Integration ist hier Daueraufgabe

Malstatt · Menschen aus 120 Nationen leben in Malstatt. Mit ihren Sorgen und Nöten kommen sie ins Stadtteilbüro des Diakonischen Werks. Die Mitarbeiter vermitteln bei Konflikten und helfen, wenn es zum Beispiel Probleme mit dem Jobcenter gibt.

 Malstatt ist bunt: Während des Projekts „Unser Traum-Schulhof“ haben 2013 im Kinderbildungszentrum Gleb Killer, Darljan Bempah, Chioma Chukwuma, Lydia Letlat, Morena Fazio, Meltem Sert und Christopher Landsrath (von links) dieses Bild gemalt. Foto: Diakonisches Werk

Malstatt ist bunt: Während des Projekts „Unser Traum-Schulhof“ haben 2013 im Kinderbildungszentrum Gleb Killer, Darljan Bempah, Chioma Chukwuma, Lydia Letlat, Morena Fazio, Meltem Sert und Christopher Landsrath (von links) dieses Bild gemalt. Foto: Diakonisches Werk

Foto: Diakonisches Werk

Wie kann die Integration so vieler Flüchtlinge gelingen? Das ist derzeit eines der großen gesellschaftlichen Themen, das vielen Bürgern Sorge bereitet. Wie es klappen kann und wo die Probleme liegen, wenn Menschen aus dem Ausland hierherziehen, ist seit vielen Jahren in Malstatt zu beobachten. "Malstatt ist ein Einwandererstadtteil. Es ist ganz normal, dass Fremde hierherkommen", sagt Anne-Marie Marx, Mitarbeiterin im Stadtteilbüro in der Breite Straße. Menschen aus 120 verschiedenen Nationen leben hier, ergänzt Claudia Rebmann, Referentin für Gemeinwesenarbeit (GWA) beim Diakonischen Werk, das Träger des Stadtteilbüros ist.

Marx arbeitet seit vielen Jahren in der GWA. Erst seien die Gastarbeiter in den Stadtteil gekommen, dann Marokkaner, später die Russlanddeutschen, schließlich Bürger aus Südosteuropa. Es lief nicht immer alles glatt. 2014 hatte es Beschwerden über Sinti und Roma sowie Lärm und Müll in der Frankenstraße gegeben (die SZ berichtete). Das Stadtteilbüro habe vermittelt, die Verwaltung sich ebenfalls engagiert, sagt Anne-Marie Marx: "Jetzt wohnen in dem Haus nur noch so viele, wie dort wohnen sollen."

Rebmann erklärt, eine "Erstunterbringung" von Flüchtlingen sei im unteren Malstatt - dafür ist das Stadtteilbüro neben dem Bezirk um die Leipziger Straße zuständig - zwar nicht vorgesehen. Aber später würden sie herziehen, weil die Mieten in Malstatt niedrig seien. Umso wichtiger sind Deutschkurse für Erwachsene und Kinder. Hier kommt das Kinderbildungszentrum (Kibiz) in der Ganztagsgrundschule Kirchberg ins Spiel. Dort biete ein pensionierter Lehrer einen Sprachkurs für die Kinder an, sagt Marx. In die Kirchbergschule gingen nämlich vermehrt Jungen und Mädchen, die kein oder schlecht Deutsch sprechen. Im Kibiz gibt es aber auch für Frauen das Angebot "Deutsch in Schrift und Sprache". Das Stadtteilbüro koordiniere die Angebote des Kibiz, erläutert Marx.

Im oberen Malstatt habe die Verwaltung dagegen Flüchtlinge untergebracht. Dort habe es auch Beschwerden gegeben: Die renovierten Siedlungswohnungen seien Flüchtlingen vorbehalten, während andere Malstatter schon länger eine Wohnung suchen, erzählt Rebmann. Sie erkläre dann, dass diese Wohnungen zuvor gar nicht auf dem Markt gewesen seien. Rebmann: "Und wir machen deutlich: Die Angebote der GWA sind für alle Menschen da, dazu gehören auch die Flüchtlinge ." Marx ergänzt: "Wir versuchen, die Menschen zusammenzubringen."

Kritik am Jobcenter

Die erfahrene Mitarbeiterin weiß wie ihre Kollegen in den anderen GWA genau, wo die Probleme vieler Bürger mit kleinem Geldbeutel - nicht nur in Malstatt - liegen. Die haben sie nach dem "Bilanzgespräch 2015" mit der Verwaltung aufgeschrieben. So seien viele Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitslose weggefallen, nachdem das Förderprogramm Bürgerarbeit Ende 2014 ausgelaufen sei. Die Bescheide des Jobcenters verstünden die Arbeitslosen oft nicht. Dann versuchten die Mitarbeiter des Stadtteilbüros, mit dem Jobcenter zu reden.

In einem Papier für den Sozialausschuss wird deutliche Kritik am Jobcenter laut: "Der Eindruck besteht, dass speziell das Jobcenter durch eine kundenunfreundliche Organisation den Beratungs- und Hilfebedarf an die Kommunen und die GWA delegiert und zunehmend Kunden an die GWA-Sozialberatung verweist." Das Jobcenter sieht das ganz anders. > Lesen Sie dazu den Artikel unten

Das Jobcenter des Regionalverbandes kann die Kritik der Gemeinwesenprojekte nicht nachvollziehen: "Der Geschäftsführung und Bereichsleitung liegen aktuell keine Beschwerden eines Kunden oder eines Gemeinwesenprojekts vor, dass das Jobcenter seinem Beratungsauftrag nicht nachkommt." Einerseits stünden Sachbearbeiter den Hartz-IV-Empfängern zur Verfügung. Außerdem könnten sich diese an die Ombudsfrau des Jobcenters wenden. Die Behörde erklärt weiter: "Uns ist generell der Austausch mit den Gemeinwesenprojekten sehr wichtig, daher sind wir über den an uns bisher nicht herangetragenen Vorwurf verwundert, ‚auf Kosten' der Gemeinwesenprojekte unserem Beratungsauftrag nicht mehr vollumfänglich nachzukommen." Die aktuelle Auswertung zur Kundenzufriedenheit mit der Beratungsqualität des Jobcenters im Regionalverband zeige, dass das Jobcenter im Vergleich zum Saarland als auch zum Bundesgebiet leicht besser abschneide. Zu dem Vorwurf, die Bescheide seien oft unverständlich, erklärt das Jobcenter , diese seien zentral vorgegeben, zudem müssten sie "gerichtsfest" sein. Den Bescheid könnten sich die Hilfeempfänger vom Sachbearbeiter erklären lassen. Außerdem werde er im Internet erläutert.

Guido Freidinger, Leiter des Amtes für soziale Angelegenheiten der Stadt, bestätigt dagegen, dass mehrere GWA erklärt hätten, die Klagen über die Bescheide nähmen zu und die Sozialberatung müsse sich oft sehr intensiv damit auseinandersetzen. Freidinger: "Darüber müssen wir mit dem Jobcenter reden."

Meinung:

Starker Anwalt der Schwachen

Von SZ-RedakteurMarkus Saeftel

Die sozialen Probleme des Saarlandes bündeln sich im Regionalverband und in der Stadt. Dazu kommt die Integrationsaufgabe, die mit den Flüchtlingen zur großen Herausforderung wird. Dank der Gemeinwesenarbeit (GWA) klappt das Zusammenleben in den Stadtteilen zumeist gut. Wenn es Zoff gibt, vermittelt die GWA. Sie ist auch Anwalt der Arbeitslosen, wenn es Streit mit dem Jobcenter gibt. Nicht nur in Malstatt , auch in Burbach, Alt-Saarbrücken, Brebach, auf dem Wackenberg und in Völklingen. Nun werfen die GWA-Projekte dem Jobcenter vor, viele Arbeitslose gleich in die Sozialberatung in den Stadtteilen zu schicken. Wenn das stimmt, dann würde das Jobcenter seinem Auftrag nicht nachkommen, sich intensiv um die Arbeitslosen zu kümmern. Nun steht Aussage gegen Aussage. Es ist also höchste Zeit, dass sich die Streithähne an einen Tisch setzen. Eins muss klar sein: Zu allererst ist das Jobcenter für die Arbeitslosen zuständig.

Zum Thema:

HintergrundMalstatt erhält Geld aus dem Bund-Länder-Förderprogramm "Soziale Stadt". Die Verwaltung will einen "Quartiermanager" einstellen und hat bereits Projekte mit einem Volumen von 690 000 Euro beantragt, teilt die Pressestelle mit. Dazu zählt ein Kinderspielplatz am Hambacher Platz. Ein Drittel der Projektkosten muss die Stadt tragen. Ein "Handlungskonzept" ist nach Angaben der Stadt in Arbeit. Darin wird unter anderem der Förderbedarf festgelegt. sm

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