Premiere Erst Zwang und Klischee, dann die Befreiung

Saarbrücken · Das Mutanth Musiktheater hat mit seinem Stück „Unbeschreiblich weiblich“ dieser Tage in Saarbrücken Premiere gefeiert.

 Gabriele Bernstein, Eilza Montes des Oca und Eva Lajko (von links) vom Mutanth Tanztheater schaffen in ihrer Aufführung von „Unbeschreiblich weiblich“ ein Gleichgewicht zwischen feministischen Zitaten, ansprechender Musik, dargestellten Klischees und ausdrucksstarken Tänzen.

Gabriele Bernstein, Eilza Montes des Oca und Eva Lajko (von links) vom Mutanth Tanztheater schaffen in ihrer Aufführung von „Unbeschreiblich weiblich“ ein Gleichgewicht zwischen feministischen Zitaten, ansprechender Musik, dargestellten Klischees und ausdrucksstarken Tänzen.

Foto: Oliver Dietze

Leider haben nur wenige Besucher am Donnerstagabend den Weg in das TiV, Theater im Viertel, gefunden. Vielleicht lag es am Dauerregen oder am Coronavirus, auf jeden Fall war es schade, denn die Aufführung „Unbeschreiblich weiblich“ des Musiktanztheaters Mutanth hätte auf alle Fälle mehr Zuschauer verdient gehabt. Während gut 60 Minuten haben Gabriele Bernstein, Eva Lajko und Eliza Montes de Oca ihr überwiegend weibliches Publikum blendend unterhalten. Von den drei Künstlerinnen stammte auch das Konzept, die Ausstattung und die Inszenierung, während die Endregie Barbara Scheck vornahm und die musikalische Leitung und Audiobearbeitung bei Héctor Zamora lag.

In einer Collage aus Szenen mit Tänzen, Liedern, Bildern und Projektionen haben Gabriele Bernstein, Eva Ljko und Eliza Montes de Oca weibliche Themen, zum Teil sehr humorvoll, zum Teil sehr gefühlvoll, dargestellt. Zu Beginn ging es um die Zwänge, die Frauen bis 1910 durch die Bekleidung erleiden mussten. Die drei Darstellerinnen führten das drastisch vor, indem sie Korsett und Reifrock trugen und sich jede zwei Luftballons in den Ausschnitt gesteckt hatte. Dazu wurde zuerst höfisch getanzt, dann sich befreit. Und Gabriele Bernstein trug vor, dass im Jahr 1910 das Frauenturnen erlaubt wurde, was vorher, ebenso wie der Besuch von Bibliotheken und Universitäten für Frauen verboten war.

Die Musik kam zum großen Teil vom Band, so war akustische Gitarrenmusik neben Teilen von Michael Jacksons „Thriller“ und auch der „Babysitter Boogie“ oder das namensgebende „unbeschreiblich weiblich“ der Nina Hagen Band zu hören. Die Szenen waren jeweils kurz und kurzweilig, und es wurde nicht nur getanzt. So trug wieder Gabriele Bernstein auch Zitate von Rosa Luxemburg oder Bertha Suttner sowie Hannah Arendt vor, daneben wurden die unwürdigen Arbeitsbedingungen in den asiatischen Textilfabriken thematisiert oder als Projektion protestierende Frauen in Chile gezeigt. Dazwischen aber wurde auch einfach nur getanzt, und Eva Lajko zeigte ihr Können mit Seifenblasen in wunderschönen, poetischen Bilder.

Mit wenigen Mitteln konnten die drei Darstellerinnen aber auch angeblich typisch weibliche Eigenarten, wie die Liebe zu Schuhen, thematisieren, das Klischee gleichzeitig darstellen, aber auch charmant ad absurdum führen. Sehr stark war auch die Szene, in der Eva Lajko und Eliza Montes de Oca in Gesten zu dem Song „Zuhause bist immer nur du“ von AnnenMayKantereit die Erziehung von Kindern darstellten, ihre Bewegungen wurden immer schneller, sodass sie am Ende erschöpft zusammensanken.

Ein Höhepunkt waren die spanischen Lieder, die Eliza Montes de Oca mit viel Gefühl vortrug, und die sogar noch teilweise von Eva Lajko am Piano begleitet wurden. Und während in der vorletzten Szene Eva Lajko wortwörtlich unter einem Tuch mit Erde begraben wurde, so wurde zum Abschluss noch mal Mambo getanzt, Blumen gestreut und auf die gesamte Szenerie projiziert. So fand die Aufführung ihr Gleichgewicht zwischen feministischen Zitaten, ansprechender Musik, dargestellten Klischees, poetischen Bildern und ausdrucksstarken Tänzen.

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