Opernensemble Neues Stimmfach, neue Abgründe

Saarbrücken · Die Mezzosopranistin Judith Braun ist Mitglied des Opernensembles des Saarländischen Staatstheaters. Vergangene Spielzeit erwarteten sie viele Herausforderungen.

 Die Opernsängerin Judith Braun und Stefan Röttig auf der Bühne des Saarländischen Staatstheaters.

Die Opernsängerin Judith Braun und Stefan Röttig auf der Bühne des Saarländischen Staatstheaters.

Foto: BJOERN_HICKMANN_________________

Seit 2009 ist Judith Braun festes Mitglied im Opernensemble des Saarländischen Staatstheaters. Jetzt hat die Mezzosopranistin gleich doppelten Grund zur Freude. Zum einen gehört sie zu den wenigen Sängern, deren Vertrag der neue Intendant Bodo Busse verlängert hat. Zum anderen gehört sie zu den drei diesjährigen Preisträgern des SST-Sponsorclubs. Der prämierte die Sängerin zum Saisonende für „hervorragende künstlerische Leistungen“ als Marfa in Leos Janaceks Oper Katja Kabanova und als Anita im Gershwin-Musical „West Side Story“.

Beide Partien hätten sie auf je verschiedene Weise neu herausgefordert, erklärt die Sängerin im Gespräch mit der Saarbrücker Zeitung. Die „West Side Story“, die der Ballettdirektor Stijn Celis inszenierte, war ihr persönliches Musical-Debüt. Da habe sie zwischen all den Tänzern und ausgebildeten Musical-Darstellern, die als Gäste mitwirkten, tänzerisch natürlich gute Qualität abliefern wollen und deshalb zusätzlich mit einer Tänzerin trainiert, sagt Judith Braun. Insgesamt habe es ihr viel Spaß gemacht, betont sie, auch weil „West Side Story“ die Art Musical sei, die man auch als klassische Sängerin gut singen könne, ohne sich stimmlich dabei „wehzutun“. Ähnlich wie das nächste Musical, „My Fair Lady“, in dem sie in der kommenden Spielzeit als Miss Pearce mitwirken wird. Schöne Aussichten also.

Die Partie der Marfa in Kaja Kabanova war für Braun persönlich wiederum die interessanteste der vergangenen Spielzeit. Weil die Sängerin, die als lyrischer Sopran begonnen hat, damit in das neue Stimmfach des dramatischen Sopran gewechselt ist. Der Zeitpunkt dafür sei gekommen, sagt Braun. „Man hat mehr Erfahrung mit dem Körper, man geht anders mit dem Körper um und es kommt anders aus dem Körper heraus“. Aber dennoch müsse man sich in dieses Stimmfach erst ein bisschen einarbeiten. Auch emotional hat ihr die Figur der boshaften Marfa, die ihre Schwiegertochter in den Tod treibt, einiges abverlangt. Um das spielen zu können, müsse man das fühlen und sich in Abgründe begeben, die einem aus dem Alltag eher nicht vertraut seien, sagt die Sängerin. Da fand sie schon hilfreich, dass Regisseur Ben Baur dem Ensemble zur Einstimmung den surrealistischen Psycho-Horrorfilm „Santa Sangre“ gezeigt habe, dessen Figurenkonstellation – er dreht sich um eine Zirkusfamilie – gewisse Parallelen zu der der Janacek-Oper aufgewiesen habe.

Mag auch manch einer behaupten, dass sich selbst zwischen gewöhnlichen Saarländern und Pfälzern Abgründe auftäten, so ist Judith Braun der lebendige Gegenbeweis. „Meine Mama ist Saarländerin, der Papa Pfälzer“, erzählt sie. Ihre Eltern hätten sich in der Pfalz kennengelernt und seien dann ins Saarland gezogen. Deshalb ist Judith Braun zwar in Ludwigshafen geboren, aber im saarländischen Bexbach aufgewachsen und kann, wenn sie will, schwätzen ganz wie Heinz Becker. Auch studiert hat sie im Saarland, an der Hochschule für Musik Saar, bevor sie ans Opernstudio in Wiesbaden wechselte und noch ein Privatstudium in Frankfurt anschloss. Nach Gastengagements in Lüneburg, Karlsruhe, kehrte Braun wieder nach Saarbrücken zurück, erst als Gast, dann für länger. Sie habe es gar nicht darauf angelegt, die Stelle hier zu bekommen, es habe sich einfach so ergeben, sagt sie.

 Judith Braun

Judith Braun

Foto: Andre Mailaender

Jetzt ist Judith Braun gespannt auf die Zusammenarbeit mit den neuen Kollegen und freut sich auf die neuen Partien. Neben der dritten Blumenfrau in der Zauberflöte, die wiederaufgenommen wird, und der Miss Pearce in „My Fair Lady“ singt sie in der nächsten Spielzeit die Fenena in der Verdi-Oper „Nabucco“ und die Edvige, die Gattin des Titelhelden, in Rossinis „Guillaume Tell“. Die Partie, die ihr schon jetzt am meisten bedeutet, ist die einer anderen Gattin, die der Herodias in „Salome“ von Richard Strauss. Warum? Einfach weil sie ein interessanter Charakter sei und sie in ihrem neuen Stimmfach als dramatischer Sopran garantiert wieder ein Stück weiterbringe.

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