Übersetzen für die Frankfurter Messe Literarisches Glück mit dem verlorenen Sohn

Saarbrücken · Die Frankfurter Buchmesse präsentiert diesmal das Gastland Georgien. Eine Chance für das Saarbrücker Übersetzer-Paar Susanne Kihm und Nika Lomtadse.

 Susanne Kihm und Nika Lomtadse mit ihren Kindern Eliso (links) und Lasare. Das deutsch-georgische Paar lebt in Kleinblittersdorf und arbeitet gemeinsam an literarischen Übersetzungen. Gerade haben sie „Das erste Gewand“ des georgischen Schriftstellers Guram Dotschanaschwili übersetzt.

Susanne Kihm und Nika Lomtadse mit ihren Kindern Eliso (links) und Lasare. Das deutsch-georgische Paar lebt in Kleinblittersdorf und arbeitet gemeinsam an literarischen Übersetzungen. Gerade haben sie „Das erste Gewand“ des georgischen Schriftstellers Guram Dotschanaschwili übersetzt.

Foto: Oliver Dietze

Das Buch „Das erste Gewand“ des georgischen Schriftstellers Guram Dotschanaschwili ist in seiner Heimat ein moderner Klassiker und in Umfragen das erklärte Lieblingsbuch der Georgier. Jetzt, unmittelbar vor der Buchmesse in Frankfurt im Oktober, kommt der Roman auch auf Deutsch heraus, sogar im renommierten Hanser-Verlag.

Die Geschichte der Übersetzung dieses Buchs in fast schon einen eigenen Roman wert. Und sie beginnt mit einer Liebesgeschichte. „Wir haben uns schon einmal in Saarbrücken gesehen, aber nur flüchtig“, erzählt Susanne Kihm über ihren Ehemann Nika Lomtadse. Denn kennengelernt hat sich das Paar in Tbilissi, obwohl beide in Saarbrücken studiert haben.

Susanne Kihm aus Saarbrücken wollte nach dem Referendariat ihres Anglistik- und Hispanistik-Studiums eine Zeitlang ins Ausland, Nika Lomtadse aus Kutaissi kehrte nach seinem BWL-Studium in Saarbrücken nach Georgien zurück. „Dort haben wir uns auf der Straße wiedergesehen. Und er hat mich angesprochen“, erzählt Susanne Kihm weiter.

Aus dem Gespräch ging hervor, dass Nika vorhatte, ein Tanzstudio zu eröffnen, und Susanne wollte gern Tango lernen. Beim Tanzen entwickelte sich mehr, und das Tangostudio eröffnete man schließlich gemeinsam.

Sechs Jahre blieben die beiden, mittlerweile verheiratet und Eltern des Jungen Lasare, in Tbilissi. „Aber dann wurde ich wieder schwanger, und ich wollte nicht mit zwei kleinen Kindern in einer Großstadt leben“, erklärt Susanne Kihm. So überredete sie ihren Mann, nach Saarbrücken zurückzukehren, wo dann Tochter Eliso geboren wurde.

Die junge Familie richtete sich mit zwei kleinen Kindern in Kleinblittersdorf ein. Heute unterrichten beide die deutsche Sprache als Zweitsprache, sie in einer Grundschule, er beim Diakonischen Werk. Sie haben sogar auch wieder eine kleine Tangoschule eröffnet, „wenn auch nicht so intensiv wie früher“, sagt Nika Lomtadse und lacht.

Eigentlich führt die junge Familie ein reiches, ausgefülltes Leben. Aber trotzdem hat das Paar gerade gemeinsam den Roman „Das erste Gewand“ übersetzt. Wie haben sie das gemacht? Denn immerhin ist das Buch ein echter Schmöker mit 680 Seiten.

„Es war uns eine Herzenssache“, sagt Susanne Kihm. Außerdem habe man schon vor langer Zeit damit angefangen, „kurz nachdem wir uns kennengelernt haben“. Es musste einfach sein. „Es war mein Lieblingsbuch“, sagt Nika Lomtadse.

Und dann berichten sie, dass es ihr erstes Buch gewesen sei, das sie übersetzt haben, dass man überhaupt erst dadurch ans Übersetzen gekommen sei und dass sie sich sehr viel Zeit genommen haben. „Wir haben auch über einen Nachbarn den Autor, Guram Dotschanaschwili, kennengelernt“, erklärt Susanne Kihm. Er hat ihnen die Rechte an der Übersetzung übertragen.

So richtig ins Rollen gekommen ist die Sache, als bekannt wurde, dass Georgien in diesem Jahr das Gastland auf der Frankfurter Buchmesse ist. „Ich denke, daher bekamen wir auch die Zusage vom Hanser-Verlag, dass sie das Buch auf Deutsch herausbringen, sogar mit einem Einlesebuch“, meint Nika Lomtadse.

Um das Buch zu übersetzen, hat das Paar verschiedene Methoden ausprobiert. „Zuerst haben wir jeden Satz gemeinsam übersetzt, aber das kostete viel Zeit“, sagt Susanne Kihm und Nika Lomtadse erläutert: „Daher habe ich zuerst übersetzt, Kommentare dazugeschrieben, dann hat Susanne übersetzt und weitere Kommentare zugefügt. Am Ende haben wir dann unsere Anmerkungen besprochen.“

Diese Methode sei – gerade auch wegen der Kinder – die bessere gewesen. Seit Anfang des Jahres sind sie mit der Übersetzung fertig, das Buch wird gerade gedruckt und am 24. September erscheinen.

Der Roman handelt vom Gleichnis um den verlorenen Sohn. „Aber auf einer zweiten Ebene, denn es geht darum, was der Sohn gemacht hat, als er verloren war“, erklärt der Übersetzer. Das Paar freut sich schon auf die Frankfurter Buchmesse, wo das Buch vorgestellt wird, aber auch auf die Lesungen des Romans, eine davon wird im Oktober in Saarbrücken stattfinden.

Und was fangen die beiden jetzt mit ihrer freien Zeit an? „Wir haben in der Zwischenzeit sogar noch ein georgisches Buch übersetzt, ,Unerledigte Geschichten’. Jetzt ist erst mal Pause. Aber wir würden gerne bald noch mal weitermachen“, erklärt Susanne Kihm und lacht.

„Das letzte Gewand“, Roman von Guram Dotschanaschwili, erscheint am 24. September im Buchhandel, ISBN 978-3-446-26013-9. Eine Lesung der Übersetzer Susanne Kihm und Nika Lomtadse gibt es am 15. Oktober in der Buchhandlung St. Johann, Kronenstraße 6, 66111 Saarbrücken.

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