"Requisite zur Nebelmaschine!"

Saarbrücken. Zum Leiter der Requisite beim Saarländischen Staatstheater (SST) dringt man nicht so ohne weiteres vor, auch nicht mit Terminverabredung. "Sie müssen schon hier warten," sagt die Dame an der Pforte. Kann man denn nicht mit einer Wegbeschreibung selbst zu Peter Michael Bartoschs Büro finden? Nein, so geht das nicht

Saarbrücken. Zum Leiter der Requisite beim Saarländischen Staatstheater (SST) dringt man nicht so ohne weiteres vor, auch nicht mit Terminverabredung. "Sie müssen schon hier warten," sagt die Dame an der Pforte. Kann man denn nicht mit einer Wegbeschreibung selbst zu Peter Michael Bartoschs Büro finden? Nein, so geht das nicht. Die Verortung der Requisite im Theatergebäude ist nicht einfach. Ähnlich wie auf den Pfaden der Kostümabteilung ist man dabei durch Gänge und Kammern vom Dach bis zum Keller unterwegs, und von Requisite-Chef Bartosch persönlich geführt zu werden, ist Daueranlass für Ahs und Ohs. Eine Durchsage schallt durchs ganze Haus: "Requisite zur Nebelmaschine!"Peter Michael Bartosch erklärt: "Wenn auf der Bühne Feuer gebraucht wird, sei es für das Anzünden einer Zigarette oder sei es eben für die Nebelmaschine, dann muss der Rauchmelder so lange ausgeschaltet werden, weil sonst die Feuerwehr anrücken würde."

Das also macht "die Requisite". Was macht sie noch? Praktisches und schönen Schein. Handtaschen bis zum Abwinken. Handy-Attrappen, fast schöner als echte Smartphones. Hier eine Schachtel mit der Aufschrift "Geflügel", darin Vermischtes zwischen Plastik-Hühnerklein und Keramik-Straußenei. Da lebensgroße Puppen, mal intakt, mal nur als Oberkörper, dort auch ein Schädel mit heraushängendem Auge - für "Rocky Horror". Natürlich, das betont der Leiter der Requisite, ist all das nur zum kleinen Teil das Ergebnis seiner eigenen, noch jungen Tätigkeit am Staatstheater.

Vieles entsteht aus der Handwerkskunst und langjährigen Erfahrung der SST-Requisite im Team. Ein schönes Beispiel für eine neuere Kooperation: Für Richard Wagners "Parsifal", Ausgabe Saarbrücken, hat die SST-Requisite einen lebensgroßen Schwan hergestellt. Mit echten Federn natürlich. Die werden bei jeder Vorstellung auf der Bühne ausgerupft und anschließend von Eva-Maria Sendel, der Schneiderin der Requisite, wieder eingenäht. Irre schwer ist dieser Bühnenschwan, aber das sind ausgewachsene Schwäne ja auch. Und weil seine Flügel sich so bewegen lassen müssen wie bei einem toten Tier, haben die Saarbrücker Requisitenkünstler Gelenke entwickelt, die genau dies vortäuschen.

Morbiden Charme der Sonderklasse hat die Lösung des Bühnenproblems "Wie drehe ich der Schwanenpuppe glaubwürdig den Hals um?", was nämlich "Parsifal" am SST erfordert. Da hat Bartosch eigenhändig experimentiert, und nun klappt es hervorragend: Vor jeder Aufführung wird eine Portion Spaghetti in den Schwanenhals eingearbeitet. Und das knurpselt dann beim vermeintlichen Erwürgen wie eine echte Halswirbelsäule.

Oder: Wie macht man Asche, die nach menschlichen Überresten aussieht, für eine Urne auf der Bühne? Die - wichtig! - nicht staubt, wenn direkt darüber Arien gesungen werden? Auch das hat Peter Michael Bartosch ausgetüftelt: handgeraspelte Rohrverkleidungen sind die Lösung.

Wie kommt er auf so etwas? Bartosch hat Erfahrung in vielen Berufen. Und im Theater gibt es eine Reihe von Werkbänken und viel Material. Das eigentliche Büro der Requisite ist allerdings winzig, "hundezwingergroß" raunen Mitarbeiter. Neben dem Schreibtisch des Requisite-Leiters umfasst es auch noch Pausentisch und Garderobe des Requisite-Teams.

Zur Person

Peter Michael Bartosch hatte eher zufällig, bei einem Kurzjob am Theater Reutlingen, entdeckt, dass er das Talent und die Begeisterung zum Requisiteur hatte. Das war vor 15 Jahren. Zuvor war Bartosch Lehrer, baute als Installateur Fenster und Türen ein, arbeitete als Kommissionierer und zwei Jahre lang als Einzelhandelskaufmann. "Es ist ein Lernprozess, bis man weiß, was man will und kann," sagt er. Nach einschlägigen Weiterbildungen folgten Stationen in Esslingen, Konstanz und Stuttgart. Seit der Spielzeit 2011/2012 ist er Leiter der Requisite am SST. mlg

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