Kunst im öffentlichen Raum Auf dem Uni-Campus sitze die Lesende von Hans Treitz
Saarbrücken · Es gibt Kunst, für die muss man nicht ins Museum. Man kann sie sozusagen im Vorbeigehen „mitnehmen“. Zum Beispiel die Lesende von Hanz Treitz auf dem Uni-Campus.
Die „Lesende“ ist eine halbhohe Bronzeskulptur hinter der Universitätsbibliothek auf dem Saarbrücker Campus. Sie stammt aus den Jahren 1982/ 83, der St. Wendeler Künstler Hans Treitz hat die außergewöhnliche Darstellung geschaffen. Denn die „Lesende“ wird nicht in klassischer Haltung gezeigt, sondern sie sitzt im Schneidersitz auf einem niedrigen, einfachen Sockel. Die Beine hat sie leicht gespreizt, die Unterschenkel verschränkt nach hinten übereinandergeschlagen, ihre Körperlichkeit ist von einem einfachen Kleid verdeckt.
Dazu lehnt sie sich leicht zurück, sodass diese Haltung eigentlich nur bequem einzunehmen ist, wenn der Rücken eine zusätzliche Lehne erhält. Eine Lehne ist jedoch nicht ausgeführt. Auch die Armhaltung der Skulptur, sie hält ihre Zeitschrift oder ihr Buch erhöht vor Augen, ist für die traditionelle Darstellung einer lesenden Figur eher untypisch.
Hinzu kommt, dass die gesamte Ausführung der „Lesenden“ vereinfacht ist, die Formen von Frisur, Armen und Buch sind etwas grob, die zarten Gesichtszüge der Figur sind nur angedeutet. Die Oberfläche der Bronze ist aufgeraut, Spuren der Gestaltung bleiben erkennbar.
Trotz der etwas groben Darstellung hat die „Lesende“ etwas Bezauberndes und wirkt gleichzeitig modern und trotzdem auch etwas altmodisch. Ursprünglich war ihr Aufstellungsort der Innenhof des Zeitschriftenraums der Universitätsbibliothek. Dort waren um die Skulptur herum Sitzmöglichkeiten verteilt, die die Studierenden und Bibliotheksbenutzer einluden, sich zu ihr ins Freie zu setzen.
Ihr neuer Standort zwischen dem hohen Turm der Bibliothek und dem früheren Botanischen Garten lässt sie dagegen kleiner und auch etwas einsam wirken, auch fehlen Sitzmöglichkeiten neben ihr. Aber trotzdem hat sie als Lesende nach wie vor einen engen Bezug zum Gebäude der Bibliothek.
Hans Treitz, geboren 1922 in Bliesen bei St. Wendel, besuchte in den späten 1940er Jahren die Schule für Kunst und Handwerk, sein Professor war Theo Siegle, der für seine Portraits berühmt geworden war. Von 1951 bis 54 studierte Hans Treitz an der Akademie der Bildenden Künste in München bei Prof. Anton Hiller. Anschließend arbeitete er als freischaffender Künstler und Bildhauer in Saarbrücken.
Hans Treitz ist 1986 in Saarbrücken gestorben, sein Nachlass befindet sich im Landesarchiv des Saarlandes. Seit mittlerweile fast 40 Jahren erfreut sich die außergewöhnliche Darstellung der Lesenden großer Popularität bei den Studierenden und setzt mit ihrer ungewöhnlichen figürlichen Gestaltung und dem thematischen Bezug einen künstlerischen Akzent im Leben der Universität.