Wahl zum Oberbürgermeister in Saarbrücken Mirko Welsch will an die Rathausspitze – doch klappt das mit dieser Vergangenheit?

Saarbrücken · Der Kandidat der Freien Bürger-Liste (FBL) sorgt für heftige Reaktionen. Obwohl er ohnehin als aussichtsloser Bewerber um das höchste Amt in der Landeshauptstadt gilt.

 Dieser Schnappschuss aus dem Internet zeigt 2014 das heutige Mitglied des Dudweiler Bezirksrats,  Mirko Welsch (FBL), mit der einstigen Kneipenwirtin und heutigen NPD-Funktionärin Jacky Süßdorf.

Dieser Schnappschuss aus dem Internet zeigt 2014 das heutige Mitglied des Dudweiler Bezirksrats, Mirko Welsch (FBL), mit der einstigen Kneipenwirtin und heutigen NPD-Funktionärin Jacky Süßdorf.

Foto: www.vice.com/privat

Homosexualität. Diese Tatsache allein regt heutzutage nun wirklich niemanden mehr auf. Zumindest offiziell nicht. Spätestens nach Klaus Wowereits öffentlichem Bekenntnis 2001 „Ich bin schwul. Und das ist auch gut so.“ und seiner anschließenden Wahl zum Regierenden Bürgermeister von Berlin spielt die sexuelle Orientierung eines Politikers in der bürgerlichen Mitte eher eine untergeordnete Rolle.

Genug Unterstützer?

 Mirko Welsch heute.

Mirko Welsch heute.

Foto: Mirko Welsch

Anders hingegen bei Mirko Welsch. Der seit 2014 als Abgeordneter im Dudweiler Bezirksrat sitzende Kommunalpolitiker könnte seine eigene Vergangenheit im bevorstehenden Wahlkampf um das Amt des Saarbrücker Oberbürgermeisters einholen. Sollte er die 189 Unterstützerunterschriften zusammenbekommen, die nötig sind, um überhaupt als Kandidat seiner Freien Bürger-Liste (FBL) anzutreten. Die ist nämlich nicht im Stadtrat vertreten, ist darum auf die Hilfe der Saarbrücker angewiesen.

 Mirko Welsch (links) im Gespräch Lutz van der Horst, der den Saarbrücker Politiker während einer AfD-Party für die ZDF-Satiresendung Heute-Show aufs Glatteis führt.

Mirko Welsch (links) im Gespräch Lutz van der Horst, der den Saarbrücker Politiker während einer AfD-Party für die ZDF-Satiresendung Heute-Show aufs Glatteis führt.

Foto: SZ-Repro/ZDF

Pikanter Schnappschuss

Die blicken indes ganz genau auf das Leben, seine politische und private Laufbahn. Was wirkt da besser als ein Foto? Ein sehr verfängliches zudem. Das zeigt den heute 41-Jährigen knutschend. Aber nicht mit irgend einem Mann, sondern mit einer Frau. Mit einer NPD-Politikerin, die gerade in letzter Zeit wieder durch öffentliche Aktionen für Furore sorgt. So ließ sich Jacky Süßdorf unter anderem in Freibädern blicken, um dort für so genannte Schutzzonen zu kämpfen. Die ehemalige Wirtin schwört dabei den Konflikt zwischen ausländischen Besuchern und deutschen Frauen herbei. Süßdorf will die deutsche Weiblichkeit vor vermeintlichen Übergriffen muslimischer Männer durch Einsatz von Bürgerwehren schützen. Und agiert dabei im Namen der neonazistischen Partei, die bislang nicht durch ihren Kampf für die Gleichstellung Homosexueller aufgefallen ist.

Verteidigung: Unwissenheit

Zugegeben: Das Foto des sich inniglich küssenden Paares Welsch/Süßdorf entstand bereits 2014. Damals sei die ehemalige Wirtin des Saarbrücker Piratenschiffs noch kein NPD-Mitglied gewesen. Rassistische Ausraster waren ihr aber damals schon eigen, die sie bis heute auf gleich mehreren Profilen bei Facebook versprüht. Mirko Welsch verteidigte gegenüber Medien diese Aktion in einer Kneipe. Er habe nichts von ihrer rechten Gesinnung gewusst.

Satire-Kamera auf ihn gerichtet

Das war 2016, als der Schnappschuss auftauchte und bis heute durchs Internet wabert. Damals hatte Welsch ein wichtiges Amt bei der Alternative für Deutschland (AfD) inne: Er war Bundessprecher der Homosexuellen der rechts-konservativen Partei, die bestrebt ist, die Ehe für alle schnellstmöglich zu annulieren. In dieser Funktion stand der Bürokaufmann auch vor der Kamera. Mehr oder weniger unfreiwillig. Als ihn ein Reporter der ZDF-Satire-Sendung Heute-Show vorführte. 2016 interviewte ihn Lutz van der Horst während einer AfD-Wahlparty in Schwerin. Er stellte dem Saarländer verdrehte Fragen zur Flüchtlingsdebatte, die Welsch kaum und wenn nur unbeholfen einsilbig zu beantworten wusste. Ernsthaft gewollt, was den Eindruck beim Zuschauer erweckte, Welsch wisse nicht, vor wessen Kamera er soeben steht.

Wanderer zwischen den Parteien

Welsch trat wenig später aus der AfD aus, wie er es zuvor schon auch bei anderen Parteien tat. So war seine politische Heimat zeitweise unter anderem die FDP und die Freie Union, eine Kleinstpartei, die 2009 in Bayern als Ausgründung der CSU auftauchte. Nun ist es die Freie Bürger-Liste (FBL), die er selbst leitet. Sie versteht er als „Zusammenschluss mehrerer Freie-Wähler-Gruppierungen im Großraum Saarbrücken“. Mit ihr will Welsch eine Alternative für etablierte Parteien und AfD sein. Ein wenig undurchsichtig bleibt aber, für welche Freie-Wähler-Gruppe er zurzeit sein Mandat auslebt. Denn nach eigenen Angaben tue er dies seit 2017 für die Vereinigung Bürger-Bündnis-Saar, dem er ebenfalls vorsteht. Diese bezeichnet sich als „konservativ-liberale, saarländische Landes- und Volkspartei der politischen Mitte“: Eine organisatorische und inhaltliche Abgrenzung zur FBL ist schwierig auszumachen.

Schwuler Patriot

Sich selbst bezeichnete Welsch einmal in einem Interview als „konservativer schwuler Patriot“. Das war noch zu seiner AfD-Zeit. Und nach dem Knutscher mit NPD-Jacky.

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