Rettungshubschrauber Christoph 16 Überlebenskampf in luftigen Höhen

Homburg/Saarbrücken · Rettungshubschrauber Christoph 16 ist seit 40 Jahren im Einsatz. Nach wie vor zählt bei den Einsätzen jede Minute.

 Rettungshubschrauber Christoph 16 ist im Landeanflug auf den Saarbrücker Winterberg. Der Helikopter flog im Jahr 2017 über 1400 Einsätze.

Rettungshubschrauber Christoph 16 ist im Landeanflug auf den Saarbrücker Winterberg. Der Helikopter flog im Jahr 2017 über 1400 Einsätze.

Foto: Ann-Iren Ossenbrink/ADAC

Bernd Gnädinger öffnet das Cockpit des ADAC-Rettungshubschraubers Christoph 16 auf dem Saarbrücker Winterberg. Der 57-Jährige ist ein schlanker Mann mit sonnengebräuntem Gesicht, der schon als Kind Pilot werden wollte. 1982 ließ er sich ausbilden, seit 1995 fliegt er den einzigen Rettungshubschrauber des Saarlandes. Während Gnädinger in aller Ruhe erklärt, wie man den Helikopter steuert, unterbricht ihn ein schriller Signalton. „Jetzt haben wir einen Einsatz“, sagt der Pilot. Von nun an geht alles blitzschnell. Der 57-Jährige setzt sich ins Cockpit und startet die Maschine. Notarzt Stephan Harter und Notfallsanitäter Michele Maione eilen herbei. Die Rotorblätter beginnen, sich zu drehen. Es wird laut. Nach wenigen Sekunden schütteln sich die umliegenden Grashalme und Sträucher. Sie werfen die Regentropfen ab, die sich am frühen Morgen auf ihnen gesammelt haben. Der Hubschrauber hebt ab. Mit über 800 PS und einer Geschwindigkeit von 220 Kilometern pro Stunde geht es in Richtung des Einsatzortes – Überherrn im Landkreis Saarlouis. Die Sicht ist klar an diesem Dezembermorgen. Die Autos auf den Saarbrücker Straßen sehen von oben schnell wie Spielzeuge aus. „Hier rechts ist jetzt die Völklinger Hütte zu sehen“, sagt Gnädinger nach gerade einmal zwei Flugminuten. Den Einsatzort in Überherrn erreicht Christoph 16 bereits nach neun Minuten. Ein Pkw bräuchte vom Winterberg aus mindestens eine halbe Stunde. Der Pilot landet den Helikopter sachte im Garten eines Überherrner Familienhauses. Ein Rettungswagen ist ebenfalls vor Ort. Nach wenigen Minuten kommen Notarzt Stephan Harter und Notfallsanitäter Michele Maione wieder aus dem Haus. Harter hat entschieden, dass der Krankenwagen den Patienten in eine Klinik bringen kann. Es handelt sich um einen Mann mit Herzproblemen, dem übel war. Er wird nun zur Kontrolle ins Krankenhaus Saarlouis gebracht. Der Hubschrauber fliegt zurück zum Winterberg.

Christoph 16 ist bereits seit 40 Jahren im Saarland und in Rheinland-Pfalz im Einsatz. 1978 rettete er zum ersten Mal Patienten. Seitdem hatte der Hubschrauber über 52 000 Einsätze, allein 1412 im Jahr 2017. Von 1978 bis 1996 war die Station auf dem Winterberg in Händen des Bundesinnenministeriums. Die Piloten kamen damals vom Bundesgrenzschutz. Dann übernahm die ADAC-Luftrettung die Station. Träger ist nun das Saar-Innenministerium. Das aktuelle Helikopter-Modell, eine EC135 P2, ist seit 2012 im Einsatz und kostet rund 5,1 Millionen Euro. Zusätzlich befindet sich an Bord eine medizinische Ausstattung im Wert von rund 400 000 Euro. „Die Kosten für einen Flug können von einigen Hundert Euro bis zu mehreren Tausenden Euro reichen – je nach Einsatz“, sagt Jochen Oesterle, Pressesprecher der ADAC-Luftrettung. Im Bundesdurchschnitt kostet ein Flug eines ADAC-Helikopters zwischen 1000 und 1500 Euro. Die Krankenkassen übernehmen die Kosten. Christoph 16 fliegt 90 Prozent seiner Einsätze im Saarland, den Rest in Rheinland Pfalz.

Wie rapide die Retter auf dem Winterberg arbeiten, erklärt Klaus Kacheleck. Auch er ist Pilot und fliegt Christoph 16. Nachdem ein Notruf eingeht, dauere es im Schnitt gerade einmal etwa zwei Minuten, bis der Rettungshubschrauber in der Luft ist, sagt Kacheleck. Die Notrufe gehen bei der zentralen Leitstelle ein, die ebenfalls auf dem Saarbrücker Winterberg stationiert ist. Die Leitstelle koordiniert alle Rettungswagen im Saarland – und entscheidet, wann Christoph 16 ausrückt. Die Besetzung im Helikopter ist immer gleich: Neben einem Piloten von der ADAC-Luftrettung sitzen ein Notfallsanitäter vom Deutschen Roten Kreuz und ein Notarzt des Winterbergklinikums im Hubschrauber. Christoph 16 kann einen Patienten transportieren. Gerade bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Unfällen zähle oft jede Minute.

Doch wie kommt die Crew des Rettungshubschraubers damit zurecht, jeden Tag so viel Leid zu sehen? „Natürlich gehen einem manche Einsätze etwas länger nach, gerade wenn die Patienten Kinder sind. Aber grundsätzlich kann man diesen Job nicht lange machen, wenn man die Schicksale alle mit nach Hause nimmt,“ sagt Notfallsanitäter Markus Dresen. Klaus Kacheleck erzählt von einem Fall, der ihm besonders in Erinnerung geblieben ist. „Es gab einmal einen Motorradfahrer, der während des Fluges ansprechbar war. Wir dachten, das geht alles gut. Aber nach einer halben Stunde kam der Arzt aus der Notaufnahme und sagte, dass der Motorradfahrer tot sei.“

Für die Crew von Christoph 16 geht es darum, Menschen zu retten. Doch für Anwohner und Passanten ist der Helikopter auch immer ein Spektakel. Kacheleck und Dresen sind nahezu bei jedem Einsatz mit Schaulustigen konfrontiert. „Es gibt da keine Hemmungen. Egal wo man startet oder landet, wir werden überall in Bild und Ton festgehalten. Und nur eine einzige Person hat mich im vergangenen Jahr gefragt, ob sie mich fotografieren darf“, sagt Kacheleck. Teilweise sind die Gaffer mit der Verbreitung von Bildern und Videos sogar schneller als der Helikopter. „Die Sensationsgier ist groß. Manchmal kommen wir von einem Einsatz zurück, und es stehen schon Bilder und Videos vom Einsatz im Netz“, sagt Markus Dresen.

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