Direktor stellt Sozialbericht 2021 vor Regionalverband will den Kampf gegen die große Armut verstärken

Saarbrücken · Immer mehr Arme, Alte und Alleinstehende: Der Regionalverband Saarbrücken, in dem jeder dritte Saarländer lebt, steht in den nächsten Jahren vor riesigen Herausforderungen, wie der am Dienstag von Regionalverbandsdirektor Peter Gillo (SPD) vorgelegte Sozialbericht 2021 verdeutlicht.

 Fast jedes dritte Kind im Regionalverband Saarbrücken gilt als arm und bekommt Sozialleistungen. Symbolfoto: dpa

Fast jedes dritte Kind im Regionalverband Saarbrücken gilt als arm und bekommt Sozialleistungen. Symbolfoto: dpa

Foto: dpa/Z1022 Patrick Pleul

So wächst schon jetzt jedes dritte Kind in einer Familie auf, die Sozialhilfe erhält, und die Zahl der Grundsicherungs- und Wohngeldempfänger hat sich auch infolge der Corona-Pandemie binnen eines Jahrzehnts verdoppelt. Um hier mit geeigneten Präventionsmaßnahmen und Hilfen künftig besser gegensteuern zu können, will der Regionalverband nun seine im Frühjahr 2020 begonnene übergreifende integrierte Sozialplanung mit politischen Gremien, Kommunen und Trägern der freien Wohlfahrtspflege noch verstärken.

Der 200 Seiten starke Sozialbericht, der dritte in zehn Jahren, geht davon aus, dass die Zahl der Ruheständler über 65 Jahre im Regionalverband (RGV) bis 2040 um 13 Prozent steigen wird, während die Zahl der 20- bis 65-jährigen Menschen im erwerbsfähigen Alter um knapp 16 Prozent sinkt. Dabei liegt jetzt schon das Einkommen im Regionalverband mit 23 483 Euro pro Einwohner und Jahr unter dem Landesdurchschnitt im Saarland (24 881 Euro). Zudem wird ein Rückgang der Bevölkerung im RGV von derzeit 327 000 auf 302 300 Einwohner prognostiziert, wobei der Bevölkerungsschwund nur durch vermehrte Zuwanderung abgemildert werden könnte.

„Wir sind zwar wirtschaftliches Oberzentrum und mit einem Durchschnittsalter von 45,5 Jahren jüngster Landkreis im Saarland, aber hier ballen sich die sozialen Probleme“, betonte Gillo. So gelten 30 Prozent der Kinder als arm, und fast 45 Prozent der älteren Menschen seien auf Grundsicherung angewiesen. Als Träger der Jugendhilfe, der Sozialhilfe, des öffentlichen Gesundheitsdienstes und anderer sozialer Dienstleistungen habe der Regionalverband überdurchschnittlich hohe Kosten im Land zu tragen, was auch bei den nächsten Verhandlungen zum kommunalen Finanzausgleich im Saarland zur Sprache kommen werde, kündigte Gillo an. Im Kampf gegen die wachsende Armut erhofft sich Gillo von der Erhöhung des Mindestlohns auf bald 12 Euro etwas Entlastung.

„Für den Regionalverband heißt Prävention Geld ausgeben, um später Geld zu sparen“, sagte die für Arbeit, Jugend und Gesundheit zuständige Dezernentin Petra Spoo-Ludwig, die im Frühjahr 2020 die themenübergreifende integrierte Sozialplanung auf den Weg gebracht hatte. „Wir wollen nicht nur Daten sammeln und Probleme aufzeigen, sondern mit den Ergebnissen des Sozialberichts auch agieren.“ RGV-Sozialplaner Patrick Jochum nannte ein Beispiel: „Altersarmut ist vor allem weiblich.“ Hier gelte es anzusetzen, die Zahl der derzeit 80 Prozent Frauen unter allen Teilzeitbeschäftigten und 60 Prozent Anteil unter den geringfügig Beschäftigten zu reduzieren.

Bei der Kita-Planung geht Spoo-Ludwig davon aus, bis zum Jahr 2024 den Bedarf für alle Drei- bis Sechsjährigen decken zu können. Der Sprachunterricht für Kinder solle stärker gefördert werden. Ein Beispiel: „In Friedrichsthal können 40 Prozent der Kinder nicht richtig Deutsch, in Heusweiler dagegen nur sechs Prozent“, sagte die Dezernentin.

Bei der Stärkung der Seniorenarbeit setzt Gillo weiter auf den Ausbau von derzeit schon 17 Quartiersprojekten, in denen sich ältere Menschen treffen können. Weitere Bausteine seien die Unterstützung von Seniorenbeiräten und Seniorenberatern, aber auch die Bildungsangebote der Volkshochschule (VHS) samt ihrer Akademie für Ältere.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort