Saarbrücker Kommunalpolitik CDU und Grüne haben Mehrheit ohne FDP

Saarbrücken · Durch den Übertritt einer Linken werden die Liberalen in der Stadtrats-Koalition nicht mehr gebraucht.

 Es ist offen, ob die sogenannte Jamaika-Koalition im Saarbrücker Rathaus St. Johann zerbricht.

Es ist offen, ob die sogenannte Jamaika-Koalition im Saarbrücker Rathaus St. Johann zerbricht.

Foto: Robby Lorenz

Am Sonntag hat sich Helmut Isringhaus in der Rolle des Bremsers profiliert. Die Wahl von Martin Welker, den Oberbürgermeister Uwe Conradt gerne als neuen Saarbrücker Baudezernenten sähe, am 5. November im Stadtrat einfach durchtzuwinken, komme für seine FDP nicht infrage, teilte Isringhaus mit (die Saarbrücker Zeitung berichtete). Der Vorsitzende der FDP-Stadtratsfraktion  forderte, die Wahl zu verschieben. Es seien noch zu viele Fragen zu klären. Welker sei, unabhängig davon, was juristisch am Ende von den Vorwürfen gegen ihn als Geschäftsführer der städtischen Entwicklungsgesellschaft GIU und Stadionbauleiter bleibe, ein schwieriger Kandidat für das Amt des Baudezernenten, heißt es in der FDP.

Umgehend mahnte der Vorsitzende der CDU-Stadtratsfraktion, Sascha Zehner, per Pressemitteilung Koalitionsdisziplin an. Auf die wird die CDU vermutlich nun nicht mehr pochen müssen. Zumindest nicht in Richtung FDP. Am Montag ist nämlich die Linken-Stadtverordnete Patricia Schumann aus ihrer Partei und ihrer Fraktion ausgeteren. „Wir haben mit Patricia gesprochen“, bestätigte Torsten Reif, der Vorsitzende der Grünen-Stadtratsfraktion, auf SZ-Anfrage. Die Grünen-Fraktion habe Schumann zwar formal noch nicht aufgenommen, das gelte aber als sicher.

Damit haben CDU und Grüne eine Mehrheit von einer Stimme im Stadtrat. 18 CDU-Stadtverordnete plus dann 14 Grünen-Stadtverordnete: damit verfügen die beiden Parteien über 32 von 63 Stimmen im Rat. Auf die drei FDP-Stadtverordneten kommt es nicht mehr an. Ob sich damit das sogenannte Jamaika-Bündnis aus CDU, Grünen und FDP erledigt hat, ließen Vertreter aller drei Parteien gestern zwar noch offen. Im hinter verschlossenen Türen tagenden Koalitionsausschuss am späten Montagabend dürfte die FDP mit ihrer Forderung nach einer Verschiebung der Dezernentenwahl allerdings weniger beeindruckt haben als noch 24 Stunden zuvor.

Nach SZ-Informationen hat der Wechsel von Patricia Schumann zu den Grünen allerdings nichts mit der Dezernentenwahl und auch nichts mit politischen Richtungsfragen zu tun. Schumann habe einen aussichtsreichen Listenplatz auf der Linken-Liste für die Landtagswahl 2022 gefordert, heißt es aus der Partei. Sie habe dafür in den Parteigremien keine klare Unterstützung bekommen. Der Parteiaustritt sei wohl die Konsequenz daraus. Aus ähnlichen Gründen ist im August vergangenen Jahres bereits Claudia Kohde-Kilsch von den Linken zur SPD-Stadtratsfraktion gewechselt. Man hatte sie zwar als Spitzenkandidatin in den Wahlkampf geschickt, ihr dann aber offenbar nicht den Fraktionsvorsitz überlassen wollen.

  Patricia Schumann

 Patricia Schumann

Foto: BeckerBredel

Wie bereits bei Kohde-Kilsch, forderte die Linke gestern auch Schumann auf, ihr Mandat niederzulegen, so dass ein Linker von der Liste nachrücken kann. „Wir bedauern den Schritt der langjährigen Linken-Abgeordneten, fordern sie aber auf, ihr über die Liste der Partei Die Linke erworbenes Mandat zurückzugeben. Dass sich mittlerweile zwei Mandate der Linken der SPD und den Grünen angeschlossen haben, ist eine grobe Verfälschung des Saarbrücker Wahlergebnisses zur Kommunalwahl 2019“, teilte der Bundestagsabgeordnete, Linken-Landes- und Kreisvorsitzende Thomas Lutze am Montag mit.

Was das von Schumann angeblich geforderte Landtagsmandat angehe, erklärte Lutze: „Vertreter der Linken haben immer wieder betont, dass diese Personalentscheidungen erst nach der kommenden Bundestagswahl getroffen werden und sich die Bewerberinnen und Bewerber dem Votum der Mitglieder stellen müssen. Eine wie von Schumann eingeforderte Zusicherung, ein solches Mandat zu erhalten, konnte und wollte zum jetzigen Zeitpunkt niemand machen.“ Politische Gründe oder grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten habe es „zu keinem Zeitpunkt gegeben“.
Dass Schumann der Forderung der Linken nachkommt, gilt als wenig wahrscheinlich. Sie war am Montag nicht für eine Stellungnahem zu erreichen.

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