Empörte Reaktionen im Netz Autokorso für deutsch-russische Brüderschaft von Zweibrücken bis Saarbrücken geplant

Zweibrücken · Russlandfreundliche Zweibrücker haben für Sonntag, den 8. Mai, einen Autokorso von Zweibrücken über Homburg und St. Ingbert bis nach Saarbrücken geplant. Bis zu 100 Autos könnten teilnehmen. Der Aufruf sorgte in Sozialen Medien diese Woche für heftige Kritik.

 Schon in mehreren deutschen Städten gab es Auto-Demos gegen, auch hier am 10. April in Kaufbeuren wurde gegegen eine – angebliche – „Diskriminierung russischstämmiger Menschen“ demonstriert.

Schon in mehreren deutschen Städten gab es Auto-Demos gegen, auch hier am 10. April in Kaufbeuren wurde gegegen eine – angebliche – „Diskriminierung russischstämmiger Menschen“ demonstriert.

Foto: dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Russlandfreundliche Zweibrücker haben für Sonntag, 8. Mai, einen Autokorso durch Zweibrücken und große Teile des Saarlands angemeldet.

In dem auf Facebook veröffentlichten Aufruf werden vier Gründe für die Demonstration genannt: „Als Zeichen für eine Brüderschaft zwischen Deutschland und Russland. Als Zeichen gegen die Diskriminierung russischsprachiger Mitbürger. Als Zeichen gegen Krieg. Als Gedenken an alle gefallenen Soldaten.“

Ein 26-jähriger Zweibrücker hatte diesen Aufruf am Dienstagabend in der größten Zweibrücker Facebook-Gruppe „Zweibrücken, unsere Stadt“ mit den Worten „Wer Lust hat kann gerne kommen“ geteilt – und damit für viel Kritik gesorgt. Aus zwei Gründen. Erstens: Von der Ukraine – derzeit Opfer des russischen Angriffskriegs – ist in dem Aufruf keine Rede. Zweitens: Auch auf mehrfache Nachfragen weigerte sich der 26-Jährige, die Namen der Demo-Anmelder zu nennen. Wen das interessiere, solle doch bei der Stadtverwaltung nachfragen.

Einige Stunden später löschten die Betreiber der Facebook-Gruppe deshalb den Aufruf. Administratorin Marie Charlie Strauch erklärte auf Nachfrage unserer Zeitung: „Ich habe den Post gelöscht, weil es mir nach der ganzen Geheimniskrämerei in den Kommentaren darum, wer verantwortlich für die Veranstaltung ist, und nachdem auf Nachfrage beim Postenden, warum er sich auf seinem Privatprofil öffentlich mit dem russischen Angriffskrieg solidarisiert, keine Antwort kam, zu heikel wurde, – wir möchten keinen Veranstaltungen Reichweite bieten, die sich, hinter Phrasen der beiderseitigen Anteilnahme versteckend, letztendlich doch nur auf eine Seite stellen.“ Dies sei deutschlandweit in letzter Zeit schon bei einigen prorussischen Autokorsos so gewesen.

In dem Autokorso-Aufruf steht: „Bitte kein ,Z‘ und ,V‘ auf die Autos kleben.“ Beide Zeichen verwendet Russland auf seinen Militärfahrzeugen in der Ukraine und in seiner Propaganda – in Deutschland können sie laut Bundesinnenministerium strafbar sein, wenn sie als Unterstützung für den völkerrechtswidrigen Krieg dienen. Kommentatoren in der Facebook-Diskussion kritisierten, der Aufruf-Teiler verwende ein russischfarbiges „Z“ auf seiner Facebook-Seite. Am späten Abend war es nicht (mehr) zu sehen.

Der 26-Jährige sagte auf Anfrage unserer Zeitung: Die Anmelderinnen seien ein Familienmitglied von ihm und eine Kollegin, beide aus Zweibrücken. Die Namen wolle er nicht öffentlich machen, um sie vor Anfeindungen zu schützen, wie es sie nach anderen russlandfreundlichen Autokorsos in Deutschland schon gegeben habe, bat der 26-Jährige um Verständnis.

Der Aufruf-Verbreiter machte in dem Telefonat einerseits kein Geheimnis daraus, dass er in dem Russland-Ukraine-Krieg, den er wie Putin als „militärische Spezialoperation“ bezeichnete, auf russischer Seite stehe. Andererseits betonte der Zweibrücker, in dem Aufruf gehe es ausdrücklich um das „Gedenken an alle gefallenen Soldaten“, also auch ukrainische. Gedenken wolle man auch aller Gefallenen des Zweiten Weltkriegs.

Auf die Frage, wo und wie denn Menschen russischsprachiger Herkunft in Zweibrücken diskriminiert würden, wie der Aufruf behauptet (den Pfälzischen Merkur erreichten diesbezüglich bislang keinerlei Hinweise), antwortete der 26-Jährige, dies geschehe „häufig in Deutschland“. Aber bei uns? „In meinem Bekanntenkreis ist schon etwas vorgefallen, das möchte ich aber nicht näher ausführen.“ Es gebe „zum Beispiel auch von ukrainischen Menschen, die hierher geflüchtet sind, Beschimpfungen“.

Die Demonstration soll am 8. Mai stattfinden – dem Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs 1945. Das „passt zwar ganz gut“, sei aber „ganz zufällig“, erzählt der 26-Jährige: „Eigentlich wollten wir das schon am 24. April machen, aber das Koordinieren mit den Behörden hat etwas gedauert.“

Man rechne mit ungefähr 100 teilnehmenden Fahrzeugen. Der Autokorso führe von der Geschwister-Scholl-Allee in Zweibrücken (12 Uhr) über Homburg und St. Ingbert bis zu einem „sowjetischen Denkmal“ am Hauptfriedhof Saarbrücken. Dort wollte man eigentlich der gefallenen Soldaten mit Blumen gedenken – doch die Saarbrücker Ordnungsbehörde werde laut Vorgespräch wohl zur Auflage machen, auf Blumen mit Rücksicht auf den vielen Betrieb wegen des Muttertags zu verzichten.

Der Zweibrücker Stadtsprecher Jens John bestätigt auf Merkur-Anfrage: „Die Versammlung wurde ordnungsgemäß angemeldet.“ Die Routenplanung von Zweibrücken nach Saarbrücken sei „noch nicht endgültig“. Auch der „Auflagenbescheid durch die Zweibrücker Ordnungsbehörde sei „noch in Bearbeitung. Er werde aber nach vorheriger Absprache mit den Behörden aus Homburg, St. Ingbert und Saarbrücken – wo die Demo ebenfalls schon angemeldet sei – „zeitnah erlassen“.

Wegen des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit müssen Demonstrationen nicht genehmigt, sondern nur angemeldet werden. Demos dürfen nur aus sehr gewichtigen Gründen untersagt werden. Auflagen sind allerdings möglich.

Das deutsche Versammlungsgesetz schreibt auch vor: „Wer zu einer öffentlichen Versammlung oder zu einem Aufzug öffentlich einlädt, muss als Veranstalter in der Einladung seinen Namen angeben.“ Das aber ist in dem in der Zweibrücker und auch einer Saarbrücker und später auch einer Homburger Facebook-Gruppe geteilten Aufruf-Bild nicht geschehen. Wird das Konsequenzen haben? Der Zweibrücker Stadtsprecher Jens John antwortet: „Ein möglicher Verstoß wird durch die Ordnungsbehörde geprüft und gegebenenfalls im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten sanktioniert.“ In der Anmeldung bei der Ordnungsbehörde seien die Namen genannt.

Der Saarbrücker Stadtsprecher Thomas Blug mailte auf Anfrage unserer Zeitung zu dem Autokorso: „Eine Anmeldung liegt vor. Diese wird derzeit geprüft, wir sind mit den Sicherheitsbehörden in Abstimmung. Weitere Infos können wir derzeit daher noch nicht geben.“ Die Auflagen seien noch nicht erlassen worden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort