Was wäre wenn... Marx und Gandhi sich getroffen hätten Was wäre wenn... Marx und Gandhi sich getroffen hätten

Saarbrücken · Theater macht’s möglich: Im Theater im Viertel trafen die großen Denker aufeinander, und das Publikum kam in Strömen.

 Marx und Gandhi im Theater im Viertel: Sebastian Müller-Bech und Miguel Bejarano Bolívar.

Marx und Gandhi im Theater im Viertel: Sebastian Müller-Bech und Miguel Bejarano Bolívar.

Foto: Jean M. Laffitau

Was wäre, wenn sich Karl Marx und Mahatma Gandhi mal begegnet wären? Beide sind Helden der Geschichte, die den Lauf der Welt verändert haben. Die beiden Zeitgenossen, die mit unterschiedlichen Mitteln gegen die Unterdrückung der Massen kämpften und sich in London nur um ein paar Jahre verpassten, hätten sich vielleicht viel zu sagen gehabt.

Eine reizvolle Idee also von Miguel Bejarano Bolivar, die beiden in einem Theaterstück, für das Peter Tiefenbrunner Text und Regie übernahm, zusammenzubringen.

Das fand offenbar auch das Publikum, das dem Theater im Viertel (Tiv) am Wochenende quasi die Bude einrannte, so dass es zu den beiden angesetzten Vorstellungen gleich noch eine dritte ansetzen musste.

„Marx und Gandhi – face to face“ hat Tiefenbrunner, als satirischer Autor und Regisseur ein alter Hase, ziemlich clever gebaut. Die Treffen der beiden Protagonisten lässt er auf sich immer abwechselnden Spiel­ebenen stattfinden.

Im Hier und Jetzt angesiedelt ist die erste: Auf einem Londoner Friedhof begegnen sich der indische Mo (Miguel B. Bolivar) und der deutsche Charly (Sebastian Müller Bech), zwei arme Migranten, die  für einen mickrigen Mindestlohn Marx‘ in Schieflage geratenes Grabmal fürs Jubiläum wieder aufrichten sollen.

In einen schwarzen, unbestimmten Raum, den als Jenseits zu interpretieren wohl unpassend wäre, unterhalten sich (Mo) Gandhi und (Charly) Marx so selbstverständlich, als wären sie alte Freunde.

Man staunt, wie sehr Bolivar in der bekannten Gandhi-Kluft dem alten Inder ähnelt, würde Müller-Bech mit seinem Marx-Gehrock und Stock noch einen Marx-Bart ankleben, wäre es fast zuviel. Witzig auch der Einfall, die beiden Blindschach spielen zu lassen.

Doch dann wird‘s zäh. Was Gandhi und Marx sich zu sagen haben, ist eine bemühte Konversation, gefüttert mit Wissen und Zitaten aus ihren Schriften und vielleicht auch aus Wikipedia. Zündende Dialoge, leidenschaftliche Diskussionen hätte man erwartet, ja gewünscht, stattdessen gibt es Schulfunk, immerhin mit Augenzwinkern, jedoch in einem ermüdenden Schneckentempo gespielt.

Auf Kasperletheater baut die dritte Spielebene, die uns das Verhältnis der beiden Geschichtshelden zu ihren Frauen vermitteln will. Neben traditionellen Kasperpuppen im Stil des britischen Paars Punch und Judy, schuf Figurenbauerin Barbara Seite originelle „Eierkopf“-Fingerpuppen.

Man spürt zwar sehr wohl das kritische Anliegen, jedoch werden die Beziehungen der Ehepaare Gandhi und Marx doch sehr banalisiert. Gandhis zwangsverheiratete Kasturba, die ebenfalls politisch aktiv war, erscheint hier nur als schmollende Gattin, weil sich der Asket sexuell verweigert. Auch fehlt dem Puppenspiel der Mut zum wirklich derben Haudrauf, für den die britischen Originale stehen.

Die Friedhofszenen mit Mo und Charly, bei deren Dialogen man noch am wenigsten das Papier rascheln hört, sorgen wie auch das musikalische Spiel eines Bassisten und eines Gitarristen noch für die unterhaltsamsten Momente dieses auch viel zu langatmigen Abends.

Marx kann jetzt wieder in Frieden ruhen. Zum Ende seines Jubeljahres hätte man ihm eine knackigere Produktion gewünscht.

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