Jugendtanzprojekt Jubel für 49 junge Tänzerinnen und Tänzer
Spicheren · Tosenden Applaus gab es Mittwoch auf den Spicherer Höhen für das Jugendtanzprojekt „Passagen in Portbou“, das beim Saarbrücker Festival Perspectives Premiere feierte. Heute wird es noch einmal aufgeführt.
Wann erlebt man schon mal 49 Tänzerinnen und Tänzer gemeinsam auf einer Bühne? Allein schon die Menge der jungen Leute, die sich am Mittwoch unterm Dach eines Zeltes auf den Spicherer Höhen eine Tanzfläche teilen, ist beeindruckend.
Und sie kommen von überall her: aus Saarbrücken, Forbach und Umgebung, Nantes, Sarajewo und Targu Jiu in Rumänien. Zusammengebracht hat sie Heiner Buchen vom Dekanat Saarbrücken, damit sie gemeinsam ein Tanzstück über Menschen auf der Flucht auf die Beine stellen. Ein Thema, das nicht nur heute aktuell ist.
Der Titel „Passagen in Portbou“ führt auch zurück in deutsche und europäische Geschichte: zu Walter Benjamin, dem deutschen Philosophen und Schriftsteller, der wie so viele 1940 durch den französischen Grenzort Portbou vor den Nazis nach Spanien flüchten wollte und sich, weil man ihm die Ausreise verweigerte, dort das Leben nahm.
In einem Sommercamp – im Vorjahr in jenem Portbou und jetzt in Spichern – ist es Choreografin Daniela Rodriguez, assistiert von fünf weiteren Choreografen, gelungen, die vielen jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einer tänzerisch starken Gruppe zu formen.
Bei der rundum gelungenen Premiere von „Passagen in Portbou“ am Mittwoch bilden sie in 65 prallen Minuten immer wieder neue, dynamische Bilder voller Energie. Als Menschen, die gleiche existenzielle Notlagen als Flüchtende miteinander teilen, sehen wir sie zusammenstehen wie eine Person, Verzweiflung im Gesicht, sich in kollektivem Schreien Luft verschaffen.
Immer lenkt die Inszenierung dabei unseren Blick von der Menge auf Einzelne, indem diese sich herauslösen oder mit Scheinwerfer herausgehoben werden und sich in verschiedenen Streetdance-Stilen ganz individuell und sehr virtuos ausdrücken.
Wir erleben Menschen in typischen Fluchtsituation, wie sie auch Benjamin erlebt hat: ewiges Warten auf Stühlen, auf ein versprochenes Visum, den einzig verbliebenen Koffer schleppend. Diese charakteristische Requisiten sind vielseitig tänzerisch eingebunden. Eine stilisierte Telefonzelle wird hier zur Gesangs- und Tanzkabine. Die Sprech- und Gesangseinlagen (unter anderem von einem hervorragenden Flamencosänger) in Englisch, Deutsch und Spanisch muss man gar nicht unbedingt verstehen können, um die Botschaft dieses Tanzabends zu begreifen.
Und was sagen die Teilnehmer? Für Maêl Abderahmane, 14, aus Stiring-Wendel, lautet die Botschaft: „Man muss die Menschen, egal wo sie herkommen, so akzeptieren wie sie sind und wie sich selbst“. Auch für Baî Pius Madou aus Friedrichsthal, 12, war neben dem Tanzen das Interessante: „sich mit Menschen aus anderen Ländern und anderen Sprachen auseinanderzusetzen“.
„Es ist ein unglaublich tolles Projekt, das Heiner Buchen da auf die Beine gestellt hat“, schwärmt Johanna Blickle, 20, aus Saarbrücken. Man könne nur dankbar sein und hoffen, dass es weitergehe.
„Passagen in Portbou“ ist am heutigen Freitag, 10 Uhr, nochmal im Zelt auf den Spicherer Höhen zu sehen. Karten unter (06 81) 93 81 09 93.
www.festival-perspectives.de