Abenteuerliche Führung durch den nächtlichen Zoo: „Gorillas nicht direkt in die Augen leuchten“

Saarbrücken · Nur ein kurzer Lichtstrahl scheint dem Gorilla in die Augen und schon springt der Koloss an die Scheibe. Nachts reagieren viele Tiere im Zoo anders als beim Besuch am Tage. Der Saarbrücker Zoo hat Besucher zu später Stunde die Türen aufgemacht.

 Chantal nähert sich unter Aufsicht einer Pflegerin vorsichtig einer Schlange. Fotos: nibu

Chantal nähert sich unter Aufsicht einer Pflegerin vorsichtig einer Schlange. Fotos: nibu

 Viele Tiere im Saarbrücker Zoo werden in der Dämmerung aktiv.

Viele Tiere im Saarbrücker Zoo werden in der Dämmerung aktiv.

Merkwürdige, unbekannte Geräusche. Aggressive Schreie. Laut und spitz, tief und bedrohlich. Das ist der Saarbrücker Zoo bei Abend und Nacht. Eine Gruppe von 60 Kindern plus Begleitung fand sich am Freitagabend um 20.45 Uhr vor dem Haupteingang ein.

An diesem Abend lernen die jungen Leute die Tiere von einer neuen Seite kennen. Zu einer ungewöhnlichen Uhrzeit. Zoopädagogen begleiten sie bei der Nachtwanderung über das Gelände, welches mittlerweile in der Dämmerung liegt.

Zoopädagoge Dr. Ralf Kohl teilt die Teilnehmer zunächst in drei Gruppen ein. Chantal Klein, eine freundliche, junge Mitarbeiterin leitet unsere Gruppe. Aber warum diese Besichtigung im Dunkeln? Die Stolperfallen, die sich auf dem verwinkelten Gelände bei Dunkelheit auftun, können nicht der Grund sein. Ein Junge weiß es genau: "Manche Tiere sind nachtaktiv, und manche werden jetzt schlafen", erklärt er. Genau aus diesem Grund geht die Gruppe auch nicht in alle Teile des Zoogeländes. Die 1000 Tiere und 150 Arten zu sehen, wäre ohnehin zu viel, auch wenn die Führung bis 23 Uhr dauert. Zudem wollen die Zoomitarbeiter nicht unnötigen Stress für die Tiere auslösen. Die schlafenden Tiere sollen nicht erschreckt werden, das Afrikahaus können die Kinder ein anderes Mal tagsüber besichtigen. Die Schildkröten Cassiopaia und Mister Hora hingegen dürfen die Kinder sogar streicheln. "Aus welchem Material wohl der Panzer ist", rätselt die Gruppe, als sie das Gehege wieder verlässt. "Knochen", "Horn" und "Stein" sind Vorschläge der jungen Tierfans.

Mehrere Schichten aus Horn stellt sich als die richtige Antwort heraus. Das Gefühl, das die Schildkröte hat, wenn man ihr über den Panzer streichelt, vergleicht die junge Zoopädagogin mit dem Gefühl, wenn man seine Fingernägel berührt. Beeindruckend ist auch das Alter der Tiere: 100 Jahre - was die wohl alles schon erlebt haben? Und so eine Schildkröte wird normalerweise noch 60 Jahre älter.

Ein weiterer Vorteil bei Nacht: Die Maultiere und Pferde sammeln sich am Zaun. Normalerweise seien sie in der Mitte des Geheges und nur von weitem zu sehen - eben abseits des Besuchertrubels. Die Tiere zeigen sich heute hingegen keineswegs scheu. Anders als die Gorillas in den Innenanlagen. Als die Kinder dem Gorilla Jimmie vorschnell mit der Taschenlampe in die Augen leuchten, bekommen sie einen Schreck.

Der Gorilla nimmt Anlauf und springt gegen die Scheibe. "Man darf den Gorillas nicht direkt in die Augen leuchten", ermahnt Chantal. Er bemerke die große Gruppe und betrachte sie als Konkurrenz. "Die gefährlichsten Tiere sind aber nicht die Gorillas, wie viele denken", erklärt Chantal. Die richtige Lösung errät nach mehreren Versuchen ein Mädchen: Es sind die Schimpansen. "Warum ist das so? Die Schimpansen sind den Menschen doch so ähnlich", kommt ein Einwand auf. Das wisse der Schimpanse ja nicht, lautet die plausible Antwort.

Über zwei Stunden gelingt es der Tierpädagogin, die volle Aufmerksamkeit der wissbegierigen Kinder aufrechtzuerhalten. Als Höhepunkt der Führung dürfen sie auch noch eine Schlange streicheln und können glücklich und müde nach Hause gehen. Und wer kann schon behaupten, einmal nachts im Zoo gewesen zu sein?

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