WM Marokko-Fan mit echtem Torriecher

Bübingen · In dieser Serie stellen wir Menschen aus den Ländern vor, die bei der Fußball-WM um den Titel kämpfen. Heute: Said Chouaib.

Said Chouaib im Marokko-Trikot in seinem Büro des Bübinger Unternehmens Ursapharm. Nächste Woche fliegt der 40-Jährige nach Russland, um sein Heimatland anzufeuern.

Said Chouaib im Marokko-Trikot in seinem Büro des Bübinger Unternehmens Ursapharm. Nächste Woche fliegt der 40-Jährige nach Russland, um sein Heimatland anzufeuern.

Foto: Heiko Lehmann

Said Chouaib sitzt in seinem Büro des Bübinger Unternehmens Ursapharm. Er hat sein Kinn auf die Hand gestützt und grübelt. Für das weltweit agierende Pharmaunternehmen ist er im Vertrieb zuständig und bereitet gerade den Besuch einer Messe am Samstag in Barcelona vor. Doch den gebürtigen Marokkaner beschäftigt eine ganze andere Frage. Kann sein Heimatland bei der Weltmeisterschaft in Russland die Sensation schaffen? Heute, 17 Uhr, trifft Marokko auf den Iran. „Das Spiel müssen wir gewinnen. Danach spielen wir gegen Europameister Portugal und im letzten Gruppenspiel gegen Spanien. Viel schlimmer hätte es für uns gar nicht kommen können“, sagt der 40-Jährige, verdrängt aber sofort alle negativen Gedanken. „Wir haben in der Qualifikation kein Gegentor bekommen und sind seit 18 Spielen ungeschlagen. Unser Prunkstück ist die Abwehr. Uns soll zuerst einmal einer schlagen“, sagt der Marokkaner mit stolzer Brust.

Direkt nach der Messe in Barcelona fliegt Said Chouaib mit seinem Bruder nach Russland, um die letzten beiden Gruppenspiele seines Heimatlandes live gucken zu können. Fußball, das ist für den 40-Jährigen viel mehr als ein Hobby. Am 27. Dezember 1999 kam Said im Alter von 18 Jahren nach Deutschland, um an der Universität des Saarlandes BWL zu studieren. „Ich habe mich damals erkundigt, wo man Fußball spielen kann.“ Und da der Trainer des damaligen Kreisligisten FV Fischbach auch in Saarbrücken studierte, fing Said in Fischbach an, Tore zu schießen. Schnell war klar, dass der junge Marokkaner weiß, wo die Bude steht und einen richtige Torriecher hat. Ein Jahr später holte ihn die saarländische Trainerlegende Günter Erhardt zum SC Halberg Brebach in die Oberliga. Günter habe ich ganz viel zu verdanken. Er hat mir viel beigebracht und mir viel geholfen“, sagte der immer gut gelaunte und dankbare Marokkaner. Es folgten viele Stationen und Meisterschaften in unterschiedlichen, saarländischen Vereinen, bevor ihn Günter Erhardt im Jahr 2009 zur SV Elversberg holte. Dort war der Stürmer sogar eine Saison lang Profi und schoss für die SVE in neun Einsätzen zwei Tore in der Regionalliga. „Es war einfach eine Superzeit. Fußball hat mir enorm viel gebracht, das hätte ich vorher nie so gedacht“, sagt Said Chouaib.

Wegen seiner exzellenten Sprachkenntnisse stellte ihn Ursapharm, der Hauptsponsor der SVE, für den internationalen Vertrieb ein. Auf dem Sportplatz lernte Said auch seine Frau Desiree kennen, mit der er zwei Kinder hat. „Meine Kinder löchern mich jeden Tag damit, ob ich bei der WM für Marokko oder für Deutschland bin. Außer mir sind alle für Deutschland“, sagt der bekennende Marokko-Fan. „Die Spiele der Deutschen verfolge ich eher neutral. Ich mag die Art Fußball nicht, die sie spielen. Ich schaue dann lieber den Brasilianern oder den Argentiniern zu“, erklärt Said Chouaib. In Marokko hat Fußball den gleichen Stellenwert wie in Deutschland. Es ist eine Art Religion. Einen relativ deutlichen Unterschied zwischen beiden Ländern gibt es dann aber doch: die Lockerheit, mit Zeit umzugehen. „In Marokko trifft man sich einfach morgen, oder man sagt, man kommt morgen vorbei. Um wie viel Uhr, ist völlig egal. In Deutschland verabredet man sich auf die Minute genau, und es wird erwartet, dass man auch genau um diese Zeit an einem abgemachten Treffpunkt ist“, sagt der 40-Jährige und schmunzelt.

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