Abenteuerlicher Weg zum Konzert
Saarbrücken · Herrman Schell verliebte sich im Internet in die Klänge der polnischen Weltmusikgruppe Dikanda. Um sie einmal live zu hören, hat er sich als Laie mutig daran gemacht, selbst einen Auftritt zu organisieren.
Für Hermann Schell war es Liebe auf den ersten Blick. Doch in diesem Fall müsste man wohl besser sagen: aufs erste Hören. "Irgendwo im Internet", erinnert sich der Saarbrücker, "stieß ich auf diese Gruppe". Und dann war's um ihn geschehen. Wohl "150 Mal hintereinander" hat Schell sich dann auf Youtube die polnischen Weltmusik-Gruppe Dikanda angehört. "Ich tanze gern, schon ewig, und mag Musik, die einen guten Rhythmus hat", erklärt der 50-Jährige, warum es sofort funkte. "Es hat mich auch einfach begeistert, wie die das rüberbringen, besonders die Frontfrau, und mit welcher Leidenschaft sie spielen". Von da an hatte Schell, ein freundlich und eher ruhig wirkender Mann, nur einen Wunsch: Er wollte Dikanda unbedingt live erleben, in einem richtigen Konzert. Ein Anruf beim Agenten ergab: Die Gruppe sei zwar schon mal 2006 in Illingen aufgetreten und würde gern noch mal ins Saarland kommen, ein Termin stehe aber nicht an. "Organisieren und netzwerken kann ich, glaub ich, sehr gut", sagt Schell, der von Beruf aus Weiterbildungsträger begutachtet. Wochenlang ging er in sich und fasste schließlich Weihnachten einen folgenschweren Entschluss: "Ich mach's, ich veranstalte das Konzert". Als er das dem Agenten am Telefon mitteilte, erinnert sich Schell schmunzelnd, "war am anderen Ende der Leitung erstmal ne lange Pause". So schwierig könne das ja nicht sein, habe er sich gedacht, sagt Schell. "Man braucht 'nen Saal, Technik ..." Von wegen! Als er den Vertrag mit allen Bedingungen studiert und unterschrieben hatte, stellte sich heraus, "was da noch alles dranhängt". Und geregelt sein will: Gema-Gebühren, Ausländer-Steuer, eine Veranstaltungs-Versicherung ...
Allein schon die Suche nach einem Saal in passender Größe nahm viel Zeit in Anspruch. 250 Besucher müssen hineinpassen, damit es kein Defizit gibt, rechnete Schell aus. Fündig wurde er bei der Reha GmbH auf den Saarterrassen, die er durch seinen Beruf kannte. Er mietete deren Kantine. Die Reha übernimmt auch die Bewirtung und das Catering für Künstler mit, also gleich noch ein Problem gelöst. Auch mit der Bühnen-Technik verhielt es sich komplizierter als gedacht. "Mir war ja gar nicht klar, wie berühmt Dikanda ist", sagt Schell.
Für die Musiker die Anlage einer befreundeten Band ausleihen? Unmöglich, da musste eine Profifirma ran. Ein Hotel musste gefunden werden. "Da Frontfrau Anna Witczak im Herbst entbunden hat, reisen sie mit Baby und Babysitter an", erzählt Schell.
Derzeit kümmert sich Schell vor allem um die Werbung: lässt Plakate aufhängen, schickt Ankündigungen an die Medien, postet die Nachricht mithilfe von Freunden in allen sozialen Netzwerken. Sein 14-jähriger Sohn half ihm, eine Webseite mit Online-Ticketverkauf einzurichten. Ohne Internet ginge das ja alles gar nicht, sagt er. Aber so könne er das meiste vom Wohnzimmertisch aus organisieren.
Seit Weihnachten habe er sich jeden Abend mit der Konzert-Vorbereitung befasst, erzählt der Neu-Veranstalter. Und das wird wohl auch bis zum Konzert am 3. April noch so bleiben. Dennoch bereut er die Entscheidung nicht. Allein schon wegen der vielen neuen Kontakte, die er durch das Projekt gewonnen hat. "Bekannte haben mir prophezeit, ich mache Miese, aber es geht doch nicht immer nur ums Geld", sagt Schell. Wie wird es sich anfühlen, wenn Dikanda auftritt und sich sein Traum erfüllt? Wir bleiben dran.
Das Dikanda-Konzert findet am 3. April um 20 Uhr statt. Ort: Reha MarketingCenter, Saarterrassen.
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