1400 Bundesstellen fehlen

Saarbrücken · Sogar das Bundesverfassungsgericht forderte den Bund 1992 auf, mehr Einrichtungen im hilfsbedürftigen Saarland anzusiedeln. Doch passiert ist seither wenig. Im Gegenteil: Fast jede dritte Stelle fiel seit 1995 weg.

Die Zeiten, in denen es im Saarland noch Bundesbeamte mit Bezeichnungen wie Bundesbahnamtsrat und Postoberinspektor gab, gehören der Vergangenheit an - beide Unternehmen sind längst privatisiert. Aber auch in anderen Bereichen bietet der Bund im Saarland immer weniger Jobs an. Daten des Statistischen Bundesamtes, die die Industrie- und Handelskammer (IHK) Saar jetzt aufbereitet hat, belegen, dass der Bund das Saarland bei der Ansiedlung von Bundeseinrichtungen seit Jahren stiefmütterlich behandelt. So kommen im Saarland auf 1000 Einwohner 3,7 Bundesbedienstete. In den meisten Bundesländern sind es zum Teil deutlich mehr (siehe Grafik). Seit 1995 ging hierzulande ein knappes Drittel der Bundes-Jobs verloren; nur in Schleswig-Holstein und Bremen waren es noch mehr. "Würde das Saarland den Schnitt der Länder erreichen, dann gäbe es hierzulande 1400 Bundesbedienstete zusätzlich", schreibt IHK-Hauptgeschäftsführer Volker Giersch in der aktuellen Ausgabe der IHK-Zeitschrift. "Nicht nur die Kaufkraft, auch die Steuerkraft wäre entsprechend höher."

Zu den Bundesbehörden, die Dienststellen im Saarland unterhalten, zählen zum Beispiel: Wasser- und Schifffahrtsverwaltung, Bundesagentur für Arbeit , Bundespolizei , Bundeswehr, Zoll, Bundeszentralamt für Steuern, Bundesamt für Güterverkehr , Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Symptomatisch für den Umgang des Bundes mit dem Saarland scheint die derzeit laufende Reform der Bundeswehr (über 2000 Jobs im Saarland): Die inzwischen wieder abgemilderten Pläne von 2011 sahen vor, dass das Saarland von allen Bundesländern prozentual am meisten Stellen verlieren sollte.

Die IHK fordert, die Landesregierung solle gegenüber dem Bund darauf pochen, dass die Lücke von 1400 Arbeitsplätzen in den nächsten Jahren schrittweise geschlossen wird - oder dass das Saarland an anderer Stelle einen angemessenen Ausgleich erhält, so Giersch. Denn auch an anderer Stelle kommt das Saarland nach Ansicht der IHK nicht besonders gut weg, etwa bei der Anbindung des Landes an das überregionale Schienennetz oder beim Ausbau der Schleusenkammern auf der Mosel. Bei der Forschungsförderung des Bundes seien Länder wie das Saarland mit vielen Zweigwerken und Tochterunternehmen benachteiligt. Denn die Fördermittel flössen unmittelbar in die Zentralen oder in die Forschungs- und Entwicklungszentren der Unternehmen. Von den Forschungsausgaben des Bundes von mehr als zwölf Milliarden Euro entfielen auf das Saarland gerade einmal 0,8 Prozent. "Würde das Saarland seinem Bevölkerungsanteil (1,2 Prozent) entsprechend partizipieren, würden zusätzlich 50 Millionen Euro jährlich ins Land fließen", so Giersch.

Im Jahr 1992 hatte das Bundesverfassungsgericht nach einer Klage des Saarlandes festgestellt, dass Haushaltsnotlageländer wie das Saarland und Bremen Anspruch auf Hilfen des Bundes hätten. Die Klage führte zu zwei Teilentschuldungen. Häufig übersehen wird allerdings, dass die Karlsruher Richter neben Finanzhilfen auch öffentliche Investitionen, Investitionshilfen und Standortentscheidungen für Bundesbehörden und Forschungseinrichtungen als mögliche Hilfen genannt hatten.

Giersch gibt allerdings zu bedenken: "Die Chancen unseres Landes auf angemessene bündische Hilfe sind umso größer, je überzeugender unsere eigenen Anstrengungen ausfallen."

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