Saarbrücken, die Hauptstadt der modernen Zirkuskunst Saarbrücken, Hauptstadt moderner Zirkuskunst

Saarbrücken · Beim Festival Perspectives gibt es wieder einen Zirkus-Workshop, geleitet von zwei Profis. Präsentation am Samstag.

 Josa Kölbel und Arno Ferrera leiten den Perspectives-Workshop und sind als Zirkuskünstler aktiv.

Josa Kölbel und Arno Ferrera leiten den Perspectives-Workshop und sind als Zirkuskünstler aktiv.

Foto: Plattform für deutsch-französische Kunst

Als Zirkusliebhaber werden wir in Saarbrücken richtig verwöhnt. Schon seit vier Jahrzehnten bringt das Festival Perspectives jedes Jahr französische Truppen herbei, die zeigen, was neue Zirkuskunst bedeutet und in welche spannenden Richtungen sie sich entwickelt.

Zum zweiten Mal findet in der gerade laufenden Festivalwoche jetzt auch ein deutsch-französischer Zirkusworkshop statt, bei dem Schauspieler, Akrobaten, Sänger und Tänzer aus beiden Ländern gemeinsam trainieren und sich fortbilden. Geleitet wird der Workshop, den der Verein Plateforme de la jeune création franco-allemande aus Lyon veranstaltet, von zwei Artisten.

Der eine, Arno Ferrara, war im Vorjahr mit der französischen Compagnie Le Loup pour l‘Homme schon mal hier. Der andere, Josa Kölbel, hat vor vier Jahren das internationale „Berlin Circus Festival“ auf dem Tempelhofer Feld mit aus der Taufe gehoben, um auch in der Hauptstadt die zeitgenössische Zirkuskunst stärker zu etablieren.

Bei Kölbel in Berlin sind Zirkustruppen aus allen Teilen Europas zu Gast, diesmal mit Schwerpunkt auf Schweden. Doch nur selten Deutsche. Im Vergleich zu Frankreich, wo er selbst die nationale Zirkusschule in Chalons-en Champagne besuchte, gebe es in Deutschland extrem wenige Compagnien, sagt Kölbel.

Und das hat viele Gründe: Es fehle hierzulande nicht mal an Schulen, jedoch an Trainingsorten, Künstler-Residenzen, Orten, an denen die Compagnien Stücke kreieren können und auch an Veranstaltungsorten, die Zirkus regelmäßig aufs Programm heben. „Daher gehen Artisten, die nicht Varieté oder Cabaret machen wollen, in andere Länder, wo es mehr Unterstützung gibt“, erklärt der Berliner, der nach der Ausbildung zum Trapez-Fänger in eine tschechische Zirkustruppe eintrat.

Der zeitgenössische Zirkus, ein Ausdruck, den er lieber mag als „neuer Zirkus“, habe eine sehr große Bandbreite, sagt Kölbel. Charakteristisch sei das Aufbrechen und Vermischen der einzelnen Kunstdisziplinen. „Manche sind sehr experimentell, fast wie eine Live-Dokumentation, andere nahe an der Performancekunst, wieder andere näher an Commedia dell‘Arte, an Theater oder Tanz“, umreißt Kölbel das Spektrum, das er in Berlin - in Zelten - präsentiert.

Der italienisch-schweizerische Arno Ferrera, der nach der Ausbildung in Gymnastik und Bewegungstheater eher zufällig beim Zirkus landete, macht heute auch Projekte mit Menschen in Gefängnissen und der Psychiatrie. Für ihn muss Zirkus menschlich und weltoffen sein.

Vom Programmangebot des Festivals Perspectives, das sie jeden Abend besuchen, sind beide sehr begeistert. Dass man eine so große Anzahl an Shows von durchgehend hoher Qualität sähe, sei auf Festivals selten, schwärmt Kölbel. „Ich war zum ersten Mal hier, aber ich werde ab jetzt immer kommen“.

Eine öffentliche Präsentation des Workshops, der die ganze Woche lief, ist am morgigen Samstag, 26. Mai, 16 Uhr, in der Joachim-Deckarm-Halle. Der Eintritt ist frei.

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