu, wieder Ruhe in die Partei zu kriegen. "Die AfD wird sich von dem Streit erholen", sagt Dörr. Er glaubt weiter an das Ziel, bis zur Landtagswahl 2017 im Saarland 1000 Mitglieder zu erreichen.