Historisches Museum Graf und Gräfin geben sich die Ehre

Saarbrücken · Astrid Lambrecht und Dirk Walter haben ihre Begeisterung für Geschichte zum Beruf gemacht.

 Astrid Lambrecht und Dirk Walter sind die  „Grafen“ am Saarbrücker Schloss. Dort laden sie zu Führungen ein.

Astrid Lambrecht und Dirk Walter sind die  „Grafen“ am Saarbrücker Schloss. Dort laden sie zu Führungen ein.

Foto: Iris Maria Maurer

Regelmäßig kann man den Grafen Johann I. von Saarbrücken Commercy mit seiner Gemahlin, der Gräfin Margarethe von Grancey, auf dem Saarbrücker Schlossplatz sehen. Eigentlich sind es Dirk Walter und Astrid Lambrecht auf oder vom Weg ihrer Arbeitsstätte, dem Historischen Museum Saar, wo sie gerade eine Führung hatten. Ihre Haltung und ihre originalgetreuen Gewänder machen das Paar jedes Mal zu einem besonderen Anblick. Und es gibt noch etwas, was sie von anderen kostümierten Stadtführungen unterscheidet: Sie lieben und leben ihre historischen Figuren. „Schon als Kind habe ich mir historische Romane gekauft und gelesen. Der erste war über Désirée Clary, die Verlobte von Napoleon Bonaparte“, erinnert sich Astrid Lambrecht, die in Saarbrücken geboren wurde. Und dann erzählt sie weiter, dass sie auch viel Fachliteratur zu historischen Figuren gelesen habe, und dass es auch deren Moden waren, die sie schon als Kind liebte, „das war immer meins“, fügt sie lachend hinzu.

Da wundert es nicht, dass sie diese Liebe zur Mode später zum Beruf machte und eine eigene Boutique führte. Ab dem Jahr 1998, als ihre Zwillinge geboren wurden, widmete sie sich ihrer Familie, bis im Jahr 2001 ein neuer Partner in ihr Leben trat – Dirk Walter. Der hatte bis dahin eine Buchhändlerlehre gemacht, in verschiedenen Buchhandlungen gearbeitet, war aber gerade dabei, seine eigentliche Berufung zum Beruf zu machen. „Das Mittelalter hat mich immer schon interessiert“, erzählt er. „Schon als Kind, da war ich noch keine zehn Jahre alt, habe ich ein rotes Handtuch zu meinem Umhang gemacht, und wollte unbedingt Archäologie studieren, um Atlantis zu entdecken.“ Aber die schulische Laufbahn war dafür zu turbulent. „Daher habe ich als Statist am Theater angefangen und da es mich so interessierte, habe ich freiwillig und unentgeltlich an den archäologischen Ausgrabungen im Kreuzgang der Stiftskirche St.Arnual teilgenommen“.

Das Mittelalter war bei ihm zweifelsohne mehr als nur ein Hobby. Und um dem Ganzen ein Gesicht zu geben, hat er sich eine historische Person ausgesucht, die er verkörpern wollte. „Zuerst habe ich mir, da ich Saarbrücker bin, und schon als Kind auf der Stadtmauer gespielt habe, den Grafen Johann I. von Saarbrücken ausgesucht, der von 1260 bis 1342 lebte. Denn der ist für damalige Verhältnisse sehr alt geworden, da dachte ich, den kann ich in jedem Alter spielen“, berichtet Dirk Walter augenzwinkernd. Zuerst spielte er die Figur bei verschiedenen Mittelalter-Gruppen, dann aber, im Jahr 1998, zur 500-Jahr-Feier des Rathauses von Saarbrücken, auch auf einem Mittelaltermarkt. „Zu der Zeit war im Historischen Museum nur der Rote Turm unterirdisch zu sehen. Und der war genau einmal im Jahr geöffnet. Das musste man doch beleben“, erklärt Dirk Walter weiter. Er setzte sich daher mit dem Historischen Museum in Verbindung und entwickelte verschiedene Führungen und Kinderprogramme. Heute sind es zwei Führungen, die im Museum angeboten werden: die Ritterführung und die Führung von Johann IV. von Saarbrücken, dem Erbauer der Kasematten.

Seit dem Jahr 2002 ist der Graf von Saarbrücken auch nicht mehr allein, er wird von seiner Gemahlin Margarethe begleitet. Seit dem Jahr 2004 lebt Dirk Walter seine Leidenschaft hauptberuflich aus, neben Krimi-Dinners und den Führungen zu den Grafen Johann I., III. und IV. von Saarbrücken schlüpft er auch in die Rollen des Nachtwächters Heinrich oder des Karl Heinrich Franz von Maltitz, Offizier des Fürsten Ludwigs.

Astrid Lambrecht entwickelt die Figuren mit und schlüpft dann in die Rolle der Gemahlinnen, wie die der Adelheit von Kronengracht. Besonders wichtig sind ihnen dabei die Kostüme. „Die kommen schon mal aus dem Theaterfundus, aber das Meiste ist selbst gemacht“, betont sie. Dabei achten die beiden darauf, dass originale Stoffe genutzt werden. Auf Organza oder Polyesterstoffe, die zwar einfacher zu pflegen, aber historisch unpassend sind, wird verzichtet. „Wenn man diese originalgetreuen Kostüme fertig kaufen würde, hätten die schon mal den Wert eines Mittelklassewagens“, sagt Lambrecht. Während der Führungen trägt sie ihre moderne Kurzhaarfrisur unter einer Haube oder einer Perücke. Und Dirk Walter? Seinen gezwirbelten Schnurrbart mit kleinem Spitzbart trägt er auch im Privatleben mit viel Überzeugung.

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