Der Regisseur Walter Schmuck beim Ophüls-Festival Dieser „Don Quixote“ startet vom Nauwieser Viertel aus

Saarbrücken · Die Liebe hat ihn nach Saarbrücken verschlagen. So kommt es, dass der Dokumentarfilmer Walter Schmuck seinen Film „Die Reisen des jungen Don – Diarios de Don Quixote“ beim Ophüls-Festival als „saarländischen Beitrag“ zeigt. Die Dreharbeiten führten ihn nach Südamerika und in die eigene Familiengeschichte.

 Der in Karlsruhe aufgewachsene Walter Schmuck dreht Dokumentarfilme und lebt im Nauwieser Viertel.

Der in Karlsruhe aufgewachsene Walter Schmuck dreht Dokumentarfilme und lebt im Nauwieser Viertel.

Foto: Sebastian Dingler

Beim Max-Ophüls-Festival sind meistens eher wenige Saarländer vertreten. Neben der Saarbrücker Regisseurin Alison Kuhn, deren Kurzfilm „Fluffy Tales“ im Wettbewerb läuft, gibt es da noch den in Saarbrücken lebenden Schauspieler und Regisseur Walter Schmuck, der es mit einem Roadmovie auf die Watchlist geschafft hat.

„Die Reisen des jungen Don - Diarios de Don Quixote“ nennt sich das 99-minütige Werk, das den peruanischen Motorrad- und Selbstfindungstrip des in Karlsruhe geborenen Künstlers zeigt. Schmuck begibt sich dabei auf die Spuren seines Vaters, der einst in Peru drei Jahre Entwicklungshilfe leistete. Dessen traumatisches Erlebnis dabei war der Besuch eines Freundes, der sein Leben unter ungeklärten Umständen bei einem Kneipenbesuch verlor.

Walter Schmuck, der seinen etwas altbackenen Vornamen vom Großvater erbte, hätte seinen Vater gerne mitgenommen auf die Reise nach Peru. „Ich wollte ihm dieses angstbesetzte Bild nehmen, dass dort immer etwas Schlimmes passieren muss.“ Doch der Vater weigerte sich mitzukommen.

Am Anfang des Filmes ist zu sehen, wie er alte Bilder und Zeitungsausschnitte zeigt und mit seinem Sohn darüber spricht. „Er hat aber nur widerwillig zugestimmt, dass ich das Interview mit ihm verwenden darf“, erzählt Schmuck.

Die Ursprungsidee des Regisseurs war, das Don Quixote-Motiv auf die Geschichte seines Vaters zu übertragen. „Die Idee ist schon auf der Schauspielschule entstanden: dass mein Vater immer ein Don Quixote war.“ Der Mordfall sei das große Ereignis gewesen, in dem er den Ursprung für seinen Kampf fand. Das Angehen gegen die Windmühlen habe sich dann bei ihm in vielen Aspekten seiner Persönlichkeit bemerkbar gemacht.

In seiner Doku kämpft Schmuck junior weniger gegen Windmühlen, sondern mit seinem Ross Rosinante, dargestellt von einem Enduro-Motorrad, das häufig an den ungünstigsten Stellen stehenbleibt. Mehrfach muss er von hilfsbereiten Peruanern gerettet werden. Gleichzeitig setzt er sich intensiv mit dem eigenen Vaterwerden auseinander und erlebt auf der Reise eine herzzerreißende Sehnsucht nach seiner Frau und dem noch ungeborenen Kind.

Viele Spuren des Vaters findet er nicht: Nur die Straße, in der der Mord passiert sein muss, und ein älterer Missionar, der sich dunkel an zwei deutsche Ingenieure erinnert. Die Bilder aus Peru sind dennoch beeindruckend.

Der Trip gipfelt in einem Trip nach innen: Schmuck trinkt die psychedelische Droge Ayahuasca, die ja von vielen Südamerikareisenden auf der Suche nach sich selbst eingenommen wird.

Gedreht hat Schmuck mit drei Kameras: einer hochwertigen Digitalkamera, einem Handy für die Alltagsaufnahmen und einer Super 8-Kamera für den nostalgischen Blick in die Vergangenheit.

Schon 2018 fand die Reise statt, mit der Nachbearbeitung sei er aber erst „kurz vor knapp“ fertig geworden. Für die Musik hat er sich die Hilfe der zwei Saarbrücker Musiker David Windmüller und Juan Pablo Guitarro geholt – sie unterstreichen mit Gitarrenklängen das südamerikanische Flair.

Dass Schmuck überhaupt in Saarbrücken landete, lag an seiner Frau Nina. Die lernte er kennen, als er seinen besten Freund und Schauspielkollegen Ali Berber, am Staatstheater angestellt, besuchte. Seit 2016 wohnt er im Nauwieser Viertel, zuvor war er in Bremen und Bremerhaven an Theatern tätig. „Nach fünf Jahren Festanstellung wollte ich freier arbeiten“, sagt der 37-jährige.

Am Staatstheater sprang er in den letzten Jahren bisweilen ein, wenn Kollegen ausfielen, ansonsten machte er viel Theaterpädagogik an Schulen. Corona gab ihm auch die Zeit ein sechsstündiges Hörbuch einzusprechen – das Werk namens „Von der Welt, wie sie ist und wie sie sein könnte“ schrieb Schmucks Onkel, der Philosoph Klaus Zimmermann.

Erschienen ist das CD-Paket in der „Ton- und Bild Manufaktur Schmuck“ (tbm-schmuck.de). Den Verlag hat der Schauspieler letztes Jahr gegründet, sozusagen als Corona-Baby, weil er gerne eine Firma haben wollte, über die er publizieren kann. „Dort wird dieses Jahr voraussichtlich der Film und ein selbst geschriebenes und selbst vertontes Kinderbuch erscheinen.“

Ein neues Filmprojekt ist auch geplant: Schmuck möchte aktuelle Verschwörungstheorien mit tatsächlich vorhandenen Missständen abgleichen. „Des Kaisers neue Krone“ soll der Film heißen, der hauptsächlich aus Interviews mit verschiedenen Psychologie-Professoren und Protestforschern besteht.

„Ich wollte mich mit dem Thema in einer Manier auseinandersetzen wie es Eugen Drewermann tut.“ Der Theologe und Psychoanalytiker habe eine sehr menschliche Art, mit der er auf Impfskeptiker zugeht. Trotzdem will Schmuck für seine Doku keine Coronaleugner oder sonstige Verschwörungstheoretiker interviewen. Er wolle diese Menschen nicht zur Schau stellen, sie weder vorführen noch ihnen eine Plattform bieten.

Mit dem Film wolle er moderatere Gegner der Maßnahmen erreichen, ihre Radikalisierung eher vermeiden als forcieren. Denn: „Leute kappen ihnen die Freundschaft, dann haben sie praktisch keine andere Wahl als zu ihren neuen Freunden zu gehen.“

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